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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 11.04.2019:

Mit MYSKILLS berufliche Kompetenzen erkennen

Test für Arbeitsuchende ohne Abschluss macht berufliches Wissen sichtbar
Das Bild zum Artikel
Bildrechte: MYSKILLS

Der Test MYSKILLS, den die Bertelsmann Stiftung gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit entwickelt hat, soll dabei helfen, Arbeitslose ohne Berufsabschluss und Flüchtlinge leichter in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Über die Testergebnisse können die Teilnehmer/innen auch ohne Zertifikate berufliches Wissen nachweisen.


Viele Betriebe und Unternehmen suchen händeringend qualifizierte Mitarbeiter. Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat fast jeder zweite Betrieb Schwierigkeiten, Stellen zu besetzen. Auf der anderen Seite gibt es viele Menschen ohne Berufsabschluss, die keine Stelle finden, selbst wenn sie bereits viel Berufserfahrung haben. Wer in Deutschland keinen Abschluss hat, findet nur schwer einen Job. Davon sind besonders Geringqualifizierte, Zuwanderer und Flüchtlinge betroffen. Menschen mit Fluchthintergrund können ihre Qualifikationen und Berufserfahrungen oft nur schwer nachweisen. Häufig fehlen Zertifikate, aber auch Sprachkenntnisse, um erklären zu können, was sie in ihren Herkunftsländern beruflich gemacht haben. Potenzielle Arbeitgeber können deshalb nur schwer einschätzen, was die Bewerber/innen können, und auch für die Arbeitsagenturen und Jobcenter ist es schwierig, sie zielgerichtet an Jobangebote oder in Weiterqualifizierungen zu vermitteln.

Test zeigt Kompetenzen auf

Das neue Testverfahren MYSKILLS soll helfen, die Chancen der Menschen, die ihre Kompetenzen nur ungenügend belegen können, auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen. Der Test macht die Fähigkeiten sichtbar, die bei vielen aufgrund mehrjähriger Berufserfahrung vorhanden sind, aber aus den Bewerbungsunterlagen nicht hervorgehen. „Unter den Flüchtlingen und Arbeitssuchenden gibt es Talente, die viele Betriebe händeringend suchen. Wir müssen sie nur zusammenbringen, und dabei soll MYSKILLS helfen. Einen Test, der so schnell in so großer Anzahl aussagekräftige individuelle berufsfachliche Profile ermöglicht, hat es bislang nicht gegeben“ meint Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung.

Entwickelt wurde MYSKILLS gemeinsam von der Bundesagentur für Arbeit und der Bertelsmann Stiftung. Wissenschaftliche Projektpartner sind das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) und das DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation. Beteiligt waren außerdem eine Vielzahl berufspraktischer Experten wie Ausbilder/innen, Berufschullehrer/innen, Prüfer, Meister, Arbeitgeber/innen, Kammern und Verbände. Zusätzlich wird das Projekt von einem Projektbeirat mit Vertretern und Vertreterinnen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite, der Kammern (Zentralverband des Deutschen Handwerks, Deutscher Industrie- und Handelskammertag) und aus Bundesministerien begleitet. Seit Anfang 2018 ist der Test in Betrieb.

Test stellt Fragen aus dem branchenspezifischen Handlungswissen im jeweiligen Beruf

MYSKILLS ist ein computergestützter Test, durch den Menschen ohne Berufsabschluss zeigen können, mit welchen typischen Situationen im jeweiligen Beruf sie vertraut sind und ob sie wissen, was in diesen Situationen genau zu tun ist. Den MYSKILLS-Test gibt es zurzeit für 26 Berufe, er ist in den sechs Sprachen Deutsch, Englisch, Arabisch, Farsi, Russisch und Türkisch verfügbar. Jeder Test enthält rund 120 berufsspezifische Fragen, dauert ungefähr vier Stunden und wird vom Jobcenter oder der Arbeitsagentur durchgeführt. Die Teilnehmer/innen sehen Videos und Bilder von typischen betrieblichen Praxissituationen und erhalten dazu fachliche Fragen aus dem branchenspezifischen Handlungswissen im jeweiligen Testberuf. Die in der Regel fünf bis sieben Handlungsfelder leiten sich aus den Ausbildungsordnungen sowie den Anforderungen der Praxis ab. Für den Beruf Verkäufer/in sind solche Handlungsfelder etwa „Kassieren“ oder „verkaufsfördernde Maßnahmen durchführen“, für den Beruf KFZ-Mechatroniker/in beispielsweise „Standardisierte Service- und Wartungsarbeiten durchführen“ oder „Mechanische und elektrische Systeme montieren und demontieren“. Anhand von Kreissymbolen auf den Testergebnissen sieht man schnell, wie viel Wissen in dem jeweiligen Handlungsfeld vorhanden ist – unabhängig davon, ob das Wissen durch eine formale Ausbildung oder durch praktische Tätigkeiten erworben wurde.

Das Unsichtbare sichtbar machen
Die Testergebnisse werden automatisch generiert und können bereits in den folgenden Tagen in einem Beratungsgespräch besprochen werden. Die Teilnehmer/innen bekommen eine Ergebnisübersicht ausgehändigt, in der eine Einschätzung des beruflichen Handlungswissens in den unterschiedlichen Handlungsfeldern eines Ausbildungsberufes enthalten ist. Anschließend können sie den Test zu ihren Bewerbungsunterlagen hinzufügen, um Arbeitgebern ihr berufliches Können besser zu dokumentieren. „Wir wollen das Unsichtbare sichtbar machen. Denn wenn informell erworbene Kompetenzen zu Tage treten, dann dient das der gesellschaftlichen Integration von Geflüchteten und hilft gegen den Fachkräftemangel in vielen Branchen“, so die Bertelsmann Stiftung. Der Test ist freiwillig und kostenlos. Bei vielseitiger Berufserfahrung können die Teilnehmer/innen auch mehrere Tests durchführen. Unabhängig vom Ergebnis entstehen keine Nachteile für sie. Das Testergebnis wird ausschließlich zur Unterstützung bei der Arbeitssuche verwendet. Wer sich vorher darüber informieren möchte, welche Berufe es in Deutschland gibt und welche Anforderungen sie haben, kann dies auf der Website „Meine Berufserfahrung zählt!“ tun.

Weitere Tests kommen
An weiteren MYSKILLS-Tests wird bereits gearbeitet. Für zunächst 30 verschiedene Berufe soll es MYSKILLS in Zukunft geben. Arbeitgeber/innen wie Starköchin Sarah Wiener empfehlen den Test und freuen sich über Bewerbungen von Teilnehmer/inne/n. MYSKILLS ist kein Zertifizierungsverfahren, das die formalen Anerkennungsverfahren ersetzt, hilft aber, die Fähigkeiten von Bewerberinnen und Bewerbern besser einzuschätzen. Davon profitieren alle: die Testteilnehmer/innen, weil sie erkennen, welche Anforderungen ein Beruf in Deutschland stellt, und feststellen können, in welchen Bereichen ihre Stärken liegen; die Unternehmen, die besser beurteilen können, ob ein/e Bewerber/in zu der offenen Stelle passt; und auch die Berater/innen in den Arbeitsagenturen und Jobcentern, die die individuelle Vermittlung gezielter gestalten können. Sie haben im vergangenen Jahr schon gute Erfahrungen mit dem neuen Test gemacht und können anhand der Ergebnisse besser entscheiden, ob jemand direkt in den Arbeitsmarkt integriert werden kann oder erst eine Qualifizierung bzw. ein Praktikum machen sollte. Der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, sieht MYSKILLS als wichtiges Instrument für Berater und Vermittler: „Wir wollen die Menschen, die Arbeit suchen, möglichst gut in Arbeit integrieren. Wenn wir bei einem Geflüchteten oder einem gering qualifizierten Arbeitsuchenden sehen, wie ausgeprägt berufliches Wissen ist, ist das unglaublich wichtig für uns. Wir können Arbeitgebern bessere Vorschläge machen, wir können die geeignete Anschlussqualifizierung suchen, und wir können so Schritt für Schritt die Menschen auf dem Weg zu einem qualifizierten Abschluss begleiten. Wir wollen aus Menschen mit beruflichen Grundkenntnissen am Ende anerkannte qualifizierte Fachkräfte machen. MYSKILLS ist ein erster Schritt dabei.“


Autor(in): Petra Schraml
Kontakt zur Redaktion
Datum: 11.04.2019
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