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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 18.12.2014:

„Bürgerschaftliches Engagement ist wichtig für das Gelingen der Integration“

Acht Integrationsmedaillen verliehen

Am 12. November 2014 hat die Integrationsbeauftragte Aydan Özo?uz im Kanzleramt acht Personen mit der Integrationsmedaille dafür ausgezeichnet, dass sie sich für Menschen mit Migrationshintergrund engagieren, sie im Alltag begleiten und ihnen eine Perspektive geben. Eingeführt wurde diese Auszeichnung im Jahr 2010 von der damaligen Integrationsbeauftragten Maria Böhmer. „Mit der Integrationsmedaille will ich zeigen, wie wichtig bürgerschaftliches Engagement für das Gelingen der Integration ist. Die Politik und der Staat können beispielsweise mit dem Nationalen Aktionsplan den Rahmen für Integration setzen. Dieser Rahmen muss jedoch mit Leben erfüllt werden. Dafür steht das großartige Engagement der Preisträger aus der Mitte der Gesellschaft. Mit ihrem Wirken stärken sie das Vertrauen zwischen Migranten und Einheimischen. Gegenseitiges Vertrauen ist die Basis für ein gutes Miteinander und für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft“, erklärte sie den Grund für die Einführung der Ehrung bei der Verleihung der ersten acht Integrationsmedaillen am 1. Dezember 2010. Bewusst sollen mit der Medaille nicht Verbände oder Vereinigungen, sondern Einzelne ausgezeichnet werden, die sich in Deutschland um die Integration von Einwanderern verdient gemacht haben. Gleichzeitig sollen damit aber auch andere Bürgerinnen und Bürger ermutigt werden, die Initiative zu ergreifen. „Gerade auf Integration vor Ort kommt es an. Deshalb möchte ich alle dazu auffordern, sich zu Hause in der Nachbarschaft, in der Schule, am Arbeitsplatz oder im Verein für ein gutes Zusammenleben zu engagieren. Integration lebt vom Mitmachen!“, betonte Böhmer damals. Ein Kriterium für die Vergabe der Medaille ist, dass das Engagement für Integration modellhaft und nachhaltig ist.

Projekte und Ideen rund um den Bereich der Ausbildung

In diesem Jahr standen bei der Verleihung Projekte und Ideen rund um den Bereich der Ausbildung im Mittelpunkt. Für Menschen mit Migrationshintergrund ist es oft schwer, einen Ausbildungsplatz oder eine Arbeit zu finden, selbst wenn sie einen guten Schulabschluss haben. Ausgezeichnet wurden deshalb in diesem Jahr Personen, die Menschen mit Migrationshintergrund zu besseren Jobchancen verhelfen. So wie Abdullah Altun aus Duisburg. Er gibt in seinem Betrieb jungen Menschen mit Migrationshintergrund, die einen schlechten oder gar keinen Schulabschluss haben, einen Ausbildungsplatz. Die meisten Mitarbeiter seiner Firma Altun Gleis- und Tiefbau GmbH hatten anfangs Probleme in der Schule, mit der Familie, mit Drogen oder Langzeitarbeitslosigkeit. Doch Abdullah Altun gab ihnen eine Chance und legte dabei großen Wert auf eine enge Zusammenarbeit mit den Eltern. Mittlerweile haben er und seine Firma 90 jungen Menschen eine Ausbildung ermöglicht. Viele seiner Azubis sind trotz der oft schwierigen Startbedingungen nach der Ausbildung von anderen Betrieben abgeworben worden. Abdullah Altun freut sich, dass sich die jungen Menschen so gut weiterentwickelt haben. Doch auch die Auszubildenden, die die Ausbildungsprüfung nicht schaffen, dürfen weiter bei ihm bleiben - wenn sie gut arbeiten und fleißig sind.

Der Weg zu mehr Chancengerechtigkeit führt über Bildung
Salih Elmascan hat im Kölner Stadtteil Chorweiler den Verein SocialMinds gegründet. In Chorweiler leben rund 13.000 Menschen – 80 Prozent von ihnen in Sozialwohnungen. Viele Jugendliche aus diesem Stadtteil bekommen trotz Begabung und guter Schulausbildung keine Ausbildung oder einen Job. Ihre Startbedingungen sind schlecht. Man fange hier nicht bei null an, sondern bei minus zehn, meint Salih Elmascan. Er ist selbst in Chorweiler aufgewachsen, hat aber inzwischen sein Studium an der Kölner Sporthochschule beendet. Der Weg zu mehr Chancengerechtigkeit führt über den Zugang zu guter Bildung, ist er überzeugt. Seit 2013 bietet sein Verein Lerncamps für die zentrale Abschlussprüfung der Realschulen an. Schüler bereiten sich in Gruppen und zusammen mit Tutoren auf die Klausuren vor. Sie profitieren von dem gemeinsamen Lernen, vor allem aber von der Motivation der anderen. Im kommenden Jahr soll es ein ähnliches Angebot für angehende Abiturienten geben. Für sie gibt es außerdem die Möglichkeit einer Studienorientierung während ihres Abschlussjahres an der Schule. Sie lernen, ihre Ziele zu formulieren, ein positives Selbstbild zu entwickeln und eigenständig zu lernen. Für diesen Zweig kooperiert der Verein mit der FH Köln. Elmascan hofft, dass viele der geförderten Schüler zu Multiplikatoren werden und ihr Wissen und ihre Erfahrungen an die nächsten Jahrgänge weitergeben. Als Assistenten nimmt er sie mit zu Workshops, die der Verein in Schulen anbietet. Je mehr Multiplikatoren das Projekt bekommt, desto größer wird die Bewegung, glaubt er. Bis sie am Ende den ganzen Stadtteil erfasst.

Unterstützung für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge
Mathilde Killisch aus Fürstenwalde/Spree ist seit zwanzig Jahren Heimleiterin im Modellprojekt ALREJU, das minderjährige unbegleitete Flüchtlinge aufnimmt und betreut. ALREJU steht für „allein reisende Jugendliche" und wurde 1993 vom Diakonischen Werk Oderland-Spree ins Leben gerufen. Mittlerweile verfügt das Heim über 63 Plätze. Die Jugendlichen kommen hauptsächlich aus Syrien, Afghanistan, dem Irak, dem Sudan oder aus Vietnam. Neben einer Einrichtung in Süddeutschland ist das ALREJU bundesweit das einzige Haus, in dem minderjährige unbegleitete Flüchtlinge unabhängig von Nationalität, Kultur oder Religion aufgenommen und betreut werden. Zu Beginn kommen die Jugendlichen in eine so genannte Clearing-Gruppe, um Herkunft, Hilfebedarf und Gesundheitsstatus zu klären. Die Betreuer bestellen einen Vormund und sorgen für die Ersteinkleidung. Dann leben sie in einer von sechs Wohngruppen mit festen Betreuern, die rund um die Uhr für sie da sind. Die Pädagogen klären, welche Perspektiven die Jugendlichen haben, in Deutschland zu bleiben und unterstützen sie in ihrer Entwicklung und dabei, sich eine Existenz aufzubauen. Zuerst lernen die Flüchtlinge Deutsch in der Einrichtung, dann besuchen sie die Regelschule. Viele schaffen das Abitur. Sobald die Jugendlichen 18 sind, werden sie in einer speziellen Wohngruppe auf ihr Leben in Selbstständigkeit vorbereitet.

Ein junger Mensch braucht eine Chance
Auch die anderen fünf Träger der Integrationsmedaille 2014 setzen sich oft unter großen Schwierigkeiten für ihre Mitmenschen ein. Sarah Abel aus Berlin engagiert sich seit sieben Jahren für die Kontakt- und Beratungsstelle für Flüchtlinge und Migrant_innen e.V., die beim Briefe schreiben und bei Übersetzungen hilft, gemeinsam mit Flüchtlingen zum Arzt geht oder juristische Hilfe gibt. Danae Christodoulou aus Lüneburg gründete 2010 mit Freunden den Verein amikeco, der Hausaufgabenbetreuung, Deutschkurse, Begleitung zu Behördengängen, Unterstützung im Asylverfahren und Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche aus Flüchtlingsunterkünften anbietet. Phedon Codjambopoulo aus Köln unterstützt als Gründer und Vizepräsident der Deutsch-Hellenischen Wirtschaftsvereinigung junge Menschen, vor allem griechischer Herkunft, bei der beruflichen Orientierung. Helmut Nölling aus Kreuztal im Kreis Siegen-Wittgenstein hilft seit zwanzig Jahren Jugendlichen, die aus anderen Ländern nach Deutschland kommen und einen schweren Start haben. Und Simone Treis aus Köln engagiert sich in dem Projekt Amaro Kher, das eine Schule und einen Kindergarten nur für Roma-Kinder aus Kölner Flüchtlingsheimen, dazu Sozialberatung und Alphabetisierungskurse für die Eltern bietet.

Gemeinsam haben alle, dass es ihnen nicht immer um die großen Ergebnisse geht. Es sind oft die vielen kleine Erfolge, die zählen. Wenn ein Kind im Sportverein glücklich wird, ein Jugendlicher einen Ausbildungsplatz bekommt, oder wenn eine der Familien endlich eine Wohnung findet. Alles, was junge Menschen brauchen, ist eine Chance, ist Abdullah Altun überzeugt. Zum Glück gibt es Menschen, die ihnen eine geben.




Autor(in): Petra Schraml
Kontakt zur Redaktion
Datum: 18.12.2014
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