Interview: Motivationsförderung im digitalen Unterricht - Unterrichtsmaterial online bei Elixier

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In diesem Interview beantwortet Dr. Ria Nolte, promovierte Pädagogin und Lehrerin für Geographie, Mathematik und Darstellendes Spiel, Fragen rund um das Thema "Motivationsförderung im digitalen Unterricht". Dabei wird auch auf eine lernförderliche Unterrichtsgestaltung, die Rolle der Lehrkraft sowie Lernumgebungen im Präsenz-Unterricht eingegangen.

Anbieter:

Lehrer-Online | Eduversum GmbH, Taunusstr. 52, 65183 Wiesbaden

Autor:

Lehrer-Online

Lange Beschreibung:

Was ist Motivationsförderung? Wenn man von der Motivation als Gesamtheit der Beweggründe, die zur Handlungsbereitschaft führen, ausgeht, dann bedeutet Motivationsförderung ganz einfach gedacht, das Verändern beziehungsweise Aktivieren der Zielausrichtung, um das Handeln mehr oder weniger dauerhaft in eine bestimmte Richtung zu leiten. Die Grundmotive Zugehörigkeit, Macht und Leistung spielen dabei eine maßgebliche Rolle. Hier merkt man schon, dass die Motivationsförderung sowohl positiv als auch negativ ausgerichtet sein kann. Welche Möglichkeiten beziehungsweise Grenzen der Gestaltung lernförderlicher Unterrichtsgestaltung gibt es? Einerseits gibt es die Möglichkeit, Motivation über Ängste und Befürchtungen zu beeinflussen. Der Kampf gegen Wertlosigkeit, Ohnmachtsgefühle oder Versagen als ein Weg der Motivationsförderung bringt aus meiner Sicht nur kurzzeitig Erfolge mit sich. Das Ankämpfen gegen etwas ist stets von Stress und innerer Unruhe begleitet. Auch das ständige Verweisen auf Arbeiten und Prüfungen gehört dazu. Viel zielgerichteter und dauerhaft orientierend sind positive Ausrichtungen wie Zuwendung, Geborgenheit oder Vertrauen. Auch das Erkennen, welche Wertigkeit man in einer Gruppe innehat, dass die eigene Kreativität, die Neugier und auch die eigenen Leistungen anerkannt und geachtet werden, führen zu einer langfristigen Ausrichtung und der Entwicklung intrinsischer Motive des Handelns. Welche Rolle kommt der Lehrkraft zu? Das bedeutet für die Lehrkraft, dass sie alle Lernenden in ihrer Person beachten darf und muss, sie wertschätzend begleitet. Und ich bin der Überzeugung, dass nur mit dem Kind gemeinsam positiv orientierte Motive aktiviert werden können. Wir dürfen auf keinen Fall davon ausgehen, dass Schülerinnen und Schüler nur von uns etwas lernen wollen. Auch wir sind ihnen gegenüber Lernende. Eine Motivationsförderung von oben herab ist nicht mehr zeitgemäß. Doch manche Lehrkraft verwechselt dies mit Kumpelhaftigkeit und hat Ängste, an Respekt zu verlieren. Doch es ist offensichtlich: Wenn man den Lernenden keine Wertschätzung entgegenbringt, braucht man auf ihren Respekt nicht zu hoffen. Welche Unterschiede gibt es hinsichtlich der Motivationsförderung in digitalen Lernumgebungen und jener im Präsenz-Unterricht? In digitalen Lernsequenzen gelten die oben genannten Prinzipien ganz genau so, denn gerade das Arbeiten allein zu Hause ohne Feedback zeigt, wie problematisch eine fehlende Wertung für Kinder ist. Doch unter eine Arbeit nach der Korrektur mal ganz schnell eine positive Bemerkung schreiben oder ein Smiley setzen, ist je nach Art des digitalen Unterrichts kaum möglich. Hier erscheint es sehr wichtig, sich Zeit zu nehmen und allen Lernenden nach einer gewissen Zeit eine individuelle schriftliche Rückmeldung zu übermittelten. Auch eine Audiodatei birgt Möglichkeiten in sich, individuell Aufgaben zu werten und wertzuschätzen. Die positive Verstärkung bei Video-Konferenzen kann natürlich auch durch verbales Lob und Ermutigung sehr gut erfolgen. Virtuelle Gruppen-Räume bieten eine gute Möglichkeit dies auch in einem ganz persönlichen Gespräch zu tun. Inwiefern eröffnen digitale Lernumgebungen neue Chancen und Wege? Ich sehe hier die Chance, neu über Bewertungen und Benotung nachzudenken. Diese Art von Motivationsförderung muss aus meiner Sicht, da sie für viele Menschen negativ orientiert und stressbezogen ist, überdacht werden. Auch das prozessbegleitende Werten ist hier so gut wie nicht relevant, da es immer subjektiver wird. Gleichzeitig durfte ich feststellen, dass die Schülerinnen und Schüler in dieser Zeit einen ungeheuren Zuwachs an Kompetenzen im Bereich der Selbstorganisation und Selbstständigkeit verzeichnen konnten und mussten. Ihnen das auch aufzuzeigen und nicht nur den Wert auf den nicht erteilten Unterrichtsstoff zu legen, ist eine der Aufgaben, die wir Lehrkräfte im Blick haben sollen. Wie kann Motivation in digitalen Lernumgebungen konkret gefördert werden? Wenn ich von digitaler Lernumgebung spreche, meine ich nicht, dass Schülerinnen und Schüler nur per Computer Aufgaben bekommen, die sie dann an die Lehrkraft zurückschicken. Digitale Lernumgebung ist für mich Unterricht mit einem großen Anteil an digitaler Präsenz der Hauptakteure. Das bedeutet, dass ich als Lehrperson da sein muss, wenn es Fragen gibt. Ich habe die Aufgabe, den Unterricht auch transparent für die Lernenden zu gestalten, sie in die didaktischen Schrittfolgen einzuführen, damit sie wissen, was sie warum und wann machen können, um die Inhalte zu erarbeiten, zu verstehen und zu transformieren. Motivation ist immer wieder ein sehr spannendes und viel diskutiertes Thema. Ich gehe immer wieder davon aus, dass ich Motivation in anderen Menschen nicht schaffen kann. Ich kann meinen Schülerinnen und Schülern einen Stups geben, damit sie Möglichkeiten finden, in dem zu vermittelnden Stoff Dinge zu finden, die sie interessieren, die sie eventuell benötigen oder die sie als wichtig erachten, um etwas zu erreichen. Auf dieser Grundlage gehe ich immer wieder von den individuellen Interessen, den Alleinstellungsmerkmalen der Klasse aus und nehme die Lernenden mit auf die Reise. Bereits bei Planung der Unterrichtseinheiten, auch in digitaler Arbeitsweise, frage ich nach Interessen oder speziellen Themenschwerpunkten, die besonders interessieren. Auch Diskussionen über die Notwendigkeiten oder die Hintergründe von Unterrichtsinhalten sind ein gutes Mittel. In Video-Konferenzen lässt sich das sehr gut über virtuelle Gruppen-Räume organisieren. Auch Wertungen und Feedback in digitaler Form können dazu beitragen, dass Motivation entsteht. Wer wertgeschätzt wird, arbeitet gern mit demjenigen zusammen, der ihn wertschätzt, auch wenn das Thema mal nicht so interessant ist. Welche Learnings können aus Pandemiezeiten mit in die Unterrichtsgestaltung für "danach" mitgenommen werden? Die Planung von Unterricht ist keine Einbahnstraße. Überlegungen zu Bewertungsmöglichkeiten sind sowohl für Präsenz- als auch für digitale Unterrichtssequenzen einzuplanen. Die Auswahl des Materials unterliegt massiven Veränderungen. Arbeit mit digitalen Video-Clips ist kein Ersatz, jedoch ein Hilfsmittel, das wir einsetzen sollten, beispielsweise, wenn wir nicht vor Ort sein können. Unser Geschick ist gefragt, digital zur Verfügung stehende Unterrichtsmaterialen auszuwählen und bewusst in den gemeinsamen Unterricht zu integrieren. Die Lernenden sollten und können bei der Auswahl behilflich sein. Auch im digitaler Zeit gilt: Ein gesunder Wechsel zwischen verschiedenen Methoden bereichert den Unterricht. Noch mehr sollen wir darauf achten, dass alle dabei sind und mitarbeiten. Zumeist geht es nur über die Kontrolle der Ergebnisse. Die Bewertung von Mitarbeit muss angepasst werden. Schülerinnen und Schüler können sich sehr wohl selbst organisieren. Wir müssen es nur eher einführen und immer wieder praktizieren. Das Arbeiten mit digitalen Aufzeichnungen kann und soll bereits sehr zeitig Eingang in den Präsenz-Unterricht finden. Ein Verbot von Handys im Unterricht ist nicht mehr zeitgemäß und reißt uns viele Möglichkeiten des digitalen Arbeitens schon in Präsenz-Phasen aus der Hand. Wertschätzung ist der wichtige Faktor, der dieses Arbeiten möglich macht. Wenn ich Schülerinnen und Schüler wertschätze, dann kann auch ich mit Respekt rechnen. Schule wird und muss sich verändern. Die Gesellschaft ist schon mittendrin. Lernen wir also von unseren Schülerinnen und Schülern sowie ihren Eltern.

Bildungsebene:

Sekundarstufe I

Frei zugänglich:

nein

Kostenpflichtig:

ja

Lernressourcentyp:

Arbeitsmaterial

Lizenz:

Frei nutzbares Material

Sprache:

Deutsch

Themenbereich:

Schule fachunabhängige Bildungsthemen sonstige fachunabhängige Bildungsthemen
Berufliche Bildung Berufliche Bildung allgemein Berufswahl, Berufsvorbereitung, Berufsberatung

Geeignet für:

Lehrer