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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 15.03.2001:

"Die Ausbildungen dauern heute viel zu lange"

Halbwertszeit von Wissen beträgt im Internet ein Jahr
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Forum Bildung: Du hast schon nach wenigen Semestern gemerkt, dass Geographie nichts für dich ist. Warum hast du nicht gleich Informatik studiert?

Scharnetzki: Das war mir zu technisch und zu sehr mathematisch. Nur zu programmieren ohne die visuelle Schnittstelle zum User zu berücksichtigen, fand ich sehr langweilig

Forum Bildung: Und was hast du nach der Exmatrikulation gemacht?

Scharnetzki: Ich musste mich erst mal neu orientieren. Ich wusste die Richtung, hatte aber keine Ahnung, was es in diesem Bereich an Ausbildungsmöglichkeiten gibt. Praktika wollte ich keine machen, weil die Anforderungen sehr hoch waren und ich auch nicht einsah, für einen Hungerlohn eine normale Stelle zu besetzen. Irgendwann bin ich bei meiner Recherche auf die Privatschule SAE gestoßen und habe dort den Ausbildungsgang Multimedia-Producer gemacht.

Forum Bildung: Wie sah die Ausbildung aus?

Scharnetzki: Die Ausbildung dauerte ein Jahr und gliederte sich in fünf Module. Damals lag der Schwerpunkt noch auf der CD-ROM-Produktion, weil das Internet erst im Kommen war. Wir haben sehr nah an den Programmen gelernt. Eine minimale theoretische Einführung und viel praktische Arbeit an den Rechnern. In einem Jahr haben wir sehr viele Programme gelernt, die ein breites Spektrum abdecken.

Forum Bildung: ...was natürlich auf die Kosten der Vertiefung geht. Ist die Ausbildung nicht zu breit angelegt?

Scharnetzki: Natürlich. Wir haben aber erstens einen guten Überblick bekommen, die Schwerpunkte wurden auch in ihrer Komplexität angerissen und dann war man selbst gefragt. Ich habe schon in der Ausbildung etwas gelernt, was man in diesem Bereich immer braucht: Eigeninitiative. Weiterbildung ist der Schlüsselbegriff, denn die Halbwertszeit von Wissen beträgt im Internet-Business vielleicht ein Jahr.

Forum Bildung: Schulen wie SAE kosten ja auch ein wenig. Warum SAE und keine betriebliche Ausbildung wie Fachinformatiker oder Mediengestalter (Bild und Ton), die es ja seit 1997 gibt?

Scharnetzki: Die Ausbildung zum Mediengestalter ist noch breiter gestreut und dauert auch länger. Die Problematik ist einfach die, dass Wissen heute nicht lange vorhält und die normalen Ausbildungen viel zu lange dauern. Die Studiengänge haben das gleiche Problem: Man kann heute im Internet-Bereich keine vierjährige Ausbildung mehr machen. Deshalb gab es 1998 nichts Vergleichbares zu einer privaten Schule: Eine hohe Qualifikation innerhalb kürzester Zeit. Der Zeitfaktor, man kann es nicht oft genug wiederholen, spielt in diesem Bereich die wesentliche Rolle.

Forum Bildung: Viele Multimedia-Agenturen fordern neue Ausbildungsgänge wie den Web-Designer. Ist das nötig?

Scharnetzki: Wichtig ist, dass Firmen und Agenturen gemeinsam mit den Ausbildugsträgern Lösungswege finden. Klar sagen die Agenturen heute, dass sie Web-Designer wollen. Vor ein paar Jahren haben sie aber auch gesagt, dass sie nicht ausbilden können, weil sie erst neu am Markt sind. Die damaligen Jungunternehmer sind ja fast alle von der Uni gekommen oder Studienabbrecher, die nie im Leben was mit Ausbildung zu tun hatten, zudem über keine Zeit und Mittel verfügen, um ausbilden zu können.

Forum Bildung: Weiterbildungsträger wie SAE ins Boot der dualen Ausbildung nehmen. Wäre das eine Möglichkeit, die Ausbildung effektiver und flexibler zu machen?

Scharnetzki: Das wäre ein interessanter Weg. Die Ausbildungs- und Studiengänge brauchen immer wieder Input von der Wirtschaft. Die Zusammenarbeit muss noch besser werden. Die Bereiche müssen sich einfach richtig verzahnen - natürlich nicht so weit, dass die Firmen nur ihre eigenen Facharbeiter ausbilden. Außerdem müssen unbedingt die Ausbildungszeiten kürzer werden.

Forum Bildung: Hattest du nach der Ausbildung Probleme einen Job zu finden?

Scharnetzki: Ich habe eine Stellenanzeige aufgegeben und am nächsten Tag hatte ich zehn Anfragen - allerdings auch sehr kuriose: Vom Projektmanager bis zum Comiczeichner. Ich frage mich heute noch, was ich wohl in meiner Anzeige geschrieben habe. Ich habe mich dann sehr schnell entschieden, selbständig zu werden. Ich wollte nie zu einer großen Agentur. Ich will gerne mitsteuern, Impulse geben und nicht ein kleines Rädchen in einer starren Hierarchie sein, die es zum Teil schon in der ehemals so hoch gelobten New Economy gibt.

Autor(in): Udo Löffler
Kontakt zur Redaktion
Datum: 15.03.2001
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