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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 23.01.2006:

Schneller, praxisorientierter und internationaler

Was sich durch die Einführung von Bachelor und Master ändert

Bis 2010 soll es so weit sein. In den nächsten vier Jahren werden Magister-, Staatsexamens- und Diplomstudiengänge auf das zweistufige Studienmodell Bachelor und Master umgestellt. Ziel der groß angelegten Studienreform ist die Schaffung eines europaweiten einheitlichen Studienraumes, der es den Studierenden ermöglicht, aufgrund vergleichbarer Abschlüsse und eines Studienpunktesystems beliebig zwischen den Hochschulen der Mitgliedstaaten zu wechseln. Darauf einigten sich 29 europäische Länder im Jahr 1999 in der so genannten Bologna-Erklärung. Seitdem haben sich sechzehn weitere Staaten dem Abkommen angeschlossen.

Das neue Regelstudium: der Bachelor
In Anlehnung an das angloamerikanische Modell soll der Bachelor zukünftig zum Regelstudium werden. Ausgenommen sind teilweise noch staatlich geregelte Studiengänge wie Medizin und Rechtswissenschaften, Lehramtsstudiengänge sowie Studiengänge mit kirchlichem Abschluss, für die in den Bundesländern vorerst besondere Regelungen vorbehalten bleiben.
Im Rahmen des Bachelorstudienganges kann man ein oder zwei Fächer studieren und man erhält nach erfolgreich verlaufenem Studium den Bachelor of Arts (BA - meist geistes- und sozialwissenschaftliche Studiengänge), den Bachelor of Science (BSc, - meist naturwissenschaftliche Studiengänge) oder den Bachelor of Engineering (BEng - in den Ingenieurwissenschaften). Die Zulassungsvoraussetzungen sind in Deutschland für die Universitäten die Hochschulreife, in der Regel das Abitur, und für Fachhochschulen bzw. in einigen Ländern auch für Berufsakademien die Fachhochschulreife. Diese wird in der Regel nach 12 Schuljahren an der Fachoberschule oder unter bestimmten Voraussetzungen an anderen beruflichen Vollzeitschulen erworben.

Der Bachelor als erster berufsqualifizierender Abschluss
Im Gegensatz zu den herkömmlichen Studiengängen soll der Bachelor schneller, praxisorientierter und internationaler ausgerichtet sein. Nach sechs, maximal sieben Semestern hat man mit dem Bachelor einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss erreicht. Damit soll auch der hohen Anzahl der Studienabbrecher gerade in den höheren Semestern entgegengewirkt werden. Zahlen, die dies bestätigen, liegen aber bislang noch nicht vor. Die Universitäten und Fachhochschulen legen in den Bachelor-Studiengängen angesichts der sich rasch wandelnden Verhältnisse in der Arbeitswelt und dem ständigen Entstehen neuer Berufe Wert auf eine Berufsbefähigung und Arbeitsmarktfähigkeit ("Employability") für verschiedene Tätigkeiten und Berufsfelder. Wichtiges Grundlagen- und Fachwissen wird deshalb mit der Vermittlung von Anwendungs-, Methoden- und Schlüsselkompetenzen kombiniert oder mit Themen aus so genannten "General Studies" wie Fremdsprachen, Informationstechnologien/EDV, Präsentation, Kommunikation, Rhetorik und mit berufsorientierenden Praktika angereichert. Damit soll auch die Mobilität der Studierenden und ein problemloser Wechsel ins und aus dem Ausland vorbereitet werden. Hier werden allerdings erste Unstimmigkeiten dokumentiert: Amerikanische Universitäten sind verunsichert, weil ein Bachelor bei ihnen vier Jahre dauert und befürchtet wird, dass man in drei Jahren nicht das gleiche Pensum schafft.

Der Weg in die Wissenschaft: der Master
Nach dem mehr praxisbezogenen Bachelor haben Absolventen die Möglichkeit, in einer weiteren Stufe, die meist vier Semester dauert, den Master zu machen. In dieser Zeit kann das Grundlagen- und Fachwissen durch wissenschaftliche Studien und Forschungsarbeiten vertieft werden. Es ist auch möglich, nach dem Bachelor eine erste Berufsphase einzuschieben und dann wieder an die Hochschule zurückzukehren und ein Masterstudium aufzunehmen.

Der Master bereitet auf eine wissenschaftliche Tätigkeit an Hochschulen und Forschungseinrichtungen vor, aber auch auf Berufsfelder, die eine vertiefte wissenschaftliche Ausbildung erfordern: Aufgaben mit Führungs-, Leitungs- und Personalverantwortung. Auch dort, wo die Umstellung auf Bachelor und Master bereits in der Lehrerausbildung Einzug gehalten hat, qualifiziert erst der Master zum Lehrerberuf. Masterabschlüsse, die an Universitäten, gleichgestellten Hochschulen und Fachhochschulen erworben wurden, sind grundsätzlich gleichrangig. Sie führen alle zur grundsätzlichen Berechtigung für eine Promotion.

Neben der Möglichkeit, sich im Masterstudium im Rahmen seines Fachgebietes zu spezialisieren, gibt es auch Master-Studiengänge, die ein weiteres Fachgebiet erschließen. Zum Beispiel kann man den Bachelor in Ingenieurwissenschaften machen und einen Master of Business Administration anschließen. Die wirtschaftswissenschaftlichen Kenntnisse sollen Ingenieuren dazu verhelfen, Führungspositionen besser wahrzunehmen. Allerdings qualifiziert nicht jeder Bachelor für jeden Master und es gibt auch Bachelor-Studiengänge, an die kein Master anschließt. Wer vorhat, einen Master zu machen, sollte bei der Wahl seiner Universität darauf achten, dass dort konsekutive Studiengänge angeboten werden, also Studiengänge, die aufbauend auf den Erwerb eines fachlich entsprechenden Bachelorgrades zu einem Masterabschluss führen. Studiengänge, die aufeinander abgestimmt sind bzw. thematisch miteinander verzahnt sind, werden mit größerer Wahrscheinlichkeit auch zukünftig noch finanziell unterstützt als nicht konsekutive Studiengänge.

Problematisch ist, dass voraussichtlich nicht alle Bachelorabsolventinnen und -absolventen, die dies wollen, einen Master anschließen können. Grundsätzlich berechtigt zwar der Bachelor zur Aufnahme eines Master-Studiums, zusätzlich zu einem ersten berufsqualifizierenden Studienabschluss kann die Hochschule aber weitere Zulassungskriterien festsetzen. Diskutiert wird, dass die Zulassungsvoraussetzungen für den Master ähnlich wie bei der Promotion an gute Leistungen gebunden werden sollen. Was "gut genug" heißt, ist allerdings noch nicht deutlich definiert und wird vielleicht von Hochschule zu Hochschule unterschiedlich sein.

Scheine sammeln ade: Credits und Module
Im Gegensatz zum herkömmlichen Studiensystem werden die neuen Studiengänge in Module gegliedert. Ein Modul besteht beispielsweise aus einer Vorlesung, einem Seminar mit einführendem Charakter und einem vertiefenden Seminar zu einem Themenkomplex. Leistungen wie Klausuren, Referate oder Hausarbeiten werden sowohl in den einzelnen Veranstaltungen als auch modulübergreifend, oft durch eine Klausur, die alle zwei oder drei Veranstaltungen umfasst, erbracht. Dadurch soll ein vertiefter Wissenserwerb in den Themen- und Fachgebieten entstehen. Die Vorgabe vieler Veranstaltungen schränkt die Studierenden in ihren Wahlmöglichkeiten ein, macht das Studium für sie aber auch strukturierter und planbarer.

Der Schein für die erfolgreiche Teilnahme an einem Seminar in seiner bisherigen Form entfällt. Für jede erbrachte Leistung wird es Leistungspunkte (Credit-Points) geben, die nach Arbeitsaufwand bemessen sind. Die Credit-Points erfassen den gesamten studentischen Arbeitsaufwand, also auch das Selbststudium, d.h. den Zeitaufwand für die Vor- und Nachbereitung des Lehrstoffes, den Prüfungsaufwand und die Prüfungsvorbereitungen einschließlich Abschluss- und Studienarbeiten sowie gegebenenfalls Praktika. Ein Credit-Point entspricht im Durchschnitt einer Arbeitsbelastung von 30 Stunden. Ein Semester ist auf 30 Credit-Points ausgelegt. Damit schaffen Credit-Points Transparenz über den erforderlichen Aufwand und die erworbenen Kompetenzen. Sie werden über das Studium hinweg gesammelt. Leistungsüberprüfungen finden während des Studiums (in den Modulen) statt, nicht, wie im bisherigen Modell, in einem Prüfungsmarathon am Ende des Studiums. Die Studierenden müssen also kontinuierlichere Leistungen erbringen. Die Abschlussnote hängt damit nicht mehr allein von den letzten großen Prüfungen und Arbeiten ab, wie es meist beim Diplom, Magister oder Staatsexamen der Fall war. Am Ende des Studiums erfolgt nur noch eine Prüfung geringeren Umfangs.

Damit die Studienleistungen bei einem Hochschulwechsel im In- und Ausland leichter anerkannt werden, führen die europäischen Hochschulen mehrheitlich das Leistungspunktesystem "European Credit Transfer and Accumulation System" (ECTS) ein.

Die Studienreform schreitet voran
Seit Einführung der neuen Studiengänge stellen die deutschen Hochschulen ihr System kontinuierlich um. Herkömmliche Studiengänge sollen bis 2010 in der Regel auslaufen. Laut einer aktuellen Studie der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) ist die Zahl der Bachelor- und Masterstudiengänge zum Wintersemester 2005/2006 um weitere 29 Prozent auf 3.797 gestiegen. Damit führen jetzt 34 Prozent aller Studiengänge an deutschen Hochschulen zu den Abschlüssen Bachelor oder Master. Überwog in den letzten Jahren noch der Bereich der kleinen und spezialisierten Masterstudiengänge, liegt der größte Anteil der Umstellungen jetzt im Bereich der Bachelor-Studiengänge: 2.138 Bachelor- stehen 1.659 Masterstudienmöglichkeiten gegenüber.

Geprüft werden die neuen Studiengänge von dem Akkreditierungsrat bzw. von Akkreditierungsagenturen, die von ihm dazu beauftragt werden: Wissenschaftler, Vertreter der Berufspraxis und Studierende untersuchen den Studiengang gemeinsam und überarbeiten die Curricula vor ihrer offiziellen Freigabe. Aufgrund der Vielzahl der Umstellungen hat der Akkreditierungsrat noch nicht alle Studiengänge überprüft. Im März 2005 waren insgesamt 987 der derzeit angebotenen Bachelor- und Masterstudiengänge akkreditiert, davon 460 Bachelor- und 527 Masterstudiengänge.

Ein Schnitt, der sich im europäischen Vergleich sehen lassen kann. Wenn Universitäten und Fachhochschulen ihr Tempo beibehalten, wird die Umstellung bis zum Jahr 2010, bis auf Ausnahmen, vollzogen sein.

Autor(in): Petra Schraml
Kontakt zur Redaktion
Datum: 23.01.2006
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