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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 18.09.2014:

„Wir wollen auch politisches Sprachrohr sein“

Deutscher Weiterbildungstag 2014
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Siegfried Schmauder

Alle zwei Jahre findet der Deutsche Weiterbildungstag statt. „Bildung + Innovation“ sprach mit Siegfried Schmauder, dem Sprecher des Deutschen Weiterbildungstages, über die Bedeutung von Weiterbildung und die Aktionen, die am 19. September, dem Tag der Deutschen Weiterbildung 2014, stattfinden.


Online-Redaktion: Seit wann gibt es den Deutschen Weiterbildungstag?

Schmauder: Der erste Deutsche Weiterbildungstag fand im Jahr 2007 statt. Der nächste folgte 2008, und dann haben wir den Rhythmus auf alle zwei Jahre festgelegt, so dass wir dieses Jahr den fünften Deutschen Weiterbildungstag feiern.

Online-Redaktion: Wie kam es zu seiner Gründung?

Schmauder: Im Jahr 2006 hatte die Weiterbildung, insbesondere die, die sich mit  Arbeitsmarktpolitik beschäftigte, in Folge der Hartz-Reformen eine ziemlich schlechte Presse. Es hieß, in der Weiterbildungsindustrie würden nur Steuer- und Beitragsgelder verschleudert. Das wurde dem Tatbestand nicht gerecht, dass in der Weiterbildung von vielen Organisationen gute Arbeit geleistet wird. Deswegen haben wir – der Deutsche Volkshochschul-Verband e.V. als große Dachorganisation der Volkshochschulen und der Bundesverband der Träger beruflicher Bildung e.V., der stark im Bereich der beruflichen Bildung, vor allem im Bereich der arbeitsmarktpolitisch öffentlich geförderten beruflichen Bildung ist, – uns damals entschlossen, den Weiterbildungstag zu initiieren.

Online-Redaktion: Sind das auch noch die heutigen Veranstalter?

Schmauder: Heute sind aus den zwei Veranstaltern zwanzig geworden. Auch sind wir heute bei weitem nicht mehr nur auf das Thema berufliche Bildung fokussiert, sondern betrachten Weiterbildung als eine ganzheitliche Aufgabe. Insofern sind kommunale Veranstalter wie Volkshochschulorganisationen, konfessionelle, gewerkschaftsnahe, aber auch solche Veranstalter, die dem Arbeitgeberlager zuzurechnen sind, sowie ganz kommerzielle Organisationen hinzugekommen. Diese zwanzig Veranstalter spiegeln ein breites Feld von Verbänden und Organisationen der allgemeinen, politischen, kulturellen und beruflichen Weiterbildung wider.

Online-Redaktion: Welche Ziele verfolgen Sie mit dem Weiterbildungstag?

Schmauder: Zunächst geht es darum, Transparenz zu schaffen. Das deutsche Weiterbildungsgeschehen ist sehr undurchsichtig. Es gibt eine Vielzahl von Anbietern – man spricht von 20.000 Institutionen bzw. Einzelanbietern im Bereich der Weiterbildung –, und so vielfältig ist auch das Angebot. Ein zweites Ziel ist die Vernetzung der Anbieter, da es bislang keine verbandsübergreifende Plattform gibt, auf der die unterschiedlichen Disziplinen vertreten sind. Aber wir wollen auch politisches Sprachrohr sein und uns zu aktuellen und latenten Problemen in der Weiterbildung äußern. Beispielsweise zu Fragen der finanziellen Ausstattung, der rechtlichen Situation oder zu Reformen, die von der Regierung veranlasst werden. So haben wir bei dem Thema europäischer/deutscher Qualifikationsrahmen auch zwischen den Weiterbildungstagen unsere Stimme erhoben und im Namen dieser Plattform versucht auf die Politik einzuwirken.

Online-Redaktion: Wie wichtig ist Weiterbildung?

Schmauder: Lebenslanges Lernen und dauerhafte Beschäftigung mit Weiterbildungsthemen sind sehr wichtig. In den Unternehmen müssen sich viele Mitarbeiter in immer kürzeren Zeiten auf neue Technologien oder auf neue Prozesse und Abläufe einstellen, so dass es immer wichtiger wird, sich regelmäßig weiterzubilden. Ein, zwei Maßnahmen im Laufe eines Berufslebens reichen nicht. Dagegen steht, dass die Weiterbildungsbeteiligung maximal stagnierend ist. Es ist deshalb von großer Bedeutung, die Weiterbildungsangebote bekannter zu machen.

Online-Redaktion: Was passiert am Deutschen Weiterbildungstag?

Schmauder: Der Deutsche Weiterbildungstag ist eine bundesweite Kampagne mit rund 550 Veranstaltungen von Flensburg bis Garmisch Patenkirchen. Weiterbildungsanbieter machen über Tage der offenen Tür, über Foren, die sie mit Politikern veranstalten, oder über spezielle Angebote wie z.B. Weiterbildungsmarathons aufmerksam auf ihre Institution und auf ihre Angebote. Das sind teilweise sehr bunte, sehr vielschichtige Programme. Beteiligen können sich Einzelne, die sich für Weiterbildung interessieren, aber auch Organisationen, die ihre Einrichtung, ihr Programm und ihre Arbeitsweise einer breiten Öffentlichkeit vorstellen möchten. Sie melden sich vorher auf unserer Homepage an, und wir prüfen, ob Art, Umfang und Zielrichtung der Veranstaltung mit den Grundvorstellungen des Deutschen Weiterbildungstages vereinbar sind. D.h. es sollte nicht nur eine Werbeveranstaltung sein. An diesem Tag sollte mehr als das übliche Katalogprogramm ins Netz gestellt werden. Es sollte mit einer außerordentlichen Aktion vor Ort verbunden sein.

Online-Redaktion: Was verbirgt sich hinter dem Motto „europa BILDEN“?

Schmauder: Nicht erst seit der Finanz- und Wirtschaftskrise merken wir, dass auch der Arbeitsmarkt in Europa auseinanderdriftet. Wir haben auf der einen Seite – wenn ich den südeuropäischen Raum nehme – eine Jugendarbeitslosigkeit von in Teilen bis zu 50 %, in Deutschland wiederum ist es in einigen Regionen schwierig, genügend Lehrstelleninteressenten für Unternehmen zu bekommen. Wir haben den Weiterbildungstag in diesem Jahr unter das Motto „europa BILDEN“ gestellt, um deutlich zu machen, dass Europa immer mehr zu einem gemeinsamen Arbeitsmarkt werden muss, wenn man die Fachkräftedefizite in dem einen oder anderen Land ausfüllen will. Die Einführung des europäischen Qualifikationsrahmens, die Anerkennung von Bildungsniveaus sind dafür wichtige Elemente. Aber ganz praktisch gilt es auch, den Jugendlichen aus europäischen Ländern, die beispielsweise ihre Lehre in Deutschland absolvieren möchten, diese Möglichkeit einzuräumen, und da stehen wir, glaube ich, erst am Anfang einer ganz entscheidenden Entwicklung.
Wir wollen am Deutschen Weiterbildungstag darauf aufmerksam machen, wie wichtig Sprachenbildung, das einander verstehen lernen ist und dass es auch darum geht, gemeinsame europäische Wertfundamente zu erarbeiten und zu sichern. Und natürlich ist auch Grundbildung ein wichtiges Thema. Viele Bevölkerungsgruppen in Deutschland und in anderen Ländern sind immer noch ausgeschlossen von Grundbildungsmaßnahmen und -förderungen. Eine Spaltung der Gesellschaft in Europa muss unbedingt verhindert werden.
Es gibt also ein breites Spektrum an Themen, das wir in der Vernetzung mit Europa sehen und weswegen der thematische Schwerpunkt in diesem Jahr auf Europa liegt.

Online-Redaktion: Wie äußert sich das am Tag der Deutschen Weiterbildung?

Schmauder: Es gibt spezielle Aktionen zu diesem Motto, und wir stellen erstmalig auch eine ganze Reihe von grenzüberschreitenden Weiterbildungsprojekten auf unserer Plattform vor. Es gibt viele Weiterbildungsorganisationen, die mehr oder weniger kontinuierlich international agieren. Diese vielen punktuellen Projekte und schönen Kooperationen zwischen Weiterbildungsanbietern wollen wir an dem Tag präsentieren, um deutlich zu machen, dass es schon gute Ansätze gibt, aber eben noch nicht im notwendigen Umfang. Zu den 20 Veranstalterorganisationen gehört erstmalig auch der Europäische Verband Beruflicher Bildungsträger (EVBB) e.V..

Online-Redaktion: Hat sich die öffentliche Wahrnehmung, was Weiterbildung leistet, durch den Weiterbildungstag verbessert?

Schmauder: Nun ist der Deutsche Weiterbildungstag nicht das alleinige Instrument, um auf Weiterbildung aufmerksam zu machen, aber ich glaube schon, dass er eine gewisse Wirkung erzielt. Die Organisationen, die den Weiterbildungstag ausrichten, arbeiten auch zwischen den Weiterbildungstagen sehr zielgerichtet zusammen und erheben ihre Stimme, wo es nötig ist. Beispielsweise wenn es darum geht, zu aktuellen bildungspolitischen Fragen Stellung zu nehmen oder Statistiken, wie den Weiterbildungsbericht oder den Berufsbildungsbericht, kritisch zu kommentieren. Insofern glaube ich schon behaupten zu dürfen, dass wir mit der Gründung des Deutschen Weiterbildungstages auch dazu beigetragen haben, dass das Thema heute wieder stärker im Bewusstsein ist als noch vor vielen Jahren. Heute wird in allen Parteien und in vielen gesellschaftlichen Gruppen das Thema Bildung und auch Weiterbildung als die zentrale Stellschraube für die Entwicklung einer Gesellschaft immer wieder bewusst gemacht. Daran beteiligen wir uns, und der Deutsche Weiterbildungstag, als Sprachrohr der Weiterbildner, macht da, glaube ich, keinen schlechten Job.



Siegfried Schmauder, Bereichsvorstand Training und Consulting bei der TÜV Rheinland Group und Geschäftsführer der TÜV Rheinland Akademie. Mitglied des Vorstands des Bundesverbandes der Träger beruflicher Bildung (Bildungsverband) e.V. und Sprecher des Veranstalterkreises Deutscher Weiterbildungstag 2014. Verheiratet, zwei Kinder und wohnhaft in Potsdam.



Autor(in): Petra Schraml
Kontakt zur Redaktion
Datum: 18.09.2014
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