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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 20.01.2005:

"Ich sehe mich als freundschaftlichen Begleiter"

Studentin Claudia Deiters fördert Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund

Bildung PLUS: Frau Deiters, Sie geben Schülerinnen und Schülern, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, Förderunterricht. Wie sind Sie auf diese Aufgabe vorbereitet worden?

Deiters: Durch meine ehrenamtliche Tätigkeit an der 20. Mittelschule konnte ich vor Projektbeginn im letzten Jahr Einblicke in die Gestaltung des DAZ-Unterrichtes (Deutsch als Zweitsprache) gewinnen. Die dortige DAZ-Lehrerin, Frau Hoppe, hat mir die Möglichkeit gegeben, bei der Betreuung und Unterstützung einer Schülerlerngruppe Erfahrungen zu sammeln.

Außerdem hat die Universität Leipzig die studentischen Förderlehrer vor dem Start des Projektes qualifiziert. Ich habe an einem Vorbereitungskurs teilgenommen, welcher sich einführend mit folgenden Themen auseinandergesetzt hat:

1. Situation von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund,
2. Didaktische Aspekte der Gestaltung von Förderunterricht,
3. Umgang mit Sprachproblemen und Verständigungsschwierigkeiten,
4. Qualitätssicherung und Evaluation.

Projektbegleitend werden Workshops für die Studenten angeboten. Im März beispielsweise findet ein "Nachmittagsworkshop DAZ" statt.

Bildung PLUS: Wie setzt sich Ihre Gruppe kulturell zusammen? Gibt es Verständigungsprobleme beim Unterrichten?

Deiters: Ich unterrichte drei Schüler, zwei Mädchen und einen Jungen. Der Junge Anh Dung besucht ebenso wie das Mädchen Jiang die sechste Klasse. Beide kommen aus Vietnam. Das zweite Mädchen heißt Yan und kommt aus China. Sie ist in der achten Klasse. Alle drei sind gute Schüler und sprechen schon ganz gut Deutsch. Wenn ich langsam spreche und meine Aussagen wiederhole, kommen sie gut mit.

Bildung PLUS: Akzeptieren die Schüler Sie als Lehrerin?

Deiters: Die Schüler akzeptieren mich als Lehrerin. Aber das Lehr- und Lernklima in unserer Gruppe ist ein anderes als im klassischen Schulunterricht. Wesentliche Aspekte hierfür sind die Freiwilligkeit des Förderunterrichtes und die Lerngruppengröße, die einen lockeren und vertrauten Umgang miteinander ermöglichen. Mein Anspruch an die Arbeit als Förderlehrer orientiert sich an dem Konzept der "freundschaftlichen Begleitung". Ich bin keine Lehrerin in dem Sinne, dass ich den Leistungsanspruch der Schule umsetzen muss. Natürlich folge ich meinem eigenen Anspruch, der sich wiederum am Förderplan orientiert.

Bildung PLUS: Wie haben Sie die Förderziele für die einzelnen Schüler erarbeitet?

Deiters: Die Förderziele für die einzelnen Schülerinnen und Schüler wurden in einem individuellen Förderplan festgelegt. Wesentliche Informationen zur Ermittlung des Ist-Standes erhielt ich in Gesprächen mit unterrichtenden Lehrern, in Gesprächen mit den Schülern selbst sowie auch durch einzelne Übungen und Tests. Anhand dieser habe ich jederzeit modifizierbare Teilziele für die nächsten Unterrichtstunden definiert. Wichtig ist mir die Dokumentation und Reflektion meiner Arbeit, da sie mir eine Kontrollmöglichkeit hinsichtlich der Umsetzung der Ziele bietet.

Bildung PLUS: Wie sehen die Förderinhalte aus?

Deiters: Der Schwerpunkt liegt in meiner Gruppe auf der sprachlichen Förderung. Im Vordergrund stehen die Vermittlung grammatikalischer Grundkenntnisse und die Förderung des Textverständnisses. Aber auch die Einübung von Lerntechniken und Methoden sind wichtig. Bei Yan ist später noch eine Förderung im Englischen vorgesehen.

Bildung PLUS: Bekommen Sie Unterstützung von den Lehrerinnen und Lehrern der Schule, an der Sie tätig sind?

Deiters: Da meine Förderstunden in den Nachmittag fallen, sind meine Kontakte zu den Lehrern gering. Wenn ich Unterstützung brauche, sind mir die Schulleiterin der 20. Mittelschule, Frau Thalheim, die stellvertretende Schulleiterin, Frau Böhme, und die DAZ Lehrerin, Frau Hoppe, immer behilflich.

Bildung PLUS: Wie wichtig ist Ihre Vorbildung für den Förderunterricht. Könnten auch andere, beispielsweise Eltern, den Unterricht erteilen?

Deiters: Ich denke, dass die Qualifizierung, die ich aufgrund meines Studiums und des Vorbereitungskurses mitbringe eine gute Voraussetzung für den Unterricht sind. Dennoch glaube ich, dass auch Eltern, welche die nötigen Ressourcen besitzen - das heißt, sowohl pädagogisches Grundwissen, Zugang zu Büchern/Unterrichtsmaterialien als auch Ideen und Zeit haben - ihre Kinder ebenso fördern können. Da jedoch nur die wenigsten Eltern diese Voraussetzungen mitbringen, ist die Arbeit der studentischen Förderlehrer sehr sinnvoll.

Bildung PLUS: Der Förderunterricht ist ausschließlich für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund. Wäre es sinnvoller, den Unterricht gleichzeitig für Schüler anzubieten, deren Muttersprache Deutsch ist?

Deiters: In einer kulturell heterogenen, mehrsprachigen Lerngruppe könnte eine Kombination aus sprachlicher Förderung, die sich nicht nur auf die deutsche Sprache bezieht, sondern auch auf die Muttersprache der Schüler mit Migrationshintergrund und interkultureller Bildung umgesetzt werden.

Bildung PLUS: Welche beruflichen Vorteile haben Sie von diesem Förderunterricht?

Deiters: Mein Ziel ist es, mich nach meinem Studium aktiv im Bereich der interkulturellen Pädagogik zu engagieren. Hierfür bieten mir meine Erfahrungen als Förderlehrerin eine weitere Grundlage. Hier kann ich Kompetenzen vertiefen und theoretisch pädagogisches Wissen praktisch anwenden.

 

Claudia Deiters, 24 Jahre, studiert Erziehungswissenschaften, Soziologie und Politikwissenschaften an der Universität Leipzig. Sie ist zweimal wöchentlich, je 1 ½ Stunden als Förderlehrerin im Rahmen des Projektes Mercator an der 20. Mittelschule in Leipzig tätig.

Autor(in): Petra Schraml
Kontakt zur Redaktion
Datum: 20.01.2005
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