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Universitaere Lehre im Fach Geschichte im historischen Vergleich

13.06.2003 - 14.06.2003

Trier

Deutschland

Call for Papers:

Symposium
‚Universitaere Lehre im Fach Geschichte
im historischen Vergleich`

Am 13.6.2003 und 14.6.2003 soll an der Universitaet Trier ein Symposium zum Thema ‚Universitaere Lehre im Fach Geschichte im historischen Vergleich` stattfinden. Ausgangspunkt ist die Ueberlegung, dass die Forschung zur Geschichte der Geschichtswissenschaft bisher fast ausschliesslich die schriftliche Vermittlung von Geschichte in den Blick genommen hat. Biographisch ausgerichtete Studien zu Leben und Werk einiger ‚grosser Historiker`, Untersuchungen zur Rolle der Geschichtsschreibung fuer die Stiftung nationaler Identitaeten oder zur Standardisierung geschichtswissenschaftlicher Methoden standen lange Zeit im Vordergrund der Historiographiegeschichte. Die Rolle der muendlichen Vermittlung von Geschichte an den Universitaeten wurde hingegen bisher kaum analysiert: Bislang wurden weder deren thematische Schwerpunktsetzungen systematisch und international vergleichend analysiert, noch waren ihre Formen und Methoden - abgesehen vom deutschen Historischen Seminar - bisher Gegenstand disziplingeschichtlicher Forschungen. Im Zentrum der geplanten Tagung sollen deshalb die unterschiedlichen Formen des Geschichtsunterrichts an der Universitaet stehen: die Vorlesung, das Seminar, die Uebung, das Repetitorium, die Lehrbucharbeit und das Forschungsseminar/Kolloquium bzw. der Cours magistral, die Conférence, das Séminaire, die Travaux dirigées bzw. die Lecture, das Seminary, Class exercises, Recitations.
Die einzelnen Beitraege sollen Vergleiche auf zwei Ebenen ermoeglichen:

1. Zum einen soll nach der historischen Entwicklung des universitaeren Unterrichts in Deutschland gefragt werden. Anhand der deutschen Entwicklung lassen sich drei Umbruchsphasen ermitteln: Zunaechst fuehrte die Etablierung der Seminarform seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts zumindest vom Anspruch her zu einer Neudefinition der Rollen von Lehrenden und Lernenden - waehrend in der Vergangenheit in den Vorlesungen die Studenten meist passiv den Erlaeuterungen des Dozenten zuhoerten, wurde ihnen nun eine aktivere, diskursivere, Wissen nicht nur rezipierende, sondern auch generierende Rolle zugewiesen. Die Abhaengigkeit des Studiums von den Staatsexamina fuehrte aber dazu, dass die Einbindung des Nachwuchses in den Forschungsprozess auf eine Minderheit beschraenkt blieb. Eine zweite strukturelle Umbruchsphase laesst sich in den 1960er Jahren mit dem Phaenomen des Massenstudiums in den geisteswissenschaftlichen Faechern ausmachen. Das sich verschlechternde Betreuungsverhaeltnis zwischen Dozenten und Studierenden, die wachsende Einbeziehung des auch nicht-promovierten wissenschaftlichen Nachwuchses in die Lehre, die zunehmende Anonymisierung bei gleichzeitiger Aenderung von Lernzielvorgaben oder auch Experimente bezueglich der Lehrformen veraenderten die Formen der Geschichtsvermittlung grundsaetzlich. Gegenwaertig befinden wird uns in einer weiteren Umbruchssituation, die auf dem Symposium den Hintergrund fuer die historische Analyse darstellen soll.

2. Die Tagung stellt sich zum anderen der Frage, ob sich ausserhalb Deutschlands aehnliche oder ganz andere Entwicklungen feststellen lassen. Der diachronen Vergleichsebene soll somit eine inter- oder transnationale hinzugefuegt werden. In der Forschung wurde vielfach davon ausgegangen, die deutsche Geschichtswissenschaft und damit auch die universitaeren Formen des deutschen Geschichtsunterrichts seien im 19. Jahrhundert Vorbilder fuer entsprechende Reformen in anderen Laendern gewesen. Im 20. Jahrhundert sei Deutschland dagegen in dieser Rolle zunehmend von den USA abgeloest worden, die heute als Referenzpunkt fuer Reformvorschlaege angesehen werden. International vergleichende Studien koennen untersuchen, ob und wenn, in welcher Form, ein solcher Kulturtransfer tatsaechlich stattfand, ob der Bezug auf das Ausland nicht eher strategischen Charakter hatte und hat, dazu angetan, eigene, auf der Basis der lokalen bzw. regionalen oder nationalen Systemlogik entwickelte Reformvorstellungen durchzusetzen. Dies lenkt den Blick auf die je spezifischen, meist im nationalen Rahmen bestimmten strukturellen Bedingungen des universitaeren Lehrens und Lernens: Je nach Aufbau und Funktion der jeweiligen Wissenschaftslandschaften und je nach Rolle und Funktion der Universitaeten in diesen wurde und wird dem universitaeren Geschichtsunterricht eine spezifische Rolle zugewiesen. Insbesondere die Gewichtung zwischen universitaerer und ausseruniversitaerer Forschung hatte entscheidende Auswirkung auf Form und Inhalt geschichtswissenschaftlichen Lernens. Der Geschichtsunterricht gestaltete sich vor allem in funktional differenzierten Wissenschaftslandschaften anders als in eher geographisch differenzierten. Ausserdem boten expandierende Universitaetssysteme groessere Moeglichkeiten zur Spezialisierung und Differenzierung auch der geschichtswissenschaftlichen Lehre als in ihrem Wachstum eher begrenzte Universitaetslandschaften. Des Weiteren waren die Eingriffsmoeglichkeiten und -grenzen des Staates, der Verwaltungen, der privaten Geldgeber, der Grad der Autonomie der Hochschulen und der Dozenten, das Ausmass der Mitbestimmungsrechte der Studierenden in den verschiedenen Universitaetslandschaften unterschiedlich gestaltet, und diese Unterschiede fuehrten zu ebensolchen bei den Formen des Geschichtsunterrichts. Pruefungsformen (seien sie studienbegleitend oder studienbeschliessend), inhaltliche Vorgaben fuer die Pruefungen (z.B. bei Staatsexamina) und professionelle Karrieremuster der Historikerschaft waren gleichfalls ausschlaggebend. Hier spielte die von Land zu Land unterschiedliche Naehe des tertiaeren zum sekundaeren Bildungssektor eine bedeutende Rolle sowohl was die Lehrinhalte und Pruefungen als auch was den potentiellen Arbeitsmarkt ausgebildeter Historiker betrifft. Darueber hinaus beeinflussten die vorherrschenden, traditionell gewachsenen Bildungsideologien und -kanones - die wie die institutionellen Strukturen eine grosse Pfadabhaengigkeit aufweisen - Inhalt, Form und Aufgabe des historischen Lernens und Lehrens. Auch die Strukturierung disziplinaerer Felder hatte auf den Geschichtsunterricht eines Landes, einer Region oder einer Universitaet Auswirkungen.

Das projektierte Symposium soll - auch vor dem Hintergrund der aktuellen Umbruchssituation in der deutschen Universitaetslandschaft und der Diskussion ueber die Etablierung auslaendischer, meist amerikanischer Unterrichtsmodelle - einen systematischen Vergleich dieser institutionellen Gegebenheiten mit ihren Konsequenzen auf die universitaere Geschichtslehre in internationaler Perspektive ermoeglichen. Durch die Beteiligung von ForscherInnen aus den Bereichen der Wissenschaftssoziologie und der Hochschuldidaktik soll eine interdisziplinaere Diskussion zur Vergangenheit und Gegenwart universitaeren Lehrens am Beispiel der Geschichtswissenschaft angeregt werden. Wir bitten insbesondere WissenschaftlerInnen um die Zusendung von Proposals, die sich mit dem osteuropaeischen, suedeuropaeischen oder asiatischen Raum beschaeftigt haben.

Wir bitten, Themenvorschlaege fuer Beitraege bis spaetestens Mai diesen Jahres bei einem der drei VeranstalterInnen einzureichen:

Prof. Dr. Andreas Gestrich
Universitaet Trier
Fachbereich III - Neuere Geschichte
54286 Trier
Email: gestrich@uni-trier.de

Gabriele Lingelbach
Universitaet Trier
Fachbereich III - Neuere Geschichte
54286 Trier
Email: lingel@uni-trier.de

Prof. Dr. Lutz Raphael
Universitaet Trier
Fachbereich III - Neuere und Neueste Geschichte
54286 Trier
Email: raphael@uni-trier.de


Inhaltsbereich der Veranstaltung Wissenschaft/Bildungsforschung
Adressaten Hochschullehrer/innen / Forscher/-innen
Veranstalter Universitaet Trier
Zuletzt geändert am 28.03.2006

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