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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 14.04.2016:

„Sprachbildung in den Alltag integrieren“

Projekt „Sprach-Kitas“ nimmt Arbeit auf
Das Bild zum Artikel
Logo "Sprach-Kitas"
Quelle: BMFSFJ

Das Bundesfamilienministerium fördert alltagsintegrierte sprachliche Bildung in Kindertagesstätten. An „Sprach-Kitas“ wird sprachliche Bildung als fester Bestandteil in der Kindertagesbetreuung integriert, um mehr Chancengleichheit zu erreichen.


Im Januar 2016 startete das neue Programm „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Mit dem Programm werden insbesondere Kitas, die von einem überdurchschnittlich hohen Anteil von Kindern mit besonderem sprachlichem Förderbedarf besucht werden, unterstützt. Deutschlandweit konnten sich Einrichtungen bewerben. Die ersten Förderbescheide wurden nun erteilt und viele Sprachexpert/inn/en treten ihre neue Stelle an.

Das Bundesprogramm „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“
Das Programm baut auf den erfolgreichen Ansätzen seines Vorgängers „Schwerpunkt-Kitas Sprache & Integration“ (2011-2015) auf und erweitert diese. Ziel ist es, die sprachliche Bildung als festen Bestandteil in die Kindertagesbetreuung zu integrieren und so mehr Chancengleichheit zu erreichen. Dafür erhalten die ausgewählten „Sprach-Kitas“ doppelte Unterstützung: Sie werden zum einen durch zusätzliche qualifizierte Fachkräfte verstärkt, die direkt in der Kita tätig sind. Diese beraten, begleiten und unterstützen die Kita-Teams bei der Weiterentwicklung der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung. Zum anderen begleitet eine zusätzliche externe Fachkraft kontinuierlich und prozessbegleitend die Qualitätsentwicklung in den „Sprach-Kitas“ innerhalb eines Verbundes von zehn bis fünfzehn Einrichtungen. Sie entwickelt mit den Teams Konzepte für die alltagsintegrierte sprachliche Bildung in der Kita und hilft bei der Umsetzung. Der Bund stellt für das Programm von 2016 bis 2019 jährlich 100 Millionen Euro bereit. Damit können bis zu 4000 zusätzliche halbe Fachkraftstellen in den Kitas und in der Fachberatung geschaffen werden.

Das Konzept der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung
Sprachliche Bildung ist besonders wirksam, wenn sie früh beginnt und in den Alltag integriert wird. Im Kita- und Krippenalltag finden sich zahlreiche Anlässe, um den Spracherwerb und die Sprachentwicklung von Kindern anzuregen. Das Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ beruht auf dem Ansatz der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung. Darunter versteht man eine umfassende Unterstützung der natürlichen Sprachentwicklung aller Kinder und über die gesamte Zeit, die sie in der Kindertageseinrichtung verbringen. Im Gegensatz zu spezifischen Sprachförderprogrammen, die oftmals in Kleingruppen in einem extra Raum stattfinden, wird bei der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung der gesamte Kita-Alltag genutzt, um die Kinder in ihrer Sprachentwicklung anzuregen und zu fördern. Angefangen bei den alltäglichen Routinesituationen wie den Mahlzeiten, der Körperpflege, dem Bringen und Verabschieden, genauso wie bei gemeinsamen Aktionen und Veranstaltungen, Ausflügen, dem Freispiel, Projekten etc. Sprachbildung kann sich an die gesamte Gruppe, kleinere Einheiten oder manchmal auch nur an einzelne Kinder richten. Das gesamte System der Kindertagesstätte ist in diesen Prozess einbezogen.

Sprachgelegenheiten schaffen
Für die Praxis heißt das: Fachkräfte müssen Interaktionsgelegenheiten erkennen, initiieren und nutzen, um den Dialog mit Kindern und der Kinder untereinander zu fördern. Dafür müssen sie speziell ausgebildet sein.
Schon der tägliche Morgenkreis beispielsweise ist sehr dazu geeignet, um Kinder zum Sprechen anzuregen. Gemeinsam können dort alle überlegen, welche Aktionen für den Tag geplant sind und welche Materialien sie dafür brauchen. Die Kinder können über ihren Tag berichten und von besonderen Erlebnissen erzählen. Der/die Erzieher/in kann fehlende Informationen ergänzen und gezielte Fragen stellen. Dieser Austausch gibt den Kindern Orientierung und Übersicht. Die Kinder lernen zuzuhören, Gesagtes aufzunehmen, zu verstehen und Sprachinhalte umzusetzen. Bei der alltagsintegrierten Sprachbildung wird Sprache auch mit Musik und Rhythmik gefördert. So oft und so regelmäßig wie möglich werden durch tägliches gemeinsames Singen und Spielen Sprechfreude, Sprachmelodie und Sprachklang vorgelebt. An Eltern-Kind-Nachmittagen können den Eltern beliebte Sing-, Reim- und Fingerspiele vorgespielt werden, damit sie diese auch zuhause anwenden und so auf spielerische Art die sprachlichen Kompetenzen ihrer Kinder fördern können.

Praktizierte Sprachbildung
In der Kita St. Elisabeth in Eisenberg haben Kita-Leitung, Sprachexpertin und Coach gemeinsam sprachanregende Raumkonzepte entwickelt und zusätzliche kindgerechte Materialien angeschafft, damit die Kinder die einzelnen Bereiche ganz individuell und unterschiedlich nutzen können. Der Einkaufsladen zum Beispiel animiert dazu, Verkaufsgespräche zu führen. Bewegungsanregende Elemente unterstützen die ganzheitliche Entwicklung der Kinder. Zur Unterstützung der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung wenden sie u.a. die „dialogische Bilderbuchbetrachtung“ an, die sie in den Materialien des Deutschen Jugendinstituts (DJI) gefunden haben. Dabei geht es darum, den Kindern aus Büchern nicht nur vorzulesen, sondern sie aktiv zu beteiligen. Die Erzieher/inn/en geben ihnen Raum für Fragen und tauschen sich mit ihnen über die Geschichte aus. Jede Woche findet eine Teamsitzung statt, in der von der Sprachexpertin anschaulich aufbereitete Themen diskutiert werden.

Sprachbildung bedeutet in der Kita Pusteblume in Ibbenbüren auch, dass die Erstsprache wertgeschätzt wird. 60 Prozent der Kinder haben einen Migrationshintergrund. Es gibt deshalb auch türkisch- und russischsprachige Kolleginnen im Team. Eine Kollegin mit türkischen Wurzeln begrüßt zum Beispiel interessierte Kinder ein Mal pro Woche zur „Arkadaş-Gruppe“: Durch Tanzen und Singen werden die Mädchen und Jungen dazu animiert, ihre Muttersprache zu sprechen bzw. eine andere Sprache kennenzulernen. Dabei erfahren die Kinder eine Wertschätzung ihrer gesamten Persönlichkeit. Die Kita lädt außerdem regelmäßig Eltern ein, während der Betreuungszeit in ihrer Muttersprache vorzulesen. Einmal haben Eltern sogar das Stück „Der Regenbogenfisch“ in deutscher, russischer, türkischer und spanischer Sprache einstudiert und für die Kinder aufgeführt.

Wichtig auch: Inklusive Pädagogik und Zusammenarbeit mit Familien
Neben dem Konzept der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung spielen im Rahmen des Bundesprogramms die inklusive Pädagogik sowie die Zusammenarbeit mit Familien eine große Rolle. Die Vielfalt der Kinder bietet zahlreiche Möglichkeiten für Sprachanlässe. Und eine vertrauensvolle und willkommen heißende Bildungs- und Erziehungspartnerschaft zwischen den pädagogischen Fachkräften und den Familien ist notwendig, um Kinder ganzheitlich in ihrer Sprachentwicklung zu begleiten. Kinder lernen Sprache am besten im persönlichen Kontakt, mit den Eltern, den Erzieher/inn/en, den Tagesmüttern und -vätern. Sie orientieren sich am Sprachvorbild. Sprachbildung findet in den meisten Fällen als allererstes durch die Eltern statt. Von den Experten in ihrer Kita können sie beraten werden, wie sie auch zu Hause ein sprachanregendes Umfeld schaffen können.

 

 

Autor(in): Petra Schraml
Kontakt zur Redaktion
Datum: 14.04.2016
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