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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 22.03.2001:

"...Lehrstühle gar nicht mehr für die Ewigkeit benennen"

E-Commerce-Professor Skiera setzt auf ökonomische Prinzipien - das aber multimedial
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Forum Bildung: Hochschulen entdecken das Internet. Sind die neuen E-Commerce-Fächer ein Modehype oder überlebensnotwendig?

Skiera: Diese neuen Fächer sind auf jeden Fall sehr wichtig. Die Frage wird nur sein, wie sich diese Studiengänge mit Inhalten füllen lassen. Denn sie vermischen sich mit den klassischen Bereichen wie Marketing, Produktion und Logistik. Deshalb muss man sich als Lehrstuhlinhaber sehr gut überlegen, was E-Commerce als Studium ausmacht.

Forum Bildung: Was macht es denn aus?

Skiera: Das Neue am Internet ist natürlich die Multimedialität, aber entscheidend für Wirtschaft ist die Interaktivität und Digitalität. Diese bedeutenden Querschnittsfunktionen hat die klassische Betriebswirtschaft noch nicht durchdacht.

Forum Bildung: Ist E-Commerce an der Uni nicht alter Wein in neuen Schläuchen?

Skiera: Sicher sind im Zuge dieses Internet-Hypes viele Dinge neu bezeichnet worden, die es vorher schon gab. Deshalb gefällt mir auch der Begriff New Economy nicht, weil er suggeriert, dass es völlig neue ökonomische Gesetzmäßigkeiten gibt und die kann ich nicht erkennen. Neu im Netz ist aber, dass beispielsweise Marktpositionen sehr schnell besetzt werden können und so der Markt mit einem großen Anbieter auch schnell für andere Anbieter dicht ist.

Forum Bildung: Wird in einem Fach wie E-Commerce auch anders gelehrt und gelernt als in den klassischen betriebswirtschaftlichen Fächern?

Skiera: Im Internet-Bereich gibt es noch wenig theoretisch fundiertes Wissen. Deshalb habe ich mich entschieden, ein Viertel meines Fachs mit Vorlesungen von Unternehmensvertretern abzudecken. Dieser Ansatz lässt sich aber nicht unbedingt auf andere Fächer anwenden.

Forum Bildung: Also eine Notlösung, die aber den erwünschten Praxisbezug bringt?

Skiera: Nein. Die Überlegung war ganz einfach auch, dass die Entwicklungen im Internet rasend schnell gehen und ich mit meinen Mitarbeitern alleine gar nicht alle Entwicklungen verfolgen kann. Aus diesem Grund suchte ich mir Praktiker als Unterstützung, die auch zur Lehre beitragen können.

Forum Bildung: Müssen Unis ihre Studenten heute anders ausbilden?

Skiera: Schwierig zu beantworten. Ich sehe auf jeden Fall die Gefahr, dass deutsche Unis durch das Internet Studenten an amerikanische "business schools" verlieren, weil Informationen im Internet heute viel leichter zugänglich verfügbar sind. Wir werden uns darauf einstellen müssen, viel mobilere Studenten zu haben.

Forum Bildung: Wenn alle Studenten zu den "business schools" wollen, heißt das doch, dass diese besser ausbilden als deutsche Unis?

Skiera: Da bin ich mir nicht sicher. Aber was die Amerikaner auf jeden Fall besser machen ist das Networking, sie bringen Studenten zusammen und diese mit der Praxis. Sie bieten auch mehr Serviceleistungen, sie bemühen sich sehr darum ihre Studenten gut in der Wirtschaft unterzubringen, weil an deren Gehältern sich der Wert einer Uni misst. Diese Leistung können die öffentlichen Unis in Deutschland mit den dort zur Zeit vorliegenden Bedingungen nicht erbringen.

Forum Bildung: Also muss das Ziel der deutschen Unis sein, das gleiche Angebot zu haben?

Skiera: Nicht unbedingt, denn man muss sich fragen, was überhaupt die Aufgabe der Universität ist. Allerdings würde ich sagen, wenn man mit den Amerikanern konkurrieren will, muss man sich auch diesen Serviceleistungen stellen.

Forum Bildung: Entwicklungen sind heute ja kaum noch vorhersehbar. Wer weiß schon, was in fünf Jahren ist. Sind neue Studiengänge nicht schnell veraltetet und so auch ein Risiko?

Skiera: Nein, es ist eher ein Vorteil. Wir sind in Frankfurt so weit, dass wir aus diesem Grund Lehrstühle gar nicht mehr für die Ewigkeit benennen wollen. Das gibt uns die Möglichkeit, sehr viel flexibler auf neue Entwicklungen zu reagieren.

Forum Bildung: New Economy scheint ja auch eine Brutstätte der Selbstständigkeit zu sein . Wie erklären Sie sich das?

Skiera: Das ist eine Modewelle gewesen, die ja in ihrer Bedeutung schon wieder am abschwellen ist. Neu ist aber die Erkenntnis bei jungen Leuten, dass sie sehr wenig verlieren können, wenn sie sich selbstständig machen. Wenn sie nach dem Studium bereit sind, noch mal zwei Jahre finanziell auf Studentenniveau zu leben und Finanzgeber finden, ist im Wesentlichen alles, was sie riskieren, ihre persönliche Zeit. Und selbst bei negativem Ausgang haben sie wertvolle Erfahrungen gewonnen.

Autor(in): Udo Löffler
Kontakt zur Redaktion
Datum: 22.03.2001
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