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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 21.01.2021:

„Sie erleben, dass sie wichtig sind.“

Ehrenamtliches Engagement als Unterrichtsfach
Das Bild zum Artikel
Bildrechte: Stiftung Aktive Bürgerschaft

sozialgenial – Schüler engagieren sich“ ist das Service-Learning-Programm der Stiftung Aktive Bürgerschaft. Im Rahmen des Projekts setzen sich Schüler*innen in Nordrhein-Westfalen und Hessen ehrenamtlich für ihre Mitmenschen und die Gesellschaft ein. Das Projekt wird im Stundenplan fest verankert und im Unterricht vor- und nachbereitet.


„Was kannst Du gut, was anderen nützt?“ – ausgehend von dieser Frage setzen sich Schüler*innen im Rahmen des Projekts „sozialgenial – Schüler engagieren sich“ für ihre Mitmenschen und die Gesellschaft ein und verknüpfen Unterricht mit bürgerschaftlichem Engagement. „Service Learning“ nennt man dieses Lehr- und Lernkonzept: Kinder und Jugendliche engagieren sich für geflüchtete Menschen, organisieren Vorlesenachmittage in Kindergärten oder setzen sich für Umweltschutz in ihrer Region ein. In der Schule werden diese Projekte fest im Stundenplan verankert und im Unterricht vor- und nachbereitet.

Das Projekt „sozialgenial – Schüler engagieren sich“
„sozialgenial – Schüler engagieren sich“ ist das Service-Learning-Programm der Stiftung Aktive Bürgerschaft. Die Stiftung Aktive Bürgerschaft mit Sitz in Berlin engagiert sich für eine gerechte und leistungsfähige Bürgergesellschaft, stärkt nachhaltig bürgerschaftliches Engagement und gemeinnützige Organisationen und unterstützt bundesweit mehr als 400 Bürgerstiftungen bei Managementaufgaben, Projekten und der Gewinnung von Stiftern und Aktiven.

Mit dem Service-Learning-Programm „sozialgenial“ will sie junge Menschen frühzeitig an ehrenamtliches Engagement heranführen und demokratische Kompetenzen und Einstellungen bei ihnen fördern. Das Projekt entstand 2009 auf Initiative der WGZ BANK (heute DZ BANK) zunächst in Nordrhein-Westfalen. Einige Jahre später weitete die Stiftung Aktive Bürgerschaft das Programm auf das Bundesland Hessen aus. Schrittweise wird es in verschiedenen Regionen mit Unterstützung der dortigen Genossenschaftsbanken ausgebaut. Heute sind mehr als 770 Schulen der Sekundarstufen I und II in beiden Bundesländern Mitglied. Mehr als 120.000 Schüler*innen haben sich seit dem Start in über 3.000 sozialgenial-Projekten engagiert. Das Projekt wird gefördert von der DZ BANK und unterstützt vom Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen und vom Hessischen Kultusministerium.

Umsetzung in der Schule
Die Engagementprojekte werden an den Schulen mit verschiedenen Unterrichtsfächern verknüpft und sind im Stundenplan fest verankert. Die Projekte können als eigenes Unterrichtsfach, im Wahlpflichtunterricht bzw. Differenzierungsbereich oder als Lernkonzept für alle Schüler*innen verpflichtend oder freiwillig für einzelne Schüler*innen, in den Unterricht eines Faches oder mehrerer Fächer integriert, umgesetzt werden. Die Schulen bestimmen selbst, welchen Umfang ihre Projekte einnehmen. Dabei können sie mit einem kleinen Projekt anfangen oder bestehende Engagementprojekte weiterentwickeln oder Service Learning direkt fest an der Schule etablieren. Mit Service Learning wird der Unterricht lebensnah gestaltet, er fördert kompetenzorientiertes Lernen und stärkt die Verantwortungsübernahme und Partizipationsbereitschaft sowie die Motivation der Schüler*innen. „Mit sozialgenial unterstützen wir Schulen der Sekundarstufen I und II dabei, Unterricht und bürgerschaftliches Engagement miteinander zu verbinden. Schülerinnen und Schüler engagieren sich für ihre Mitmenschen und die Gesellschaft. sozialgenial fördert eigenständiges Lernen, Teamarbeit und gesellschaftliche Mitverantwortung“, so Dr. Stefan Nährlich, Geschäftsführer der Stiftung Aktive Bürgerschaft.

Die vier praxiserprobten Standards Ideensuche und Recherche, Umsetzung und Verknüpfung mit Unterrichtsinhalten, Reflexion und Evaluation sowie Anerkennung und Wertschätzung helfen dabei, die Qualität der Projekte zu sichern. Die Schüler*innen entwickeln im Unterricht eigene Ideen für ihr Engagement, setzen die Projekte unter Begleitung ihrer Lehrer*innen eigenständig um, reflektieren die neuen Erfahrungen im Unterricht und setzen sich mit der Bedeutung ihres Engagements für die Gesellschaft auseinander. Anerkennung für ihr Engagement erfahren sie zum Beispiel durch die sozialgenial-Zertifikate, die sie später für die Bewerbung um einen Ausbildungs-, Studien- oder Arbeitsplatz nutzen können. „Die vier Standards sind wie ein Kochrezept: Handlungsanleitung und viel Raum für Kreativität“, findet eine Lehrerin.

Themenfelder, in denen sich Schüler engagieren
Die Themen der sozialgenial-Projekte sind sehr unterschiedlich und umfassen Natur- und Umweltschutz, Demokratie, Integration von Geflüchteten, Teilhabe, Zusammenleben der Generationen, Stadtteilentwicklung, Engagement in Organisationen u.a. Im Grunde kommt alles in Frage, was anderen und der Gesellschaft zu Gute kommt. Im Projekt „Grünes Klassenzimmer“ beispielsweise haben Schüler*innen der Verbundschule in Möhnesee ein Tretbecken an einem ehemaligen Trimmlehrpfad wiederhergestellt. Zuerst säuberten sie das Becken, recherchierten, wie man Tiere umsiedelt und brachten die Amphibien und anderen kleinen Tiere, die dort beheimatet waren, in andere Gewässer. Anschließend bauten sie noch Bänke und Wegweiser um das Tretbecken, damit sie das Gebiet als „Grünes Klassenzimmer“ nutzen können. In der Irena-Sendler-Gesamtschule in Ahaus wiederum engagieren sich Schüler*innen der Jahrgänge 8 und 9 im Rahmen ihres sozialgenial-Kurses an einem Nachmittag in der Woche freiwillig in sozialen Einrichtungen wie Altenheimen und Kindergärten oder als Lesepat*innen in der Übermittagsbetreuung einer Grundschule. Schüler*innen der Paul-Kraemer-Schule Frechen besuchen regelmäßig das DRK-Seniorenzentrum in Kerpen-Horrem und bieten einen Einkaufsservice an. Die Schüler*innen nehmen Bestellungen auf und Geld entgegen und erledigen die Einkäufe in den Geschäften vor Ort. Anschließend erfolgt die Warenübergabe und Abrechnung. Schüler*innen des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Münster organisierten eine Spendenaktion für flüchtende Menschen und brachten die Spenden selbst an die slowenisch-kroatische Grenze. Und Jugendliche einer Realschule in Bottrop wollten ihren Stadtteil aktiv mitgestalten und arbeiteten an der Modernisierung eines Parks in ihrer Nähe mit, in dem sie eine Skateanlage errichten wollten. Dafür beteiligten sie sich im Planungsausschuss der Stadt, führten eine Anwohnerbefragung durch, warben bei allen Beteiligten für ihre Idee und haben schließlich die Patenschaft für die neue Skateanlage übernommen.

Service Learning wirkt

Die Wirkungen und Effekte von Service Learning sind vielfältig: Die Schüler*innen erwerben vielfältige Kompetenzen, die auch für ihre Ausbildung und ihren Beruf wichtig sind, Zuverlässigkeit, Team- und Kommunikationsfähigkeit und auch Frustrationstoleranz werden gestärkt. Sie sind motiviert und zufrieden. „Die Schülerinnen und Schüler erfahren durch ihr bürgerschaftliches Engagement, dass sie Fähigkeiten besitzen, die von anderen gebraucht werden. Sie erleben, dass sie wichtig sind und einen Platz in dieser Gesellschaft haben. Dabei entwickeln sie auch ihre Persönlichkeit“, stellt eine Lehrerin fest. Service Learning fördert zudem die Selbstwirksamkeit, das selbstgesteuerte Lernen, Empathie und Sensibilität für soziale Probleme und die Bereitschaft, sich mit den gesellschaftlichen Herausforderungen auseinanderzusetzen. Neu ist auch für viele Schüler*innen, dass sie viel entscheiden und mitbestimmen können. Nicht selten reagieren Lehrkräfte positiv überrascht, wenn sie feststellen, dass Schüler*innen, die im Unterricht eher still sind, in der Praxis durch Organisationstalent und Kommunikationsstärke überzeugen.

Diese positiven Wirkungen von Service Learning stellen sich allerdings erst ein, wenn die Qualitätsstandards erfüllt sind, sind die Initiatoren sicher. Das zeigen auch die Ergebnisse der Wirkungsstudie Service Learning. Wichtig für den Erfolg der Projekte ist also, dass sie im Unterricht gut vor- und nachbereitet sowie begleitet werden. Und auch die Dauer des ehrenamtlichen Engagements erhöht die positiven Effekte.

Autor(in): Petra Schraml
Kontakt zur Redaktion
Datum: 21.01.2021
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