Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen
Erschienen am 21.08.2025:
„Für alle, die als Erste in ihrer Familie studieren.“
ArbeiterKind.de ermutigt junge Menschen zum Studium

Bei ArbeiterKind.de bekommen junge Menschen aus nichtakademischen Familien Unterstützung. Rund 6000 Ehrenamtliche bieten im persönlichen Gespräch in offenen Treffen und Sprechstunden, bei Schulveranstaltungen und auf Messen reichhaltige Informationen über alle Themen rund ums Studium und berichten von ihren eigenen Erfahrungen. Sie wollen den Jugendlichen Mut machen und so dazu beitragen, dass der Anteil der Studierenden der ersten Generation steigt.
Schule fertig - und dann? Studium oder Ausbildung, Bundesfreiwilligendienst oder doch erst einmal ein Jahr ins Ausland? Während es für viele Abiturient*innen aus akademischen Elternhäusern üblich ist, unter verschiedenen Optionen auszuwählen, trauen sich Schüler*innen aus Familien, in denen bisher niemand studiert hat, eher selten ein Studium zu. Sie ziehen in der Regel eine Ausbildung vor. Laut dem Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) nehmen von 100 Akademikerkindern 78 ein Studium auf. Dagegen studieren von 100 Nicht-Akademikerkindern lediglich 25. Die finanzielle Belastung ist dabei nur einer von vielen Gründen, die die jungen Menschen aus nichtakademischen Familien von einem Studium abhalten. Oft fehlen Rollenvorbilder im familiären Umfeld sowie Informationen darüber, was im Studium auf einen zukommt, wie ein Studium funktioniert oder wie es sich finanzieren lässt.
ArbeiterKind.de
Diese Informationen bekommen Abiturient*innen aus nichtakademischen Familien bei ArbeiterKind.de. Die bundesweit aktive gemeinnützige Organisation unterstützt die jungen Menschen dabei, ihre Entscheidung bewusst zu treffen. Mit umfassender, vielfältiger und niedrigschwelliger Hilfe für Schüler*innen, Studierende und Eltern will ArbeiterKind.de zur Chancengleichheit beitragen und mithilfe eines flächendeckenden Peer-to-peer-Mentorings erreichen, dass der Anteil der Studierenden der ersten Generation an Hochschulen steigt. Jedes Kind aus einer nichtakademischen Familie in Deutschland soll die Chance auf einen Bildungsaufstieg haben - die soziale Herkunft darf nicht über den Bildungsweg entscheiden.
Katja Urbatsch, die Gründerin und Geschäftsführerin von ArbeiterKind.de, hat aus ihrer eigenen Erfahrung heraus, selbst die Erste in ihrer Familie zu sein, die einen Studienabschluss erreicht hat, die Idee zum Internetportal „ArbeiterKind.de - für alle, die als Erste in ihrer Familie studieren“ entwickelt. Gemeinsam mit ihrem Partner Wolf Dermann, ihrem Bruder Marc Urbatsch und zwei Kolleginnen von der Justus-Liebig-Universität Gießen setzte sie diese Idee 2008 im Rahmen des Wettbewerbs startsocial um. Der Start des Internetportals ArbeiterKind.de am 5. Mai 2008 erregte deutschlandweit große Medienaufmerksamkeit, sodass sich zahlreiche Studierende und Akademiker*innen der ersten Generation meldeten und sich als ehrenamtliche Unterstützer*innen anboten.
Deutschlandweites Netzwerk aus Ehrenamtlichen
Heute ist ArbeiterKind.de, das von Ministerien und Stiftungen sowie durch Spenden von Unternehmen und über 500 Einzelpersonen gefördert wird, weit mehr als ein Internetportal, das Informationen rund um das Studium bereithält. Es hat sich zu Deutschlands größter Organisation für Studierende der ersten Generation entwickelt und ist ein deutschlandweites Netzwerk von Ehrenamtlichen, die meist selbst als Erste in ihrer Familie studieren oder studiert haben. Bundesweit engagieren sich über 6000 Ehrenamtliche in ca. 80 lokalen Gruppen in offenen Treffen, Sprechstunden und individuellem Mentoringangebot. Sie ermutigen, motivieren und begleiten Schüler*innen aus Familien ohne Hochschulerfahrung und unterstützen Studierende auf dem Weg zum erfolgreichen Studienabschluss und in den Beruf. Dabei geben sie ihre eigenen Erfahrungen über die Studienfachwahl, den Studienort, das Anmeldeverfahren, wissenschaftliches Arbeiten und die Organisation des Studiums weiter. Sie helfen bei dem Gespräch mit den Eltern, informieren über Finanzierungsmöglichkeiten wie Bafög oder Stipendien und berichten, wie sich ein Auslandsaufenthalt realisieren lässt. Die Mentor*innen kennen sich gut in der Hochschulwelt aus und wissen, welche Anlaufstellen es bei Problemen gibt. Sie kennen die typischen Herausforderungen, Unsicherheiten und Fragen. Da der Einstieg in das Berufsleben mit einem akademischen Abschluss oft anders verläuft als nach einer betrieblichen oder schulischen Ausbildung - die Möglichkeiten sind vielfältiger und die Bewerbungsprozesse oft komplex - vernetzt ArbeiterKind.de Studierende und Berufseinsteiger*innen bei Bedarf auch mit bereits berufstätigen Mentor*innen. Diese bieten Austausch und Orientierungshilfe für mögliche Arbeitsbereiche und Karrierestrategien.
Selbstständige lokale Gruppen
Die ArbeiterKind.de-Gruppen, die es in rund 80 Städten deutschlandweit gibt, treffen sich in der Regel einmal im Monat zum offenen Austausch. In Gaststätten oder Räumlichkeiten an der Hochschule informieren die ehrenamtlichen Mentor*innen dort Schüler*innen und Studierende aus nichtakademischen Familien sowie ihre Angehörigen in lockerer Atmosphäre über alle Themen rund ums Studium und beantworten ihre Fragen. Jede Gruppe arbeitet nach ihrem eigenen Konzept und hat eine eigene E-Mail-Adresse, die meist von zwei bis drei Ehrenamtlichen betreut wird. Wer keine Gruppe in der Nähe hat, kann über das Infotelefon-Team unter der Berliner Festnetznummer 030 - 679 672 750 Unterstützung bekommen. Daneben gibt es ein virtuelles ArbeiterKind.de-Netzwerk, in dem sich die einzelnen Gruppen organisieren. In Diskussionsforen können Fragen besprochen werden, Themenseiten informieren u.a. über Stipendien, Hochschulorte oder den Berufseinstieg. Auch können hier junge Menschen kontaktiert werden, die bereits ein Auslandssemester absolviert haben oder in einem Bereich arbeiten, für den man sich interessiert.
Kostenlose Informationsveranstaltungen
Das Herzstück von ArbeiterKind.de sind die Veranstaltungen an Schulen und in Bildungsinstitutionen wie den Berufsinformationszentren und auf Bildungsmessen. Hier stellen sich die Mentor*innen vor und sprechen über die Fragen: Warum studieren? Was studieren? Wie finanzieren? Die Veranstaltungen dauern in der Regel 60 oder 90 Minuten und verfolgen das Ziel, alle Schüler*innen über ihre Studienoptionen zu informieren, damit sie eine gute Grundlage für ihre beruflichen Entscheidungen erhalten. In den kostenlosen Informationsveranstaltungen für Schulklassen werden Schüler*innen zum Studium ermutigt, sie erhalten die Möglichkeit, den Studienablauf kennenzulernen, erfahren Nützliches über Bewerbungsverfahren, den NC, BAföG und Stipendien. An vielen Schulen sind diese Veranstaltungen schon längst eine wertvolle Ergänzung zur Berufsorientierung geworden.
Vielfältige Auszeichnungen
Das bundesweite Engagement der Ehrenamtlichen von ArbeiterKind.de ist vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Deutschen Engagementpreis, dem Studentenwerkspreis für besonderes soziales Engagement, dem Niedersachsenpreis für Bürgerengagement und dem German Diversity Award, Kategorie Social Mobility. Für ihre Arbeit und ihr Engagement für Studierende der ersten Generation erhielt Katja Urbatsch im Oktober 2018 das Bundesverdienstkreuz am Bande, zudem wurde sie als Ashoka Fellow bereits 2009 in ein weltweites Netzwerk von Social Entrepreneurs aufgenommen und erhielt den HAWK-Preis von der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK).
ArbeiterKind.de lebt vom ehrenamtlichen Einsatz der Mentor*innen, die in Schulen, offenen Treffen und auf Messen in persönlichen Gesprächen ihre Studienerfahrungen weitergeben und Mut machen. Wer Lust hat, sich ehrenamtlich für Studierende der ersten Generation einzusetzen, ist herzlich eingeladen, sich zu engagieren.
Autor(in): Petra Schraml
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Datum: 21.08.2025
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