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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 20.02.2014:

Papilio stärkt und fördert Kinder

Vorbeugung gegen die Entwicklung von Sucht und Gewalt
Das Bild zum Artikel
Zornibold steht für das Gefühl Wut
Foto: Papilio

Papilio ist ein Programm zur Sucht- und Gewaltprävention für Kinder im Vorschulalter. In diesen für das soziale Verhalten so wichtigen Jahren sollen die Kinder stark gemacht werden, damit sie gar nicht erst süchtig und gewalttätig werden. Mit Hilfe des Programms entwickeln sie Schutzfaktoren und vermindern erste Verhaltensauffälligkeiten.


Papilio wurde 2002 von dem gemeinnützigen beta Institut für angewandtes Gesundheitsmanagement, Entwicklung und Forschung in der Sozialmedizin entwickelt. Während seiner mehrjährigen Erprobungszeit in der Modellregion Augsburg wurde seine Umsetzbarkeit und seine Wirksamkeit in Kindergärten in einer ersten Papilio-Studie (ALEPP) nachgewiesen. Die Daten der Analyse haben gezeigt, dass die Papilio-Maßnahmen dazu beitragen, prosoziales Verhalten zu erhöhen und Verhaltensauffälligkeiten bei Kindergartenkindern erheblich zu reduzieren. Zwar profitieren verhaltensauffällige Kinder besonders von dem Programm, dennoch ist Papilio für alle Kinder gut. Seit 2005 kommt es bundesweit zum Einsatz.

Heute gibt es Papilio in allen Bundesländern. Die laufende Verbreitung und Weiterentwicklung wird kontinuierlich wissenschaftlich begleitet. Dazu kooperiert Papilio mit Wissenschaftlern mehrerer Universitäten. Der wichtigste wissenschaftliche Partner ist Prof. Dr. Herbert Scheithauer, Professor für Entwicklungspsychologie und Klinische Psychologie an der FU Berlin. Er arbeitet bereits seit der ersten Entwicklung mit und war bei allen Papilio-Studien beteiligt.
Das Programm wird in allen Bundesländern von vielen Partnern unterstützt. Dazu gehören u.a. Stiftungen und Ministerien, Krankenkassen und Kommunen. Seit dem 1. Juli 2010 ist Papilio als eingetragener Verein mit Sitz in Augsburg selbstständig.

Fortbildung zur Papilio-Erzieher/in

Papilio wird gezielt in Kitas angewendet, damit so viele Kinder wie möglich von dem Programm erreicht werden. Die Erzieher/innen fungieren als die zentralen Vermittler/innen des Programms. Sie führen die Papilio-Maßnahmen mit den Kindern durch und beziehen die Eltern mit ein. Dafür werden sie im entwicklungsfördernden Erziehungsverhalten fortgebildet. Entwicklungsförderndes Erziehungsverhalten ist durch bestimmte Verhaltensmaßnahmen den Kindern gegenüber gekennzeichnet: erwünschtes Verhalten wird gelobt, Handlungsabfolgen und Aufforderungen werden verbalisiert, es gibt einen festen Umgang mit Regeln in der Gruppe und einen bestimmten, abgesprochenen Umgang mit unerwünschtem Verhalten. Diese festen, immer wiederkehrenden Verhaltensmuster sollen den Kindern einen sicheren Rahmen liefern, innerhalb dessen sie Selbstbewusstsein und -vertrauen aufbauen können und ein Regelverständnis für das Leben in der Gesellschaft lernen.

Für den Aufbau einer ersten Papilio-Kindergartengruppe in einer Kita ist es sinnvoll, wenn alle Erzieher/innen dieser Gruppe eine Fortbildung absolvieren. Führt die gesamte Einrichtung Papilio durch, sollte es zumindest in jeder Gruppe einen entsprechend qualifizierten Mitarbeiter geben. Die Fortbildungen können in einer der Papilio-Akademien absolviert werden oder bei so genannten Papilio-Trainer/innen. Alle Trainer/innen haben eine pädagogische Ausbildung, praktische Erfahrungen in einer Einrichtung im Elementarbereich und wurden von der Papilio-Zentrale in Augsburg zertifiziert.

Die Elemente des Programms
Im Mittelpunkt von Papilio stehen drei Maßnahmen: der „Spielzeug-macht-Ferien-Tag“, das „Meins-deinsdeins-unser-Spiel“ sowie „Paula und die Kistenkobolde". Am „Spielzeug-macht-Ferien-Tag“ spielen die Kinder einen festen Tag in der Woche ohne Spielzeug. Dahinter steckt die Idee, dass die Kinder – wenn sie keine Ablenkungen haben – mehr gemeinsam miteinander unternehmen. Sie beschäftigen sich mehr mit sich und den anderen und auch zurückgezogene Kinder werden so besser integriert. Im gemeinsamen Spiel üben Kinder kommunikative und soziale Kompetenzen. Sie lernen, ihr Spiel aufeinander abzustimmen, sie knüpfen emotionale Bindungen, sie lernen Konflikte zu lösen, sie entwickeln Empathie und Perspektivenübernahme.

Das „Meins-deinsdeins-unser-Spiel“ unterstützt Kinder beim Erlernen und Einhalten sozialer Regeln, fördert prosoziales Verhalten und reduziert unerwünschtes Verhalten. Das Thema „Regeln" wird spielerisch angegangen und in den normalen Kindergarten-Alltag integriert. Die Kinder vereinbaren zum Beispiel gemeinsam mit der Erzieher/in die Regel: „Ich darf nicht hauen". Jede Gruppe - die Kinder sind in Gruppen eingeteilt -, die die Regel in der vereinbarten Spielzeit (anfangs fünf, dann bis 15 Minuten) einhält, erhält einen Punkt. Die Gruppe, die am Ende einer Spielphase (ein bis zwei Wochen) die meisten Punkte erreicht hat, darf sich etwas wünschen. Das muss allerdings dann allen Kindern zugutekommen, also z.B. eine Lieblingsgeschichte vorlesen oder gemeinsames Backen. Die Kinder einer Gruppe unterstützen sich schnell gegenseitig beim Einhalten der Regeln.

Paula und die Kistenkobolde
„Paula und die Kistenkobolde“ ist die bekannteste Maßnahme des Programms. Mit Hilfe der Geschichte um die vier Kobolde Heulibold, Zornibold, Bibberbold und Freudibold lernen die Vorschulkinder ihre Gefühle Traurigkeit, Wut, Angst und Freude kennen. Anhand der Kobolde verstehen sie, um welche Emotion es sich handelt und wie sie diese bei sich selbst und bei anderen wahrnehmen können. Auch lernen sie mit ihnen umzugehen. Durch alle vier pädagogischen Einheiten führt das Kindergartenkind Paula. Paula erleichtert den Kindern die Identifikation mit der Geschichte. Die Kinder basteln außerdem einen Gruppenkobold, der jede Einheit von Paula und den Kobolden mit einem Ruheritual beginnt. Für jeden Kobold – und die entsprechende Emotion – nimmt sich die „Papilio-Gruppe“ eine Woche Zeit. Nach Durchführung aller vier Einheiten gibt es vier Bereiche, in denen die Kinder z.B. ihr Foto zu einem Kobold hängen können und damit ihrem aktuellen Gefühl Ausdruck verleihen. Auch wird während und nach dieser Zeit in der Gruppe regelmäßig über Gefühle gesprochen.
Die Geschichte um Paula und die Kistenkobolde entstand zusammen mit Künstlern der Augsburger Puppenkiste und wurde von ihr auch als Bühnenstück inszeniert und schon vor vielen Tausend Kindern aufgeführt. Für Kindergärten steht attraktives Bild- und Tonmaterial (Bilder der Koboldgesichter, Aufnahmen der Koboldstimmen, Lieder wie „Mir geht’s heut’ so …" oder „Mutmachlied") zur Verfügung.

Europaweite Anerkennung für Papilio
Papilio findet bundesweit bei vielen Kindergärten große Akzeptanz. Es lässt sich dauerhaft in den Kindergartenalltag einbinden und kann so seine Wirkung nachhaltig entfalten. Längst ist die Entwicklung prosozialen Verhaltens von Vorschulkindern durch mehrere Studien belegt. Aber es konnte auch nachgewiesen werden, dass Kinder, die Papilio erlebt haben, am Ende der ersten Schulklasse bessere Noten hatten als vergleichbare Kinder ohne Papilio-Förderung.

Für seinen Einsatz und seine Erfolge hat das Programm schon viele Auszeichnungen erhalten. Zuletzt konnten Heidrun Mayer, die geschäftsführende Vorsitzende von Papilio, und ihre Assistentin Melanie Kuglmeier, im Oktober 2013 die Auszeichnung „Chemins d’Enfances" aus Paris mit nach Hause bringen. Damit hat das Programm erstmals auch eine europaweite Anerkennung erfahren.

Autor(in): Petra Schraml
Kontakt zur Redaktion
Datum: 20.02.2014
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