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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 09.06.2011:

Starke Schulen stärken

Der Landes- und Bundeswettbewerb „Starke Schule“ fördert innovative Schulkonzepte zur Ausbildungsreife
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Bildrechte: Starke Schule

Schulen in Deutschland, besonders seit den PISA-Studien oft gescholten, verdienen und brauchen auch Lob. Das gilt vor allem für bestimmte Schulformen wie Hauptschulen oder Förderschulen. Der landes- und bundesweite Wettbewerb „Starke Schule“, der seit 1999 alle zwei Jahre stattfindet, zollt herausragenden zur Ausbildungsreife führenden Schulen besondere Anerkennung.


Der Wettbewerb „Starke Schule“ wurde von 1999 bis 2007 als reiner Hauptschulpreis durchgeführt. Seitdem trägt die Initiative der zunehmend diversifizierten Schullandschaft in den Bundesländern Rechnung, indem sich alle Schulen bewerben können, die neben dem Hauptschulabschluss auch für die Berufsbildungsreife und die Berufsreife qualifizieren. Der Wettbewerb unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten ist zweistufig aufgebaut. Gemeinsam mit den jeweiligen Kultusministerinnen und -ministern der Bundesländer zeichnen die Partner von „Starke Schule“ im Rahmen von 16 Preisverleihungen zunächst drei Landessieger aus. Aus dem Kreis dieser erstplatzierten Landessieger werden dann die Bundessieger von einer Bundesjury bestimmt.

Der Preis hilft auch, das Renommee bestimmter Schulformen zu verbessern
Das Projekt wird gemeinsam ausgerichtet und finanziert von der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, der Bundesagentur für Arbeit, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Deutsche Bank Stiftung. „Starke Schule“ zeichnet hervorragende schulische Gesamtkonzepte aus und fördert deren Innovationspotenzial. Im Blickpunkt stehen vor allem Schulkonzepte, die Übergänge meistern helfen, weil sie einen speziellen Fokus auf die Förderung der Ausbildungsreife und die Berufsorientierung der Schülerinnen und Schüler legen. Der Preis kann so auch helfen, die Außenwahrnehmung auf oft kritisierte Schulformen zu verbessern. So hat nach Reiner von Borzyskowki, Schulleiter der 2009 mit dem 2. Bundessiegerpreis geehrten Hauptschule Coerde in Münster, der Erfolg im Wettbewerb „viele Vorurteile gegenüber unserer Hauptschule abgebaut und eine positive Wertschätzung unserer Arbeit bewirkt.“

Eine Hauptschule in Münster wird mit individuellen Lernideen Bundessieger 2011
Die Preisverleihung fand in diesem Jahr am 11. Mai in Berlin statt. Den ersten Preis erhielt die „GTHS Hakemickeschule in Olpe“ in Nordrhein-Westfalen. Die Hauptschule im gebundenen Ganztagsbetrieb hat 659 Schüler mit einem Migrationshintergrund von 38 Prozent. Sie setzt auf individuelle Förderung, indem Sonder- und Sprachheilpädagogen sowie Experten für Lese- und Rechtschreibschwäche in den Unterricht miteinbezogen werden. Dazu kommt ein Team von Schulsanitätern, Streitschlichtern, Paten für jüngere Schüler und für körperbehinderte Kinder sowie Sporthelfer.

Die Schülerinnen und Schüler beginnen den Tag mit einer Stunde selbstständigen Lernens, wobei alle Klassenzimmertüren offen stehen. In einem eigenen Mitteilungsbuch werden die Lernfortschritte der einzelnen Schüler dokumentiert. Während in den ersten zwei Jahren die Förderung in den Hauptfächern Mathematik und Deutsch im Mittelpunkt steht, beginnt ab Klasse 8 die systematische Berufsorientierung in enger Zusammenarbeit mit Unternehmen und Bildungseinrichtungen. So schaffen 38 Prozent der Schülerinnen und Schüler den Übergang in die Ausbildung, während 55 Prozent zu weiterführenden Schulen wechseln.

Der zweite Bundessieger aus Baden-Württemberg setzt auf Job-Coachs und Berufspraxistage
Zweiter Bundessieger wurde die Grund- und Werkrealschule in der Taus in Backnang in Baden-Württemberg. An der Schule, ebenfalls im gebundenen Ganztagsbetrieb organisiert, lernen über 300 Schülerinnen und Schüler, von denen mehr als die Hälfte aus Migrantenfamilien kommen. Jeder dritte verfügt über teils sehr schwache Deutschkenntnisse. Die Schule begegnet dieser Herausforderung mit einem speziellen Qualitätsmanagement. Zu allen Aufgaben und Aktivitäten werden Prozessbeschreibungen erstellt, was die Arbeit der Lehrkräfte erleichtert. Schüler und Eltern sind in alle Prozesse aktiv mit eingebunden. Der so wichtige Schnittpunkt des Übergangs von der Schule in den Beruf wird ab Klasse 6 durch ein umfassendes Netzwerk an Firmen und Bildungspartnern unterstützt sowie durch den Einsatz eines „Job-Coachs“ systematisch und kontinuierlich begleitet. Hinzu kommen wöchentliche Berufspraxistage, vielfältige Trainings und die Arbeit mit Zielvereinbarungen. Auch dadurch erreicht die baden-württembergische Schule einen hohen Prozentsatz an Schülern, die entweder einen Ausbildungsplatz erhalten (28 Prozent) oder auf weiterführende Schulen wechseln (51 Prozent). Jeder zweite verlässt die Schule mit einem mittleren Abschluss.

Sonderpreis für eine thüringische Förderschule, die auf Bauhausreise geht
Einen ganz besonderen Bezug zu ihrer Heimatstadt Weimar bauen die Schülerinnen und Schüler im staatlichen regionalen Förderzentrum Herderschule auf, indem sie auf eine künstlerische Bauhaus-Reise gehen, die zeigt: Architektur und Geschichte sind alles andere als langweilig. Angestoßen durch den Wettbewerb „Geistesblitze“ des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft im Jahr 2009 hat die Schule ein Leuchtturm-Projekt entwickelt, das bis heute fortwirkt. Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf erhalten Einblick in die Entwicklung des Staatlichen Bauhauses in Weimar, indem sie sich kreativ und künstlerisch einbringen. So führten sie unter anderem ein Tanztheater auf, komponierten einen „Bauhaussong“ und erstellten einen „Bauhauskoffer“ mit praktischen Unterrichtsmaterialien zum Thema. Mit einem Memory lernen die Schüler die Künstler und Meisterwerke der berühmten Weimarer Kunstschule kennen, für die Farbtheorie der Bauhausschule werden sie durch ein Dominospiel aus Holz sensibilisiert. Diese ganz besondere Kunst-Reise der thüringischen Förderschule honoriert der Sonderpreis „Stark durch Vielfalt“.

Netzwerke und Hospitationen fördern den Austausch, Fortbildungen neue Kenntnisse
Neben dem Wettbewerb existiert ein Netzwerk, in das alle Siegerschulen der vergangenen Jahre für die Dauer von vier Jahren aufgenommen werden. Die vernetzten Schulen erhalten Informationen über Fortbildungsangebote, über innovative Projekte und Ideen an anderen Schulen und über Möglichkeiten finanzieller Unterstützung. Zudem können in der jeweiligen Region Schüler und Lehrer an acht ausgewählten Siegerschulen des Wettbewerbs eintägig hospitieren. Die Siegerschulen stellen hierbei ihr Schulkonzept und ihre Projekte vor. Alle erst- bis drittplatzierten Siegerschulen nehmen an jährlichen Netzkonferenzen teil, bei denen sie sich untereinander austauschen. Anfallende Fahrt- und Übernachtungskosten werden dabei übernommen. „Im Netzwerk von ‚Starke Schule‘ […] werden professionelle Lerngemeinschaften angebahnt, die an lokalen Voraussetzungen und Entwicklungspotenzialen der Schulen ansetzen“, so die Universitätsprofessorin Isabell van Ackeren, die 2011 der Jury angehörte.

Während das Netzwerk für besseren Kontakt der Schulen untereinander sorgt, qualifizieren zahlreiche Fortbildungsangebote die Lehrerinnen und Lehrer weiter. Unter dem Motto „Wissen rechnet sich“ erhalten Lehrerinnen und Lehrer in speziellen Fortbildungen praxisorientierte Unterrichtsideen zu schülerrelevanten Finanzthemen wie „Das Handy“ oder „Die Wohnung“. Die Unterrichtsmaterialien „Deutsch-Akrobaten“, die ab dem Schuljahr 2011/2012 zur Verfügung stehen, setzen den Schwerpunkt dagegen auf die Verbesserung der sprachlichen und sozialen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler.

Schüler werden fit gemacht
Preise können letztlich immer nur wenigen Ausgesuchten Anerkennung und Wertschätzung zollen. Der Schulwettbewerb „Starke Schule“ konzentriert sich dabei auf herausragende Schulen, die die Übergangsphase von der Schule in den Beruf und die Wege dorthin mit neuen Ideen bereichern. Die Initiative, die in den nächsten zwei Jahren in eine weitere Runde geht, fokussiert damit auf eine der wichtigsten und schwierigsten Schnittstellen im deutschen Bildungssystem. So hebt auch Bundespräsident Christian Wulff hervor, dass es neben der Freude am Lernen ganz praktisch darum geht, Schülerinnen und Schüler „fit“ zu machen „für ihren beruflichen und persönlichen Lebensweg.“

Autor(in): Arndt Kremer
Kontakt zur Redaktion
Datum: 09.06.2011
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