Sprachsensibilität im Unterricht Methoden in der Praxis - Unterrichtsmaterial online bei Elixier

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In diesem Fachartikel stellt der Autor seine Praxiserfahrungen mit diversen Methoden des sprachsensiblen Unterrichtens vor. Sprachsensibilität ist ein Thema, das angesichts zunehmender sprachlicher Schwierigkeiten von Schülerinnen und Schülern einen wachsenden Stellenwert in der Didaktik hat, zumal fachliches Lernen an Sprache gekoppelt ist.

Anbieter:

Lehrer-Online | Eduversum GmbH, Taunusstr. 52, 65183 Wiesbaden

Autor:

Lars Fedeler

Lange Beschreibung:

"Sprachsensibel" unterrichten Sprache hat es manchmal in sich. Im Laufe der Sekundarstufe I und vor allem in der Sekundarstufe II werden Schülerinnen und Schüler immer häufiger mit Fachvokabular konfrontiert, das sie nicht nur verstehen, sondern auch aktiv verwenden sollen. Sowohl in als auch außerhalb der Schule schließlich lernt man ja "fürs Leben". Für "sprachschwache" Kinder und Jugendliche, die Deutsch erst im schulpflichtigen Alter gelernt haben oder mit geringem Zugang zu Bildung aufgewachsen sind, beschränken sich die sprachlichen Stolpersteine in der Schule nicht nur auf exotisch klingende Fachbegriffe. Für diese Schülerinnen und Schüler stellt die in der Schule genutzte Bildungssprache (im Kontrast zu den verschiedenen Formen von Alltagssprache) eine Schwierigkeit an sich dar. Sprachliche Probleme können vielfältig sein und nicht nur die Wortebene, sondern auch die Syntax betreffen, indem Beziehungen zwischen den Satzteilen oder satzübergreifende Verbindungen nicht erkannt werden. Wer Deutsch als Fremdsprache lernt, hat häufig auch Schwierigkeiten im Bereich der Phonetik. Vor diesem Hintergrund wird klar, dass sprachliche Hürden fachliches Lernen behindern oder sogar verhindern können. Aus dieser Feststellung ergibt sich der ganzheitliche Ansatz, Sprachdidaktik und Fachdidaktik zu verknüpfen. Der sogenannte "sprachsensible" oder "sprachbewusste" Unterricht zeichnet sich durch den gezielten Einsatz sprachlicher Unterstützungstechniken aus, die je nach Fachinhalt und Unterrichtssituation im Vorfeld eingeplant oder aber auch spontan angewendet werden können. Das Bewusstsein für die Wichtigkeit des Themas Sprachsensibilität in der Schule steigt - erkennbar an einem breiten Fortbildungsangebot zur Schulung von Lehrkräften. In diesem Fachartikel stelle ich situationsbezogen einige wichtige Methoden des sprachsensiblen Unterrichtens vor. Meine Fallbeispiele sollen demonstrieren, wie sich das Konzept praktisch umsetzen lässt und wie wichtig eine sprachbewusste Unterrichtsgestaltung für den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler ist. Aufgabenstellungen Politik-Klausur, Aufgabe 1: "Erläutere die Verfassungsprinzipien der Bundesrepublik Deutschland." In einem Schülerheft lese ich bei der Korrektur: "Demokratie, Rechtsstaat, Sozialstaat, Bundesstaat." Leider erhält der Schüler für diese Aufgabe nur einen Teil der maximalen Punktzahl. "Aufgabenstellung beachten!" , notiere ich als Randbemerkung. Ich erkläre ihm bei der Rückgabe, dass er die im Prädikat der Aufgabenstellung enthaltene Arbeitsanweisung leider nicht korrekt befolgt hat. Erläutern bedeutet eben nicht bloß auflisten oder benennen. Beispielsweise hätte der Schüler bei der Erläuterung des Begriffs Bundesstaat auf das Prinzip des Föderalismus eingehen können, aus dem sich die Einteilung des Gesamtstaates in 16 Bundesländer ergibt. Zudem hätte er das Vorhandensein der Länderebene als Kernelement der Bundesstaatlichkeit bezeichnen und die Teilung der Gesetzgebung zwischen Bund und Ländern skizzieren können. Dieser Vorfall, der sich zu Beginn meiner Lehrerlaufbahn ereignete, sensibilisierte mich als Lehrkraft für die Wichtigkeit, die in Arbeitsaufträgen enthaltenen Operationen zu verdeutlichen und mit den Lernenden im Unterricht einzuüben. Diese sprachliche Transparenz zahlt sich aus. "Aufgabenstellung beachten" ist bei meinen Korrekturen nur noch eine seltene Randbemerkung. Visualisierung "Greta Thunberg segelt über den Atlantik" , steht in einem Text über die junge schwedische Klimaaktivistin, den ich mit einer Lerngruppe im Politikunterricht besprechen möchte. Meine Schülerinnen und Schüler wissen, dass in der ersten Lesephase zunächst alle unklaren Begriffe zu markieren sind, bevor es um inhaltliche Fragen zum Text geht. Die allermeisten Jugendlichen in der Klasse haben Deutsch erst als Zweitsprache gelernt; außerdem gehören maritime Themen vermutlich nicht zu ihrem Lebensalltag. Ich rechne daher mit einem hohen Klärungsbedarf. Die erste Meldung eine Schülerin erkundigt sich nach der Bedeutung des Wortes segelt. Von den Mitschülerinnen und Mitschülern erklärt sich niemand bereit, die Frage zu beantworten. Also ist mein Einsatz gefragt: Spontan nehme ich ein Stück Kreide und male ein einfaches, als solches klar erkennbares Segelboot an die Tafel. "Dies ist ein Segel" , erkläre ich und schreibe den Begriff an die entsprechende Stelle. "Segeln ist das dazugehörige Verb."  Der Aha-Effekt in der Klasse ist groß. Eine einfache Visualisierung konnte ein zuvor unverständliches Wort verdeutlichen ohne weitere Erklärungen. Diese Methode wirkt nachhaltig und effektiv, denn ein Bild prägt sich viel besser ein als eine wortreiche Definition. Mit etwas Kreativität lassen sich übrigens sogar abstrakte Begriffe visualisieren. Gerne drücke ich auch Schülerinnen und Schülern die Kreide in die Hand, wenn es um Visualisierungen an der Tafel geht. Schließlich muss man keine Lehrkraft sein, um die Kunst des bildlichen Erklärens zu beherrschen. Pantomime Deutschunterricht, Thema Kurzgeschichten: Auch in dieser Situation habe ich mit den Schülerinnen und Schülern besprochen, dass die Textarbeit mit der Klärung unverständlicher Begriffe beginnt. Es geht um die Kurzgeschichte "Geier" von Theo Schmich; darin wird anfangs der Traum des Ich-Erzählers beschrieben, in dem mobbende Büroangestellte als Geier auf den Schränken des Büros ihres Opfers hocken. Nach der Bedeutung dieses Verbs wird gefragt. Diesmal meldet sich ein Schüler. Er steht von seinem Platz auf, setzt sich in die Hocke und verharrt einige Sekunden in dieser Position, bis die Mitschülerinnen und Mitschüler seine pantomimische Darstellung registriert haben. Dann reden wir im Plenum über das Wort und damit verwandte Begriffe in die Hocke gehen, herumhocken . Hocken zu visualisieren wäre mir (und auch den anderen im Klassenraum) spontan schwergefallen. In diesem Fall war Pantomime sicherlich eine geeignetere nonverbale Strategie, um die Bedeutung eines Begriffs darzustellen. Auch diese Methode gehört in das Repertoire des sprachsensiblen Unterrichtens. Umschreibung Wir bleiben in der bereits erwähnten Deutschstunde. "Harold ist zäh" , lautet ein Satz in der Kurzgeschichte "Geier". Ein Schüler erkundigt sich nach der Bedeutung des Wortes zäh . Dieser Begriff lässt sich nicht so einfach visualisieren oder pantomimisch darstellen. Auf den ersten Blick ein schwieriger Fall. "Ich kenne zähes Fleisch" , äußert sich eine Schülerin, "das kann man nur sehr schwer kauen." Einigen Mitschülerinnen und Mitschülern geht bereits ein Licht auf. Sie übertragen die Eigenschaft des zähen Fleisches auf die literarische Figur Harold in der Kurzgeschichte "Geier". "Das heißt also, dass Harold sich nicht so leicht unterkriegen lässt" , wagt ein Klassenkamerad eine zutreffende Vermutung. "Der ist mit anderen Worten ein ganz harter Typ, den das Schicksal nicht einfach so zerbeißen kann" , fügt ein anderer Schüler hinzu. Durch die Umschreibung des Begriffs haben die Lernenden bereits eine klare Vorstellung von der Bedeutung im Kontext der Kurzgeschichte. Trotzdem werfen wir noch per Beamer einen gemeinsamen Blick in die Online-Ausgabe eines renommierten Wörterbuchs und erhalten die Bestätigung für die Richtigkeit der Aussagen: Zäh wird in Bezug auf den Charakter eines Menschen als belastbar, ausdauernd und beharrlich definiert. Gezielte Übungen Sprachsensibilität im Unterricht lässt sich auch durch gezielte Übungen praktizieren. Diese sind an die Fachinhalte gekoppelt und betonen dabei sprachliche Aspekte: Lückentexte: Durch das Einsetzen passender Fachbegriffe in einen Lückentext wird den Schülerinnen und Schülern die jeweilige Wortbedeutung im Kontext eines Satzes bewusst. Wortfelder: Die Zuordnung passender Begriffe zu einem Ausgangswort trainiert die Herstellung sprachlicher Verknüpfungen in einem Sinnzusammenhang. Fehlersuche: Bauen Sie Fehler in einen Text ein, die von Ihren Schülerinnen und Schülern gesucht und gefunden werden. Damit üben die Lernenden die Reflexion über Wörter in einem bestimmten Kontext. Legen Sie aber Wert auf eine gründliche Besprechung, sodass sich keine Fehler einprägen. Fazit Fachliches Lernen ist nur auf der Grundlage von Sprache möglich. Daher sollten Sie als Lehrkraft ein Bewusstsein für die sprachlichen Hürden in den Fächern haben, die Sie unterrichten. Thematisieren Sie die fachspezifischen sprachlichen Anforderungen in intensiver Form und wenden Sie situationsgerecht Unterstützungstechniken des sprachsensiblen Unterrichtens an. Empfehlenswert ist zudem eine Sensibilisierung des gesamten Kollegiums für die Thematik im Rahmen einer Fortbildung. Literaturtipps Sie möchten mehr über Sprachsensibilität im Unterricht erfahren? Dann gebe ich Ihnen folgende Literaturtipps: Michalak, Magdalena; Lemke, Valerie; Goeke, Marius: Sprache im Fachunterricht. Eine Einführung in Deutsch als Zweitsprache und sprachbewussten Unterricht, Tübingen 2015. Becker-Mrotzek, Michael; Schramm, Karen; Thürmann, Eike; Vollmer, Helmut (Hrsg.): Sprache im Fach. Sprachlichkeit und fachliches Lernen, Münster 2013.

Bildungsebene:

Sekundarstufe I

Frei zugänglich:

nein

Kostenpflichtig:

ja

Lernressourcentyp:

Arbeitsmaterial

Lizenz:

Frei nutzbares Material

Sprache:

Deutsch

Themenbereich:

Schule fachunabhängige Bildungsthemen sonstige fachunabhängige Bildungsthemen
Berufliche Bildung Berufliche Bildung allgemein Berufswahl, Berufsvorbereitung, Berufsberatung

Geeignet für:

Lehrer