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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 08.03.2007:

"Die Verbundidee zu realisieren, war die schwierigste Aufgabe"

Kooperationen für ein lebenslanges Lernen

Die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) förderte in den vergangenen drei Jahren das Programm "Wissenschaftliche Weiterbildung". Auf dem Abschlusskongress in Rostock wurden die Ergebnisse präsentiert.

Wissenschaftliche Weiterbildung wird immer wichtiger. In Zeiten des internationalen Wettbewerbs, demografischer Veränderungen sowie eines wachsenden Bedarfs an Fachkräften wird von allen Beteiligten ein hohes Bildungsniveau erwartet. Dieses Niveau muss ständig an neue Aufgaben und sich ändernde Rahmenbedingungen angepasst werden. Hochschulseminare, Kurse und weiterbildende Studiengänge, die auf einem ersten Hochschulabschluss aufbauen oder auf der Grundlage von beruflicher Ausbildung und Erfahrung zu einem ersten Hochschulgrad führen, gewinnen an Bedeutung. Diesen Bedarf erfüllen besonders die Hochschulen: Die Reform der akademischen Erstausbildung mit ihren Bachelor- und Masterprogrammen zielt auch auf die wissenschaftliche Weiterbildung. "Die Reform von akademischer Erstausbildung und der Ausbau der Weiterbildung als eine integrierte - oder jedenfalls aufeinander abgestimmte - Strategie" fördert lebenslanges Lernen, erläutert Prof. Dr. Andrä Wolter von der Technischen Universität (TU) Dresden.

Das BLK-Programm "Wissenschaftliche Weiterbildung"
Auch wenn sich in der Weiterbildungslandschaft viel bewegt, einen solchen Weg für die Hochschulweiterbildung - eine aufeinander abgestimmte Verknüpfung von Erstausbildung und Weiterbildung - gehen bislang wenige Universitäten und Fachhochschulen, stellt Dr. Sabine Teichmann von der Universität Rostock fest. Um die Hochschulen darin zu bestärken, Strukturen für konkrete Weiterbildungsangebote zu schaffen, förderte die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) in den vergangenen drei Jahren das Modellversuchsprogramm "Wissenschaftliche Weiterbildung". Von Januar 2004 bis Dezember 2006 finanzierten der Bund und die beteiligten Länder insgesamt 15 Modellvorhaben, die Kriterien für die Modularisierung, Akkreditierung und Zertifizierung wissenschaftlicher Weiterbildungsangebote und die Vergabe von "Credit Points" entwickeln sollten. Ziel des Programms und aller zugehörigen Projekte war es, hochschulübergreifende Kooperationen und Verbünde in der wissenschaftlichen Weiterbildung anzustoßen und aufzubauen, um die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Hochschulen auf dem Weiterbildungsmarkt zu stärken.

Projektbedingungen
Die Vorgehensweise bei den 15 Projekten war sehr unterschiedlich. Sie reicht von der modellhaften Entwicklung und Erprobung konkreter Lerneinheiten und Curricula über die Entwicklung von Reformen in der Organisation der Lehrerbildung bis zur Einrichtung zentraler Weiterbildungsdatenbanken. Bedingungen für die Projektteilnahme war, die Weiterbildung als dritte Aufgabe neben Erstausbildung (Studium) und Forschung in das Angebotsspektrum der Hochschulen aufzunehmen, die Chancengleichheit von Frauen und Männern zu stärken und die Aus- und Weiterbildung der Lehrer besonders zu berücksichtigen. Außerdem sollte der Bologna-Prozess als Organisationsprinzip in den Projektvorhaben ebenso mitbedacht werden wie die Verbundidee: Kooperationen zwischen verschiedenen Hochschularten, länderübergreifende Aktivitäten, Vernetzung und Transfer sollten gewährleistet sein.

Diskussion der Ergebnisse auf der Abschlusstagung in Rostock
Im Dezember 2006 endete das Verbundprogramm. Unter dem Motto "Die Vernetzung muss weitergehen!" fand am 15. und 16. Februar 2007 die Abschlusstagung an der Universität Rostock statt. Sie diente vor allem auch einer Bestandsaufnahme: Die Projektteilnehmer stellten wesentliche Ergebnisse vor, zeigten auf, was sich modellhaft entwickeln konnte und welche Ergebnisse transferiert werden können. Der plakativ formulierte Leitgedanke der Abschlussveranstaltung sollte dabei dazu auffordern, die Bedeutung der Verbundidee herauszustellen und allen Projektteilnehmern nahezulegen, auch weiterhin nach neuen Kooperationspartnern, Allianzen und Netzwerken zu suchen.

Visionen wagen
Die Spanne der vorgestellten Themen war groß: Einige Projekte wie "Islamischer Religionsunterricht in deutscher Sprache" oder "Netzwerk wissenschaftliche Weiterbildung für Lehramtsberufe (NWWL)" konzentrierten sich auf die wissenschaftliche Weiterbildung für Lehrerinnen und Lehrer, andere, wie "teachING - Multimedia im Maschinenbau" oder "Verbund in der Weiterbildung für Medienkompetenz - ein Online-Angebot der sächsischen Hochschulen für die Weiterbildung", auf die wissenschaftliche Weiterbildung in den Bereichen Maschinenbau und Neue Medien. Teilbereiche widmeten sich übergreifenden Fragen der Studienreform.
"Gerade gestufte Studienprogramme wurden als Chance für die Verknüpfung von Erstausbildung und Weiterbildung begriffen", erklärt Dr. Kerstin Kosche von der Universität Rostock die Vorgehensweise in vielen Projekten. Sie selbst hat an dem Projekt "Vision Ventures (ViVe) - mit Weiterbildung zum Ziel - ein Verbundprojekt" mitgewirkt. Ziel dieses Verbundprojektes war die gemeinsame Einzelvermarktung der an den unterschiedlichen Standorten entwickelten Module aus den Studiengängen. Beteiligt waren die Universität Rostock (Federführung), die Universität Hildesheim und die Fachhochschule Stralsund, kooperiert wurde zusätzlich mit der Universität Bielefeld. Die Idee, so Kerstin Kosche, ist über Jahre gewachsen. Mit dem BLK-Projekt hat sie eine zielorientierte Erweiterung erfahren: Im Verbund mit anderen Hochschulen ist ein Modulpool - quasi ein Warenkorb - entstanden, aus dem sich der Weiterbildungsinteressierte unkompliziert die für ihn individuell passende Weiterbildung auswählen kann. Die Idee wurde gut angenommen, für "Zertifikats"-Studierende hat sie sich bewährt. Aber: "Sie ist dann nicht mehr einfach umzusetzen, wenn Weiterbildungsstudierende mehr als zwei Module wählen und nicht nur ein Zertifikat oder Zeugnis der Universität Rostock wünschen", erklärt Kerstin Kosche die Problemfelder.

Portal zur wissenschaftlichen Weiterbildung
Auch mit den Projekten "WissWB-Portal" und "Netzwerk WissWeit" wurden gute Erfahrungen gemacht. Ziel des Projektes "WissWB-Portal" war es, ein Internetportal zur wissenschaftlichen Weiterbildung für die Angebote der beteiligten Hochschulen aufzubauen. Beteiligt waren die Universität Hamburg als Projektkoordinator, die Universität Hannover, die Universität Kiel, die Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik und die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg. Das Portal soll allen Nutzern die komfortable Suche nach passenden Weiterbildungsangeboten von Hochschulen und hochschulnahen Einrichtungen ermöglichen und sie mit relevanten Zusatzinformationen, die für eine Teilnahmeentscheidung von Bedeutung sein können, versorgen. Auch wenn die Zahl der Anbieter bisher hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist, sind die Projektteilnehmer zufrieden: Dem WissWB-Portal ist es gelungen, durch zahlreiche Marketingmaßnahmen einen umfassenden Bekanntheitsgrad in der akademischen Weiterbildungsszene zu erreichen. Schon früh hat das Projekt ein zukunftsfähiges Business-Modell entwickelt, mit dem bereits während der Projektlaufzeit Eigeneinnahmen generiert wurden. Und es konnte sogar schon vor Projektbeginn die Deutsche Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium (DGWF) als Trägerin nach Ende der Projektlaufzeit gewonnen werden.

Netzwerk WissWeit
Das Projekt "Netzwerk WissWeit" wiederum bündelt und koordiniert die Aktivitäten von zehn hessischen Hochschulen in der wissenschaftlichen Weiterbildung für die berufliche Praxis. Das übergeordnete Ziel des Projektes war es, gemeinsam ein hochwertiges, bedarfsorientiertes und qualitätsgesichertes Weiterbildungsangebot zu entwickeln, dieses weiter auszubauen und für alle Interessierten durch geeignete Maßnahmen überschaubar, leicht zugänglich und transparent zu präsentieren. Die beteiligten Hochschulen haben Mindestqualitätsstandards für die wissenschaftliche Weiterbildung definiert und diese als verbindliche Zielsetzungen für ihre diesbezüglichen Aktivitäten erklärt. Das zentrale Ergebnis des Projektes ist die Errichtung und Pflege des Internetportals www.wissweit.de, über das Weiterbildungsinteressierte neben aktuellen Informationen, Checklisten und einem Glossar u. a. einen umfassenden und aktuellen Zugang zu allen Weiterbildungsangeboten der hessischen Hochschulen bekommen. Das Portal läuft sehr gut - doch das schönste Ergebnis für die projektbeteiligten Einrichtungen selbst war wohl, dass die institutionalisierte Zusammenarbeit der zehn in wettbewerblichem Umfeld agierenden Hochschulen hervorragend funktioniert und nicht zuletzt auch die je eigene Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weiterbildungsmarkt gestärkt hat.

Wie geht es weiter?
Nicht alle Vorhaben werden über den Ablauf der Förderzeit hinaus weitergeführt. Einige Projekte sind zum Ende des Jahres 2006 ausgelaufen, manche, wie das "Netzwerk Wissweit" aus Hessen, werden mit Hilfe von Ländermitteln weiter gefördert. Wieder andere, wie etwa das WissWB-Portal, haben andere Träger gefunden. Die Universität Rostock verstetigt ihr modulares Weiterbildungsangebot ("Warenkorb") auf der Grundlage einer Gebührenfinanzierung. "Die Projekte sind ein kleines Zahnrad im großen Getriebe, aber notwendiger Antrieb der Studienreformprozesse", kommentiert Kerstin Kosche die Arbeit in den Projekten und freut sich über die positiven Ergebnisse, die in den Modellvorhaben erzielt wurden. "Die Verbundidee zu realisieren, war sicher die schwierigste Aufgabe", fasst sie zusammen, "denn es ging nicht nur um die Kooperation zwischen unterschiedlichen Hochschularten und über Ländergrenzen hinweg. Es ging um die Verknüpfung verschiedener Bildungsbereiche und Anschlussmöglichkeiten, um die Weiterbearbeitung der Themen nach Projektende, um die Umsetzung von Studienreformmaßnahmen, um die Platzierung der Wissenschaftlichen Weiterbildung im Prozess des Lebenslangen Lernens." Trotz aller Komplexität ist das den meisten Modellvorhaben sehr gut gelungen.

Doch auch über die Projekte des BLK-Programms hinaus ist der Handlungsbedarf sehr groß. Weiterbildung wird immer mehr im Kontext von Bachelor-, Master- und Promotionsstudiengängen diskutiert und auch der Stellenwert berufsbegleitender Masterstudien wird in den nächsten Jahren enorm zunehmen. "Darauf sind die Hochschulen nicht vorbereitet", weiß Kerstin Kosche. Und so werden ihrer Ansicht nach Fragen der Öffnung der Hochschulen, der Anerkennung von beruflichen Leistungen, der professionellen Studienberatung ebenso wie Fragen der Verstetigung, des Transfers von Problemlösestrategien und der Finanzierung in der wissenschaftlichen Weiterbildung auch zukünftig eine große Rolle spielen.

Autor(in): Petra Schraml
Kontakt zur Redaktion
Datum: 08.03.2007
© Innovationsportal

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