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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 23.12.2004:

Viele Köche verderben nicht immer den Brei

Verschiedene Wege führen zum Ziel: Die Landesinstitute für Lehrerbildung
Das Bild zum Artikel
Lehrer bei der Suche nach neuen Lehrbüchern
Quelle: Bildung PLUS

Der Druck kam nicht erst mit PISA. Bereits die internationale Vergleichsstudie TIMS aus dem Jahr 1997 verpasste den zentralen Einrichtungen, die - in Form von  Landesinstituten oder staatlichen Akademien - für die Lehrerfortbildung verantwortlich sind, einen Schubs ins Rampenlicht. Dann kam der Pisa-Schock und die Forderung, in der Schule müsste alles besser und anders sein. Kein Wunder, dass auch die Landesinstitute ins Rampenlicht gerieten, denn  nachgeordnete Einrichtungen der Kultusministerien spielen eine wichtige Rolle bei der schnellen und effizienten Umsetzung von Reformvorhaben in die Praxis.

Wie reagieren die verantwortlichen Institute und Akademien in den 16 Bundesländern auf die neuen Herausforderungen? Auf keinen Fall passiv, denn es ist einiges in Bewegung gekommen auf dem Terrain der Lehrerbildung und Schulentwicklung. Alle Landesinstitute haben ein Ziel vor Augen: generell die Qualität von Schule zu verbessern. Der Weg, um dieses Ziel zu erreichen, ist aber von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich. Das zeigt allein schon der Wirrwarr in der Organisationsstruktur: Bis zu 60 Einrichtungen waren bis vor kurzem in den Bundesländern für die verschiedenen Aspekte der Lehrerfortbildung zuständig. Oftmals sind Lehrerbildung und Schulentwicklung in verschiedenen Instituten untergebracht. In jüngster Zeit ist ein Umdenken erkennbar und die Einsicht, dass die verschiedenen Bereiche besser verzahnt und neue Aufgabenfelder erschlossen  werden müssen, setzt sich langsam durch.

Eine organisatorische Umstrukturierung ist zum Beispiel aktuell in Hessen zu beobachten. Dort wird ab Januar das bisherige Amt für Lehrerausbildung auch einen spezifischen Beeich der Lehrerfortbildung übernehmen. Es wird umgetauft und bisher getrennte Funktionen werden im neuen "Amt für Lehrerbildung" zusammengeführt, übrigens unter einem Dach mit dem neugegründeten "Institut für Qualitätsentwicklung". In Schleswig-Holstein gehört die Lehrerbildung zusammen mit der Schulentwicklung schon seit dem Jahr 2003 zum gemeinsamen Aufgabengebiet im "Institut für Qualitätsentwicklung in Schulen" (IQSH). Auch Brandenburg hat den Weg der Verschmelzung längst beschritten: Das Pädagogische Landesinstitut Brandenburg und das Medienpädagogische Zentrum Brandenburg wurden vergangenes Jahr zum Landesinstitut für Schule und Medien Brandenburg zusammengefasst.

Diese Entwicklung hat aber auch ihre Kritiker. Die "Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft" (GEW) warnt davor, dass neben den positiven Synergieeffekten die eine oder andere Fusion auch ein schlichtes "Sparmodell" sein können. Besonders argwöhnisch beobachtet die Gewerkschaft, dass sich manche Landesinstitute für Lehrerbildung, die bislang auch selbst ein Spektrum an Fortbildungsveranstaltungen bereitstellten, in reine Akkreditierungsagenturen verwandelten und der Staat sich so Stück für Stück aus der Weiterbildung verabschiede.    

Die Straffung der Organisationsstruktur ist nur ein Aspekt. Darüber hinaus soll die Weiterbildung selbst aber auch regionaler, flexibler und individueller werden. Standardisierte Seminarangebote werden zunehmend obsolet, die Tendenz geht hin zu schulinternen Schulungen, die auf den jeweiligen Bedarf zugeschnitten sind und die Schule als Ganzes voranbringen. Diese seit einigen Jahren zu beobachtende Strukturveränderung  trägt auch der ständig zunehmenden Eigenverantwortung von Schulen Rechnung.  

Inhaltlich lassen sich drei Bereiche ausmachen, in die alle Landesinstitute mit unterschiedlicher Intensität investieren: Schulqualität, Unterrichtsqualität und die Lehrerinnen und Lehrer selbst. Natürlich laufen begriffliche Kategorisierungen Gefahr, nicht ganz wasserdicht zu sein, doch nur so lassen sich grobe Entwicklungen nachzeichnen. So hat der Terminus Bildungsstandards natürlich viel mit Unterrichtsqualität zu tun, ist aber auch untrennbar mit dem System Schule verknüpft. Im Bereich Schulqualität hat die Einführung von Bildungsstandrads und die regelmäßige Überprüfung ihres Erreichens von Nord bis Süd neue Aufgaben auch für die Landesinstitute mit sich gebracht. 

Vorausgegangen war, dass die Kultusministerkonferenz innerhalb eines Jahres verbindliche Bildungsstandards für verschiedene Fächer und Bildungsphasen verabschiedet hatte. Die Institute sind nun für die Übersetzung dieser Standards in die Praxis verantwortlich. Schritt für Schritt nähern sich viele Landesinstitute dieser Aufgabe: Etwa durch Entwicklung von Rahmen- oder Kernlehrplänen und durch Entwicklung und Anwendung verschiedener Massinstrumente wie z.B. Lernstandsanalysen, in Nordrhein-Westfalen und Brandenburg sowie zentrale Klassenarbeiten und landeseinheitliche Vergleichsarbeiten, beispielsweise in Brandenburg und Sachsen-Anhalt.

Landesinstitute spielen auch eine Rolle bei der Schulentwicklung, insbesondere bei der Entwicklung von Schulprogrammen. Viele Landesinstitute reagieren mit Beratungsangeboten auf die Ratlosigkeit vieler Schulen, wie sie nun zu einem eigenen Schulprogramm kommen können. Hilfreich sind in diesem relativ neuen Bereich Modellversuche wie z.B. "QuiSS - Qualitätssicherung in Schulen und Schulsystemen", das unter der Leitung des Landesinstituts für Lehrerfortbildung, Lehrerweiterbildung und Unterrichtsforschung in Sachsen-Anhalt auf die Erstellung von Kriterien für eine erfolgreiche Entwicklung, Evaluation und Fortschreibung von Schulprogrammen zielt. Hier wird deutlich, wohin die Reise der Landesinstitute geht. Sie schlüpfen mehr und mehr in die Rolle einer Beratungsagentur, die Schulen auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit beraten.   

Der zweite große Arbeitsbereich der Landesinstutute bezieht sich auf die Unterrichtsqualität. Die Themen Lesekompetenz, Förderung von Migrantinnen und Migranten sowie Fremdsprachen stehen bei den meisten Einrichtungen ganz hoch im Kurs. Doch auf den zweiten Blick werden noch zwei weitere Entwicklungslinien sichtbar: Zum einen natürlich die Naturwissenschaften und Mathematik und zum anderen generell neue Lernformen. Eine Vielzahl der befragten Institute verweist auf die Bedeutung des Projekts SINUS-Transfer der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK), das an fast 800 Schulen die Ergebnisse des vorangegangen SINUS-Projekts einbringen will. Dabei geht es um die Steigerung der Effizienz des mathematisch- naturwissenschaftlichen Unterrichts. In die Verbesserung des Mathematik-Unterrichts investiert beispielsweise besonders die Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführungen in Bayern. Bereits seit dem Schuljahr 2003/2004 kümmert sich die Akademie intensiv um die Weiterentwicklung des mathematisch-naturwissenschaftliche Unterrichts. Sie veranstaltet Wettbewerbe und bietet Schulungen zur Förderung rechenschwacher Schüler in der Grundschule und zur Diagnosekompetenz der Lehrkräfte an.    

Unterricht kann auch besser werden, wenn neue Lernformen zur Anwendung kommen. Leistung und die persönliche Entwicklung funktionieren deutlich besser, wenn Schülerinnen und Schüler in Eigenregie, selbstgesteuert, arbeiten können. Doch auch dieses Lernen will gelernt sein: So vermittelt z.B. das bayerische Landesinstitut Lehrerinnen und Lehrern, wie sie "schüleraktivierende Lernformen" einsetzen können, und in Sachsen-Anhalt gibt es einen "Kurs Lernmethode".  

Vor allem, wenn es um das Lernen geht, zeigt sich die enge Verzahnung des Arbeitsgebietes Unterrichtsqualität und dem dritten großen Bereich der Landesinstitute, der kontinuierlichen Professionalisierung der Lehrkräfte durch Lehrerfortbildung. Neben dem weiterhin nötigen Angebot an fachlichen Weiterbildungen gibt es im Bereich der Lehrerfortbildung zahlreiche Angebote, die Lehrerinnen und Lehrer allgemein dabei unterstützen, sich auf die neuen Herausforderungen der Schule einzustellen. So wird im Zeichen der individuellen Förderung viel Wert auf die Diagnosekompetenz von Lernleistungen bei Pädagogen gelegt. Und mit Blick auf die erhöhten Gastaltungsspielräume und Verantwortlichkeiten, auf den Boom der Schulprogramme und Selbstevaluation, wird ein großer Schwerpunkt auch auf die Qualifizierung von Führungskräften an den Schulen gelegt. Damit Lehrerinnen und Lehrer kontinuierlich ihre Kompetenzen erhalten und weiterentwickeln, gibt es z.B. in Bayern und Hessen eine verbindliche Fortbildungsverpflichtung für Lehrerinnen und Lehrer. In Hessen müssen Pädagogen sogar ein persönliches Weiterbildungs-Portfolio führen.

Die Ganztagsschule, ein Thema, das in der bildungspolitischen Agenda dominiert, kommt übrigens in den befragten Instituten gar nicht so häufig vor. Lediglich in Brandenburg wurde die fachliche Unterstützung im Bereich des Ganztagsschulprogramms deutlich als Aufgabe des Landesinstituts genannt.

Autor(in): Udo Löffler
Kontakt zur Redaktion
Datum: 23.12.2004
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