Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen
Erschienen am 20.03.2025:
Das Programm Respekt Coaches macht demokratische Werte erfahrbar
Schüler*innen werden aktiv zu den Themen Demokratie, Respekt und Toleranz

Das Bundesprogramm Respekt Coaches fördert ein verständnis- und respektvolles Miteinander an Schulen, stärkt Schüler*innen in ihrem Demokratiebewusstsein und schützt sie vor religiös begründeter Radikalisierung. Das Programm zur Primärprävention gegen jede Form von Extremismus, Rassismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit wird umgesetzt von pädagogischen Fachkräften der Jugendmigrationsdienste. Gemeinsam mit Partnern stärken sie in Gruppenangeboten an Schulen die interkulturellen und interreligiösen Kompetenzen der Kinder und Jugendlichen.
Die Meinungen anderer zu akzeptieren und seine eigene Position zu vertreten, will gelernt sein: Das Bundesprogramm Respekt Coaches stärkt junge Menschen mit präventiven Angeboten in ihrer Persönlichkeit, macht demokratische Werte für sie erfahrbar und will damit Extremismus effektiv vorbeugen, Respekt, Toleranz sowie den Abbau von Vorurteilen fördern und Rassismus aktiv begegnen.
Das Bundesprogramm Respekt Coaches
Respekt Coaches wurde 2018 vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) unter anderem als Reaktion auf den Anschlag am Berliner Breitscheidplatz im Dezember 2016 im Rahmen des Nationalen Präventionsprogramms gegen islamistischen Extremismus ins Leben gerufen. Mit dem Programm soll ein verständnis- und respektvolles Miteinander an Schulen gefördert werden, das Schüler*innen in ihrem Demokratiebewusstsein stärkt und vor religiös begründeter Radikalisierung schützt. Mit weiteren Mitteln wurde es 2021 auf die Prävention aller Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und von phänomenübergreifendem Extremismus ausgeweitet. Die Trägerübergreifende Fachstelle, angesiedelt beim Internationalen Bund (IB), ist für die inhaltliche und strategische (Weiter-)Entwicklung des Programms verantwortlich und arbeitet eng sowohl mit dem BMFSFJ als auch mit den vier Trägergruppen der Jugendmigrationsdienste (JMD) zusammen, die die jeweilige trägerinterne Koordination und Umsetzung des Programms übernehmen. Grundlage für die Zusammenarbeit mit den Kooperationsschulen bilden eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Schule und dem jeweiligen Jugendmigrationsdienst sowie ein gemeinsam erarbeitetes individuelles Präventionskonzept, das auf die Belange der Schule zugeschnitten ist.
Gruppenangebote an Schulen
Durchgeführt wird das Programm an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen von pädagogischen Fachkräften der Jugendmigrationsdienste, den sogenannten Respekt Coaches. Die Respekt Coaches suchen sich vor Ort Partner der politischen Bildung, u.a. Träger der Radikalisierungsprävention, der politischen Kinder- und Jugendbildung sowie öffentliche Träger der Jugendhilfe und der Landesdemokratiezentren. Gemeinsam organisieren und begleiten sie die für Schulen kostenlosen Gruppenangebote für Schüler*innen von der 5. Klasse bis zum Übergang von der Schule in den Beruf.
Gemäß dem Programm-Motto „Lass uns reden! Reden bringt Respekt.“ kommen die Schüler*innen in den Gruppenangeboten mit den geschulten pädagogischen Mitarbeiter*innen ins Gespräch und lernen, unterschiedliche Weltanschauungen, Religionen und Lebensweisen zu verstehen und zu akzeptieren. Das stärkt ihre interkulturellen und interreligiösen Kompetenzen. Die Schüler*innen können die Angebote selbst entwickeln und Themen, die ihnen wichtig sind wie u.a. Diskriminierung, Rassismus, Antisemitismus, Religiöse Vielfalt, Verschwörungsideologien, Fake News, Hate Speech oder Geschlechterrollen aufgreifen. Dabei lernen sie, sich im Diskurs mit anderen zu positionieren, unterschiedliche Meinungen auszuhalten und radikale Erklärungsmuster zu erkennen. Sie werden in ihrer Selbstwirksamkeit und Resilienz gegen jede Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gestärkt und in ihrer sozialen Kompetenz und Medienkompetenz gefördert. Daraus resultiert ein verständnisvolleres Miteinander, das sich auch auf das Klassenklima und den Zusammenhalt in der Klasse bzw. Schule positiv auswirkt.
Praxisbeispiele
Die vielfältigen, bedarfs- und lebensweltorientierten Gruppenangebote in Form von Arbeitsgemeinschaften (AGs), Workshops, Projekttagen/-wochen, Exkursionen, Unterrichtseinheiten, Vorträgen, Ausstellungen, Seminaren und Ferienangeboten sind freiwillig, zeitlich begrenzt und richten sich in der Regel an den gesamten Klassenverband. Methoden, mit denen die Respekt Coaches arbeiten, stammen aus den Bereichen der Medien-, Theater- und Musikpädagogik, Bewegungs-, Erlebnis und Kunstpädagogik; es gibt Gruppendiskussionen, Rollenspiele und Biografie-Arbeit.
In einem Theater-Workshop an einer Augsburger Berufsschule haben sich Schüler*innen beispielsweise in Rollenspielen und Gesprächsrunden mit dem Thema Rassismus auseinandergesetzt und neue Einsichten erhalten. In dem Projekt „Vergangenheit und Gegenwart“ haben Berufsschüler*innen in Jena viel über Leben, Alltag und Familiengeschichten jüdischer Menschen erfahren und gelernt, wie Vorurteile entstehen, erkannt und abgebaut werden können. An einer Braunschweiger Realschule verarbeiteten junge Menschen persönliche Erlebnisse in Poetry Slams und fanden ihre eigenen kreativen Stimmen gegen Diskriminierung und für Toleranz und Respekt. Und an einer Schule in Fürstenfeldbruck stärkt ein stärkenfokussierter Workshop, ein Skateboard-Training und ein Klassenrat, in dem Konflikte thematisiert und demokratische Entscheidungen getroffen werden, die Klassengemeinschaft und Selbstwirksamkeit der Schüler*innen.
Ergänzend bieten die Fachkräfte eine sozialpädagogische individuelle Beratung und Begleitung für Schüler*innen mit Migrationshintergrund, die einen besonderen Unterstützungsbedarf beim Übergang von der Schule in den Beruf haben. Durch diese individuelle Beratung soll verhindert werden, dass fehlende Lebensperspektiven zu einem Radikalisierungsfaktor werden können. Die JMD stehen den Schüler*innen entweder direkt in den Schulen oder in ihren Einrichtungen zur Verfügung.
Das Programm entlastet auch die Lehrkräfte
Um die Präventionsarbeit weiterzuentwickeln, werden ständig neue Ansätze erprobt, Erkenntnisse gesammelt und Erfahrungen ausgetauscht. Fortbildungen und Austauschtreffen der Respekt Coaches stellen den Wissenstransfer sicher. Wegen des Terrorangriffs der Hamas am 7. Oktober 2023 in Israel und des damit einhergehenden Anstiegs von Antisemitismus in Deutschland wird der Schwerpunkt des Programms seitdem auf die Prävention von Antisemitismus ausgerichtet. In trägerübergreifenden Workshops wurden die Fachkräfte dafür geschult.
Inzwischen sind rund 500 Schulen bundesweit an dem Programm Respekt Coaches beteiligt. In vielen Schulen ist es zu einem wichtigen Bestandteil ihres Präventionsangebots geworden. In rund 14.000 Gruppenangeboten wurden etwa 560.000 Jugendliche an fast 900 Kooperationsschulen bundesweit erreicht. Eine Broschüre stellt die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Bundesprogramm dar und berichtet darüber, wie eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Schulen gelingt, welche Erfolge das Programm vorweisen kann und welchen Mehrwert es auch gesellschaftlich bietet. Der Bericht stellt heraus, dass das Programm Respekt Coaches nicht nur einen Vorteil für die Schüler*innen hat, ihre interkulturellen Kompetenzen und den sozialen Zusammenhalt in Deutschlands Schulen stärkt, sondern dass die Fachkräfte zusätzlich das Lehrpersonal und die Schulsozialarbeit entlasten und dazu beitragen, externe politische Bildung nachhaltig in den Schulen zu verankern.
Autor(in): Petra Schraml
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Datum: 20.03.2025
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Links zum Thema
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