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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 12.04.2000:

"Der Schlüssel zur Integration ist die Sprache"

Kultusministerin Schavan im Interview

Forum Bildung: Worin besteht für Sie das Leitbild einer lernenden Gesellschaft?

Schavan: Lebenslanges Lernen dient in einer Zeit schnellen Wandels nicht allein der Behebung persönlicher Defizite. Es ist die Antwort auf die Frage, wie in einer alternden Gesellschaft das notwendige Innovationspotential gesichert werden kann. In der lernenden Gesellschaft wirken deshalb alle Bildungseinrichtungen mit einem je eigenen Beitrag zur Weiterbildung zusammen. Zum Leitbild gehören neue Wege des selbstgesteuerten Lernens und damit verbundene Beratungsmöglichkeiten in Lernagenturen. Wir stehen zu einer Pluralität der Träger im Bereich der Weiterbildung. Die CDU fordert die Gründung einer unabhängigen "Stiftung Bildungstest" für Transparenz, Offenheit, Qualität und Verbraucherschutz in der Weiterbildung. Sie soll anerkannte Standards in der Weiterbildung durchsetzen.

Forum Bildung: Wie lässt sich in der Schule des 21. Jahrhunderts die alte pädagogische Forderung der Einheit von Kopf, Herz und Hand realisieren?

Schavan: Unser Bildungswesen braucht eine umfassende Neubewertung des praktischen Lernens in allen Schularten. Es darf nicht nur der gefördert werden, dem Theorie, Modell und Abstraktion liegen. Es müssen auch die zu ihrem Recht kommen, die praktische, gestalterische, musische und soziale Talente haben. Sowohl Unterrichtsdidaktik als auch Prüfungsformen bedürfen der Weiterentwicklung, ein Beispiel dafür ist die Projektprüfung an Hauptschulen, die wir in Baden-Württemberg eingeführt haben.

Forum Bildung: Welche Rolle spielt die Qualifikation der Lehrkräfte bei der Bewältigung anstehender Aufgaben im Bildungswesen?

Schavan: Die Lehrerausbildung ist der Schlüssel für die erzieherische Kraft der Schule. Ein ethisch-philosophisches Grundlagenstudium sollte Teil jeder Lehrerausbildung sein. Im Mittelpunkt der Ausbildung muss der pädagogische "Ernstfall" stehen. Deshalb sollte der Praxisanteil der Lehrerbildung stärker gewichtet werden. Über das fachliche und fachdidaktische Studium hinaus ist es wichtig, Lehrerinnen und Lehrer in Aus- und Fortbildung zur verantwortungsvollen Erziehung der ihnen anvertrauten jungen Menschen zu befähigen.

Forum Bildung: Welchen Platz müssen die Neuen Medien im Bildungswesen Deutschlands einnehmen?

Schavan: Im Alltag der Schülerinnen und Schüler spielen die Neuen Medien bereits eine wichtige Rolle. Darauf muss die Schule reagieren und Computer in das Unterrichtsgeschehen integrieren. Für den sinnvollen Einsatz der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien in unseren Schulen brauchen wir überzeugende neue Lernkonzepte, die Computer und Internet in den Unterricht verschiedener Fächer systematisch einbinden. Bildungspläne müssen überarbeitet werden, schultaugliche Software entwickelt und neue Akzente in der Lehrerbildung gesetzt werden. Es reicht nicht aus, Schulen mit Computern auszustatten und ans Internet anzuschließen. Nur wo Technik und Pädagogik sich sinnvoll verbinden, können daraus neue Kompetenzen für Schülerinnen und Schüler erwachsen.

Forum Bildung: Wie können wir Kinder und Jugendliche ausländischer Herkunft besser in das Bildungssystem integrieren?

Schavan: Der Schlüssel zur Integration ist die Sprache. Nur wenn Kinder und Jugendliche die deutsche Sprache beherrschen, können sie mit ihrer Umwelt in der Schule kommunizieren. Eltern, die nicht ausreichend Deutsch sprechen, sollten zugunsten eines nachhaltigen Erfolgs in die Sprachförderung einbezogen werden. Die CDU plädiert deshalb für Modellversuche zum gemeinsamen Deutschunterricht für ausländische Mütter und ihre Kinder.

Forum Bildung: Welchen Stellenwert nimmt die "Ethische Orientierung" ein, die Ihrer Meinung nach zum Erziehungsauftrag der Schule gehört?

Schavan: Je pluraler eine Gesellschaft ist, umso mehr gilt, dass junge Menschen auch Orientierungshilfe brauchen. Sie wollen wissen, was nach menschlicher Erfahrung trägt. Deshalb kommt der Werteerziehung in aber auch außerhalb der Schule eine zentrale Bedeutung zu. Die Schule muss Kindern und Jugendlichen Räume bieten, in denen sie Werte und Grundhaltungen erfahren und leben können, Räume auch für die Einübung von sozialem Lernen und Verantwortung. Es reicht nicht aus, über Schlüsselqualifikationen und soziales Lernen nur theoretisch zu reden. Deshalb stärken wir Schülermentorenausbildungen, Streitschlichterprogramme, Maßnahmen zur Gewaltprävention und die Zusammenarbeit von Schule und Jugendbildung.

Autor(in): Udo Loffler
Kontakt zur Redaktion
Datum: 12.04.2000
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