Digitale Barrierefreiheit in der Schule - Unterrichtsmaterial online bei Elixier

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In diesem Interview beantwortet Reiner Delgado vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband e. V. (DBSV) Fragen zu den verschiedenen Aspekten, Chancen und Herausforderungen von digitaler Barrierefreiheit in der Schule. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Bedürfnissen von blinden und sehbehinderten Schülerinnen und Schülern.

Anbieter:

Lehrer-Online | Eduversum GmbH, Taunusstr. 52, 65183 Wiesbaden

Autor:

Redaktion Lehrer-Online

Lange Beschreibung:

Blinde und sehbehinderte Menschen in Deutschland müssen laut dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband e. V. (DBSV) darum kämpfen, bei der Digitalisierung nicht abgehängt zu werden. Wie äußert sich das in Schule und Unterricht? Das zeigt sich in jedem Bereich, der heute beim Lernen digital ist:  Webseiten oder Intranets von Schulen sind meist nicht barrierefrei oder gar überhaupt nicht nutzbar. Steht zum Beispiel der Stunden-, Vertretungs- oder Speiseplan nur als Bild-Datei im Netz, ist das für blinde Menschen nicht lesbar.  Schulbücher werden inzwischen zunehmend auch als digitale Versionen angeboten. Das Testen einiger aktueller digitaler Schulbücher hat allerdings ergeben, dass keines für blinde Lernende oder Lehrende nutzbar ist. Whiteboards bieten Lerninhalte digital an. Wenn diese barrierefrei nutzbar und über eine Schnittstelle zugänglich wären, würde das für sehbehinderte und blinde Lernende viele neue Chancen bringen. Aber die Inhalte auf  Whiteboards sind leider unzugänglich. Heute ist es außerdem Schulalltag, dass man sich schwierige Sachverhalte auf YouTube noch mal in Ruhe erklären lässt. Für blinde Schülerinnen und Schüler ist das leider keine Option. Selbst wenn jemand seine Hausaufgaben fotografiert und in die Klassen-WhatsApp-Gruppe stellt, bleibt das für blinde Mitschülerinnen und -schüler unzugänglich. Sie sprechen trotz aller Schwierigkeiten auch von "vielen neuen Chancen", die digitale Lerninhalte sehbehinderten Schülerinnen und Schülern bieten können. Welche Potenziale sehen Sie denn da genau? Sehbehinderte Menschen können sich digitale Inhalte beliebig vergrößern sowie Kontraste und Farben so anpassen, dass sie für die Betreffenden optimal erkennbar sind. Wenn digitale Inhalte in Textform gut strukturiert sind, zum Beispiel mit definierten Überschriften und anderen Strukturmerkmalen sowie Alternativtexten für Grafiken, dann können sie sehr gut von blinden Menschen genutzt werden, manchmal sogar effizienter als von Sehenden. Digitalisierung bietet also viele Zugänge zu Informationen, die mit rein analogen Medien nicht möglich sind. Digitale Inhalte können analoge Angebote allerdings nicht immer ersetzen. Lernen hat viel mit Sehen, Hören, Ertasten, Riechen, Schmecken und Handeln zu tun. Die Digitalisierung kann dazu verleiten, direkte Zugänge zur Welt zu vernachlässigen. Das gilt auch für die auf Papier gedruckte Brailleschrift , die heute aus der Bildung blinder junger Menschen schon weit verdrängt ist. Die Diktierfunktion wird von blinden und sehbehinderten Menschen vielleicht gar nicht mehr genutzt als von Sehenden. Sie führt aber vielleicht generell dazu, dass Rechtschreibung einen geringeren Stellenwert bekommt. Korrekt geschriebene Textinhalte sind allerdings generell einfacher archivierbar und durchsuchbar und damit auch für blinde Menschen leichter nutzbar als audiovisuelle Inhalte oder Diktiertes mit Schreibfehlern. Welche Aspekte sollten Schulen und Lehrkräfte im Sinne der digitalen Barrierefreiheit beachten? Texte sollten immer als Text und nicht nur als Grafik gespeichert werden. Für grafische Inhalte, wie Diagramme, Landkarten, Filme oder Fotos muss es immer Beschreibungen beziehungsweise tastbare Alternativen geben, wenn sie auch von blinden und sehbehinderten Menschen genutzt werden sollen. Digitale Inhalte sollten von Lernenden mit Seheinschränkung außerdem möglichst auf individuellen Geräten genutzt werden können. Wenn eine sehbehinderte Schülerin einen Film auf einem Display direkt vor sich hat, kann sie sich alles so einstellen, wie sie es braucht. PowerPoint-Präsentationen oder der Inhalt des Whiteboards sollten ebenfalls von blinden oder sehbehinderten Schülerinnen und Schülern auf dem eigenen Laptop oder Tablet mitgelesen werden können. Welche Geräte, Funktionen und digitalen Programme bilden Ihrer Meinung nach die Basis für digitale Barrierefreiheit im Unterricht? Auf der Nutzerseite braucht es Geräte mit  Vergrößerungssoftware  für Sehbehinderte und mit  Screenreader  (Bildschirm-Auslese-Software) und Braillezeile für Blinde. Blinden Lernenden sollte meist die Möglichkeit gegeben werden, an einem  Computer (Laptop)  zu arbeiten. Das geht viel effizienter als auf einem Tablet. Die Inhalte sollten in einem  strukturierten Format   zum Beispiel mit XML  angeboten werden unter Einhaltung aller Standards der Barrierefreiheit. Worauf müssen Lehrkräfte achten, um die Bedürfnisse von sehbehinderten Schülerinnen und Schülern in Regelklassen zu wahren? Ein ganz wichtiger Punkt ist: Sehbehinderte Lernende werden nie zur Lehrkraft sagen: "Sie schreiben zu klein an die Tafel. Schreiben Sie bitte größer und wahren Sie mein Recht auf barrierefreien Unterricht." Kinder und Jugendliche mit Behinderung  aber wahrscheinlich auch mit anderen Hemmnissen  werden immer versuchen, sich irgendwie durchzumogeln, ohne aufzufallen. Die Lehrkräfte haben die Pflicht, für den Zugang aller zu ihrem Unterricht zu sorgen . Um herauszufinden, ob etwas bei Schülerinnen und Schülern mit Seheinschränkung ankommt  aber auch bei allen anderen , sollte man nicht fragen: "Siehst du das?" oder "Kannst du das lesen?" oder "Hast du das verstanden?". Die Antwort wird immer "Ja" sein. Eher sollten Lehrkräfte fragen: "Was siehst du?", "Was hast du verstanden?" und so weiter. Dann erfährt man, was tatsächlich bei den Lernenden angekommen ist.

Bildungsebene:

Sekundarstufe II

Frei zugänglich:

nein

Kostenpflichtig:

ja

Lernressourcentyp:

Arbeitsmaterial

Lizenz:

Frei nutzbares Material

Sprache:

Deutsch

Themenbereich:

Schule fachunabhängige Bildungsthemen sonstige fachunabhängige Bildungsthemen
Berufliche Bildung Berufliche Bildung allgemein Berufswahl, Berufsvorbereitung, Berufsberatung

Geeignet für:

Lehrer