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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 04.03.2001:

Auch in der Ausbildung die Nase vorn

Multimedia-Agenturen hängen in der Ausbildung die Old Economy ab

Die Multimedia-Branche war bislang eine Oase für Hochschulabsolventen und Studienabbrecher - fast 80% der Programmierer, Web-Designer und Projektmanager rekrutieren sich aus diesen beiden Gruppen. Doch die Zeiten der Quereinsteiger sind bald vorbei. Der enorme Personalbedarf an Fachkräften lässt sich aus diesem Reservoir nicht decken. Studien- und Ausbildungsgänge sollen den Wildwuchs mindern und die Norm der dualen Ausbildung auch in der "Akademiker-Branche" durchsetzen. Knapp die Hälfte der dreitausend Agenturen in Deutschland bildet jetzt schon aus, die Wirtschaft insgesamt hinkt dieser Ausbildungsbereitschaft deutlich hinterher - nur 23% bildet heute noch aus. Nur die Branche "KFZ/Elektrotechnik" halten noch den Anschluss.

Duale Ausbildung oft noch unbekannt

Allerdings will nur jede sechste Agentur, die heute nicht ausbildet, in das duale Ausbildungssystem einsteigen - das belegt die Studie "Ausbildung für die Internet-Ökonomie", welche das Wirtschaftsministerium in Auftrag gab. Neben Zeitmangel und Betriebsgröße, die gegen Azubis im eigenen Betrieb sprechen, rangieren folgende Argumente ganz oben auf der Liste: Die fehlende Ausbildereignung und ungeeignete Ausbildungsberufe. Die Umfrage unter den Personalverantwortlichen enthüllt vor allem, dass in der Multimedia-Branche noch große Unkenntnis über die duale Ausbildung herrscht. Hans Borch vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) erklärt die Zurückhaltung so: "Die neuen Betriebe haben oft sehr wenige Mitarbeiter und keine Tradition in der Ausbildung. Ihre Gründer kommen meist von der Hochschule und wissen nicht, ob und wie sie ausbilden dürfen und was für Hindernisse es gibt. Meistens resultiert die Abneigung gegen die Ausbildung aber auch aus Vorurteilen und Klischees." "Die müssen sich erst langsam an die Aubildung herantasten", stimmt auch Dr. Lutz Goertz vom Deutschen Multimedia Verband (DMMV) zu. Eine "Informationsoffensive" in den Unternehmen, fordert Dr. Lutz Michel von Michel Medienforschung und Beratung (MMB), der die Untersuchung für das Wirtschaftsministerium durchführte.

Web-Design auf dem Wunschzettel der Agenturen
Tatsache ist, dass die neuen Berufe - Fachinformatiker, IT-Systemelektroniker, IT-Systemkaufmann, Informatikkaufmann und Mediengestalter - Steigerungsraten von bis zu 110% hingelegt haben, seit sie vor vier Jahren ins Leben gerufen wurden. Spitzenreiter ist der Fachinformatiker. Warum aber können viele Unternehmen mit den neuen Ausbildungsberufen nichts anfangen? "Veraltet, starr und unpassend für ein Fachgebiet mit schnell wachsendem Wissen", kritisiert der DMMV. Für Dr. Michel ist es dringend notwendig, dass Ausbildungsberufe "auch den spezifischen Qualifikationsanforderungen der Branche entsprechen". Und die haben, ginge es nach den Unternehmen, auch einen Namen: Web-Design und Programmierung. Natürlich können nicht alle zwei Jahre neue Ausbildungsgänge angeboten werden, doch es birgt Risiken dem Fachinformatiker oder Mediengestalter auch noch das Web-Design unterzuschieben. Die Ausbildung läuft Gefahr, beliebig, allgemein und undefiniert zu werden. "Die normalen betrieblichen Ausbildungen dauern auch viel zu lange, denn die Halbwertszeit von Wissen beträgt im Internet-Business vielleicht ein Jahr", meint Jens Scharnetzki, Multimedia-Producer aus Köln, im Interview mit dem Forum Bildung.

Berufsschule als Sorgenkind
Ein Dorn im Auge der Unternehmen ist die Berufsschule: Es fehlen Berufsschullehrer und eine speziell zugeschnittene Lehrerausbildung. "Je erfolgreicher die Berufe werden, desto schwieriger wird die Personalsituation in den Berufsschulen", fasst Hans Borch vom BIBB die Situation zusammen. Der DMMV bezeichnet die Berufsschulen gar als Bremse, denn die zeitliche Struktur passe nicht zur Arbeitsweise der neuen Unternehmen. Dort arbeite man nun einmal projektbezogen und so würden einzelne Berufsschultage die Arbeit stören. Vorteilhaft sei deshalb den Berufsschulunterricht in Blöcken zusammenzufassen - mehr Planungssicherheit für alle Beteiligten. Die Lehrermisere umgehen viele Länder so, indem sie Fachkräfte aus der Branche anwerben. Das entlastet die Berufsschulen aber nicht genug, auch deshalb, weil viele wieder abspringen, wenn sie merken, dass sie nicht unterrichten können. BIBB, DMMV und MMB fordern unisono, dass private Weiterbildungsträger, die in der Qualifizierung von Quereinsteigern viel Erfahrung haben, einbezogen werden. Das duale System muss zu einem "triadischen System" werden. Mehr Berufsschullehrer aus der Branche und ein drittes Standbein für die duale Betriebsausbildung könnte ein vielversprechender Weg in Richtung New Education sein.

Autor(in): Udo Löffler
Kontakt zur Redaktion
Datum: 04.03.2001
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