Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen
Erschienen am 08.08.2005:
Pluralität der Lehre ist gefragt
Sommerinterviews, Teil 4
Julia Trompeter ist 25 Jahre und studiert Philosophie, Germanistik und klassische Literaturwissenschaft auf Magister. Sie wird sich bei der Magisterprüfung mit "De anima" von Aristoteles beschäftigen.
Bildung PLUS: Deutschland hatte früher einmal den Ruf, das Land der Dichter und Denker zu sein. Und heute...
Julia Trompeter: Dichter und Denker hat es immer gegeben und gibt es auch heute noch. Die Frage ist nur, welche Möglichkeiten sie heute haben, an die Öffentlichkeit zu treten. Auch wir müssen uns fragen, was wir von unseren Dichtern und Denkern heute noch mitbekommen. Im Moment herrscht keine Hochblüte der Dicht- und Denkkunst. In der Gesellschaft ist es heute nicht einfach, etwas zu werden, wenn man geisteswissenschaftliche Studien betrieben hat. Das, was wir im philosophischen Seminar lernen, ist nicht besonders marktförderlich und marktkonform.
Bildung PLUS: International stehen die Studentinnen und Studenten in Deutschland nicht gut da. Sind die Studenten zu dumm oder ihre Professoren zu blöd, die Studenten schlau zu machen?
Julia Trompeter: Das theoretische Potenzial von Lehrkräften ist natürlich da. Es fehlt aber an der Offenheit. Es gibt eine Überforderungssituation: einerseits was die sich ändernden Studienbedingungen anbelangt und andererseits hinsichtlich der großen Anzahl Studierender. Infofern herrscht Anonymität und vielleicht Angst zwischen Lernenden und Lehrenden, die bestimmt nicht förderlich für philosophische Gedankengänge ist. Diese brauchen Vertrauen und eine Gesprächsituation, die das auch hergibt.
Bildung PLUS: Was ist für Sie eine gute Hochschule?
Julia Trompeter: Eine gute Hochschule hat ein breites Lehrangebot, Stichwort Pluralität der Lehre, und die Möglichkeit, kleine Fächer zu studieren, so genannte Orchideenfächer. Nicht nur große Fachbereiche wie Germanistik sollten im Angebot enthalten sein, sondern auch Archäologie und Ägyptologie sollten eine Chance haben.
Wer für Bildung bezahlen muss, hat es schwerer. Studiengebühren sind für mich das falsche Zeichen. Die Modularisierungen in Bachelor- und Masterstudiengängen halte ich für negativ, weil sie den Studenten ein sehr verschultes System oktroyieren. Sie müssen sich an Vorgaben halten, die qualitativ überhaupt nichts zum Studium beitragen.
Bildung PLUS: Was lehrt Sie das Leben?
Julia Trompeter: Dass es immer weiter geht. Es wird nicht unbedingt leichter, man sollte aber den Mut nicht verlieren und nie die Hoffnung aufgeben, dass sich vielleicht etwas ändert. Kämpfen, kämpfen für die Zukunft...
Jennifer Werner, 22 Jahre, studiert Phonetik, Sprachwissenschaft und Geographie auf Magister.
Bildung PLUS: Deutschland hatte früher einmal den Ruf, das Land der Dichter und Denker zu sein. Und heute...
Jennifer Werner: Der Schwerpunkt der Interessen bei Studierenden hat sich heute geändert. Die großen Denker und Dichter wie Goethe, Schiller waren früher bekannter als heutzutage. Auf Dichtung und Literatur wird nicht mehr so viel Wert gelegt in unserer modernen Freizeitgesellschaft.
Bildung PLUS: International stehen die Studentinnen und Studenten in Deutschland nicht gut da. Sind die Studenten zu dumm oder ihre Professoren zu blöd, die Studenten schlau zu machen?
Jennifer Werner: Ich denke mal nicht, dass die Hochschullehrer doof sind. Es kommt darauf an, wie die Lehre gestaltet wird. Häufig ist sie viel zu theoretisch. Das ist bei Geografie anders, weil es hier viele Exkursionen gibt. Häufig sind die Hörsäle an der Universität so überfüllt, dass die Leute auf dem Boden sitzen. Der Draht zu den Dozenten fehlt. An der Universität Köln ist es wirklich anonym. Selbst bei den Sprechstunden geht es sehr anonym zu.
Bildung PLUS: Was gehört für Sie zu einer guten Hochschule?
Jennifer Werner: Dazu gehört vieles. Etwa was sie fachlich bietet, an Tutoren oder darüber hinaus, zum Beispiel außeruniversitäre Kontakte.
Bildung PLUS: Was lehrt Sie das Leben?
Jennifer Werner: Die Erfahrung, tagtäglich etwas fürs Leben zu lernen aus Alltagssituationen, von Menschen...
Autor(in): Arnd Zickgraf
Kontakt zur Redaktion
Datum: 08.08.2005
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