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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 08.11.2007:

Der Schlüssel zum Erfolg

Die Ausbildungschancen für Jugendliche mit Migrationshintergrund müssen verbessert werden

Nur 42 Prozent aller ausländischen Jugendlichen, die 2006 auf der Suche nach einem betrieblichen Ausbildungsplatz waren, haben einen gefunden. Fast jeder vierte Jugendliche mit Migrationshintergrund landet in einer Berufsfachschule oder einer berufsvorbereitenden Maßnahme, die keinen Berufsabschluss vermittelt. 15 Prozent sind ohne Beschäftigung.

Ali ist frustriert. Er hat bereits 40 Bewerbungen geschrieben. Wie viele er noch schreiben muss, um endlich den ersehnten Ausbildungsplatz als Konditor zu bekommen, weiß er nicht. Dabei sind seine Zeugnisse gar nicht schlecht und Deutsch spricht er auch gut.

Schulabgängerbefragung des Bundesinstituts für Berufsbildung
Jugendliche mit Migrationshintergrund haben deutlich schlechtere Chancen, einen Ausbildungsplatz zu erhalten, als Jugendliche ohne Migrationshintergrund. Eine aktuelle Schulabgängerbefragung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) zeigt, dass im vergangenen Jahr nur etwa 42 Prozent aller ausländischen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz gefunden haben, von den Jugendlichen ohne Migrationshintergrund waren es rund 54 Prozent. Fast jeder vierte Jugendliche mit Migrationshintergrund landet in einer qualifizierenden Maßnahme, die keinen Berufsabschluss vermittelt. Rund 15 Prozent sind arbeitslos. Bei den übrigen Jugendlichen sind es hingegen nur 5,5 Prozent.

Auch die Ausbildungsbeteiligungsquote ausländischer Jugendlicher ist deutlich gesunken. Sie lag 2005 nur noch bei 24 Prozent gegenüber 34 Prozent im Jahr 1994, die der Jugendlichen ohne Migrationshintergrund betrug vor zwei Jahren 58 Prozent. Junge Erwachsene mit Migrationshintergrund bleiben außerdem mit 41 Prozent wesentlich häufiger ohne einen Berufsabschluss als diejenigen ohne Migrationshintergrund (15 Prozent).

Ein guter Schulabschluss hilft nicht immer
Oft sind die Gründe dafür in der mangelnden Ausbildungsreife vieler Schulabgänger zu finden. Jugendliche mit Migrationshintergrund haben überproportional viele Kompetenzdefizite und erreichen nur selten bei den Basiskompetenzen ein hohes Niveau. Nur 40 Prozent der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund schaffen gerade einmal das niedrigste Niveau.

"Benachteiligungen, Chancenungleichheiten oder mangelnder Integrationserfolg - wie immer wir den Sachverhalt, um den es hier geht, benennen wollen - beginnen dabei weit vor dem Übergang von der Schule in die Berufsausbildung", ist Manfred Kremer, Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung, überzeugt. "So besucht nur ein vergleichsweise geringer Anteil der unter vierjährigen Kinder mit Migrationshintergrund eine Kindertageseinrichtung. "Wir wissen aber, dass gute frühkindliche Förderung die Bildungschancen erheblich verbessert. Weltweite Erfahrungen belegen, dass dies ganz besonders für Kinder von Migranten gilt."

Doch die Gründe für die schlechten Berufsaussichten von Migrantinnen und Migranten liegen nicht immer in deren schulischen Abschlüssen und Leistungen. Selbst bei gleichen schulischen Voraussetzungen haben ausländische Bewerberinnen und Bewerber deutlich geringere Chancen als deutsche. Besonders stark ausgeprägt sind diese Unterschiede bei Absolventen und Absolventinnen mit mittlerem Abschluss. Während im vergangenen Jahr von den Schülerinnen und Schülern aus Migrantenfamilien, die eine Realschule besucht haben, nur 34 Prozent einen Ausbildungsplatz fanden, waren es bei den Bewerberinnen und Bewerbern ohne Migrantenhintergrund mit den gleichen Schulabschlüssen 47 Prozent.
"Von den Migranten mit guten Mathematiknoten - offensichtlich ein harter Indikator für Erfolg bei der Ausbildungsplatzsuche - münden 41 Prozent in eine betriebliche Ausbildung ein. In der Vergleichsgruppe ohne Migrationshintergrund sind es 64 Prozent", bemerkt Manfred Kremer. Höhere Schulabschlüsse und gute Schulleistungen wirken sich auf die Ausbildungschancen junger Migranten also nur wenig aus.

Viele Migrantinnen und Migranten, die keinen betrieblichen Ausbildungsplatz bekommen, landen verstärkt in Alternativen zur betrieblichen Berufsausbildung. Diese führen in der Regel nicht zu einem Berufsabschluss. Mit einem Anteil von rund 26 Prozent sind sie überproportional häufig in dem so genannten Übergangssystem vertreten. Junge Migrantinnen und Migranten haben von der positiven Entwicklung bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen von daher nur wenig profitiert. Der Berufsbildungsbericht 2007 zeigte eindeutig, dass ihr Anteil an der Gesamtzahl der Auszubildenden weiter rückläufig ist.

Nationaler Integrationsplan
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer, fordert deshalb dringend Maßnahmen, um den Zugang von Jugendlichen mit Migrationshintergrund zum Ausbildungsmarkt zu erleichtern. "Die schwierige Situation von jungen Migrantinnen und Migranten muss einen Schwerpunkt in der politischen Debatte über die Lage auf dem Ausbildungsmarkt bilden", fordert sie. Sie kündigte an, dass die Bundesregierung alle Anstrengungen unternehmen werde, um diesen Jugendlichen den Weg in die Ausbildung zu erleichtern. "Nur wer einen qualifizierten Berufsabschluss bekommt, hat gute Chancen sich zu integrieren und gleichberechtigt am Leben in unserem Land teilzuhaben", betonte sie.

Im Rahmen des Nationalen Integrationsplans verpflichtete sich die Bundesregierung dafür zu sorgen, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund besonders von den von der Wirtschaft zugesagten 60.000 neuen Ausbildungsplätzen profitieren. Gemeinsam mit dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und den deutsch-ausländischen Unternehmerverbänden hat sie die Initiative "Aktiv für Ausbildungsplätze" gegründet, in deren Rahmen sich Unternehmerinnen und Unternehmer mit Migrationshintergrund verpflichtet haben, 10.000 zusätzliche Ausbildungsplätze bis 2010 zur Verfügung zu stellen. Die Gewinnung von Ausbildungsplätzen in solchen Betrieben ist außerdem innerhalb des "Jobstarter"-Programms der Bundesregierung als eigener Programmbereich etabliert.

Das BIBB forderte in seinem Gutachten für die Arbeitsgruppe "Bildung, Ausbildung und Arbeitsmarktchancen" zur Vorbereitung des Nationalen Integrationsplanes nachdrücklich, die interkulturellen Potenziale und Kompetenzen, die junge Migranten sehr häufig in eine Berufsausbildung mitbringen, sehr viel stärker zu nutzen und zu fördern und zugleich Betrieben den Wert dieser Kompetenzen deutlicher zu machen.

Erfolge des Aktionsplans in Hamburg
In Hamburg verzeichnete eine Initiative des Ersten Bürgermeisters, Ole van Beust, bereits erste Erfolge. Ziel des am 5. April 2006 vereinbarten Aktionsplans zur Integration junger Migrantinnen und Migranten in Ausbildung und Arbeit war es, innerhalb von zwei Jahren 1.000 von ihnen zusätzlich in Arbeit und Ausbildung zu integrieren. Dieses Ziel konnte nach gut einem Jahr aufgrund des großen Engagements der Beteiligten - dazu zählen der Senat, Kammern, Verbände, Gewerkschaften, die Agentur für Arbeit und team.arbeit.hamburg ebenso wie die beteiligten Unternehmen und der öffentliche Dienst - erreicht werden. Es ist gelungen, rund 550 betriebliche Ausbildungs- und Arbeitsplätze mit jungen Migranten zu besetzen. In geförderten Programmen des Senats, der Agentur für Arbeit und von team.arbeit.hamburg fanden zusätzlich 460 junge Migrantinnen und Migranten einen Ausbildungsplatz. "Die Unternehmen haben erkannt, dass die Kompetenzen junger Migranten nicht immer mit den herkömmlichen Bewerbungs- und Einstellungsverfahren gesehen werden können und dass es sich lohnt, neue Wege zu gehen, um junge Migranten als Leistungsträger zu gewinnen", stellte Ole van Beust fest. Interkulturelle Einstellungsverfahren und die klare Zielsetzung, mehr junge Migranten einstellen zu wollen, seien der Schlüssel zum Erfolg.

Autor(in): Petra Schraml
Kontakt zur Redaktion
Datum: 08.11.2007
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