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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 18.06.2015:

„Das Schulklima ist beispielhaft“

Die Gesamtschule Barmen erhält den Deutschen Schulpreis
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Schüler der Gesamtschule Barmen in der Bibliothek, Quelle: Robert Bosch Stiftung / Theodor Barth

 

Jedes Jahr vergeben die Robert Bosch Stiftung und die Heidehof Stiftung den Deutschen Schulpreis, um engagierte Schulen auszuzeichnen. Dieses Jahr war die Gesamtschule Barmen in Wuppertal Hauptpreisträger. Dem Kollegium der Schule gelingt es, die heterogene Schülerschaft zu sehr guten Leistungen zu motivieren und eine hervorragende, respektvolle Atmosphäre an der Schule zu schaffen.


Sobald man das Gebäude der Gesamtschule Barmen in Wuppertal (NRW) betritt, spürt man die offene, freundliche Atmosphäre. Schon optisch ist die Schule ein Erlebnis – roter Klinker wechselt sich mit hellem Holz ab, über der Pausenhalle, Herzstück der Schule und zugleich Foyer, Kommunikationsraum und Lernort, schließt ein Glasdach. Innen wachsen Palmen und Farne, die die Geräusche schlucken und für Wohlgefühl sorgen. Von der Pausenhalle zweigen drei Gebäudeteile ab, die die innere Organisation widerspiegeln. In jedem Flügel findet sich je eine der drei Abteilungen der Schule wieder: Abteilung I mit den Klassen 5 bis 7, Abteilung II mit den Klassen 9 bis 10 und die gymnasiale Oberstufe als Abteilung III. Jeder Jahrgang bezieht eine komplette Etage, die „Lehrerstationen“ sind wegen ihrer räumlichen Nähe zu den Klassen viel genutzte Kommunikationsräume. Die Fachräume befinden sich zwischen den drei Gebäudeteilen sowie im Untergeschoss der Schule, Mensa und Bibliothek grenzen direkt an die Pausenhalle an. Außen gibt es drei Schulhöfe und einen kleinen Fußballplatz.

Dass die Schule in diesem Jahr ihr 20-jähriges Bestehen feiert, sieht man dem schönen Schulgebäude nicht an. Es wirkt nach wie vor neu, modern und sauber. Lehrkräfte, Kinder und Jugendliche gehen verantwortungsvoll mit ihrer Schule um.

Der Deutsche Schulpreis
Am 10. Juni erhielt die Gesamtschule Barmen in der Heilig-Kreuz-Kirche in Berlin den mit 100.000 Euro dotierten Deutschen Schulpreis 2015 verliehen, den die Robert Bosch Stiftung seit dem Jahr 2006 gemeinsam mit der Heidehof Stiftung vergibt. Die Auszeichnung überreichte Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Viele Schulen in Deutschland begeistern ihre Kinder für das Lernen, fördern ihre Kreativität und vermitteln Lebensmut und Verantwortungsgefühl. Mit dem Deutschen Schulpreis wollen die Stiftungen diese pädagogische Leistung der Schulen würdigen und für die Schulentwicklung in Deutschland nutzbar machen. Bei der Entscheidung über die Preisträger bewertet eine Jury sechs Qualitätsbereiche: Leistung, Umgang mit Vielfalt, Unterrichtsqualität, Verantwortung, Schulleben und Schule als lernende Institution. Seit dem Start des Programms haben sich über 1.500 Schulen für den Preis beworben.
Vier weitere Preise in Höhe von je 25.000 Euro erhielten in diesem Jahr die Grundschule am Buntentorsteinweg Bremen (HB), das GanztagsGymnasium Klosterschule Hamburg (HH), die Jenaplanschule Rostock (MV) und die Waldschule –Grundschule der Stadt Flensburg (SH). Der ebenfalls mit 25.000 Euro dotierte „Preis der Jury“ ging an die Don-Bosco-Berufsschule in Würzburg (BY).

Lehrer fordern ihre Kinder

Die Gesamtschule Barmen liegt mitten in einem sozialen Brennpunkt. Etwas mehr als die Hälfte der Schüler wächst mit nur einem Elternteil auf, ein Drittel hat ausländische Wurzeln. Trotz der unterschiedlichen Startbedingungen schaffen es die Lehrer, die Schüler zu besseren Leistungen zu führen, als ihnen am Ende der vierten Klasse prognostiziert wurde. Denn obwohl nur 17 Prozent eine Empfehlung fürs Gymnasium erhalten haben, wechseln rund 60 Prozent der Jugendlichen in die gymnasiale Oberstufe. Seit Jahren hat kein Jugendlicher die Schule ohne Abschluss verlassen. Oft liegen die Schüler bei landesweiten Tests über dem Durchschnitt. Erziehungswissenschaftler Professor Michael Schratz von der Universität Innsbruck, Sprecher der Jury des Deutschen Schulpreises, lobt: „Die Lehrer fordern die Kinder und Jugendlichen heraus, sie führen sie gezielt an ihre Leistungsgrenzen – und darüber hinaus.“ Und Dr. Ingrid Hamm, Geschäftsführerin der Robert Bosch Stiftung, ergänzt: „Wir freuen uns, mit der Gesamtschule Barmen eine Schule auszuzeichnen, die zeigt, wie gut es funktionieren kann, wenn Haupt-, Real- und Förderschüler gemeinsam mit Gymnasiasten lernen“.

Intensive Zusammenarbeit mit Eltern und Partnern
Über 1.350 Schülerinnen und Schüler, 120 Lehrkräfte, zwei Sozialpädagogen und ein Sozialarbeiter, zwei Sekretärinnen, zwei Hausmeister, ein großes Mensateam mit zwei Köchen, viele Eltern und weitere Mitarbeiter füllen die Gesamtschule täglich mit Leben und gestalten sie zu einem entspannten und demokratischen Miteinander. Als Stadtteilschule mit Dreifachsporthalle pflegt die Gesamtschule Barmen von Beginn an eine intensive Zusammenarbeit mit den umliegenden Schulen, den kulturellen, sozialen und kirchlichen Einrichtungen sowie den Vereinen und Firmen. Auch auf eine gute Zusammenarbeit mit den Eltern und Partnern wurde immer Wert gelegt, viele Eltern helfen in der Schule und kooperieren insbesondere im Ganztag. Die Gesamtschule Barmen ist seit ihrer Gründung eine gebundene Ganztagsschule, die den Schülern als Lern- und Lebensraum ganztägig offensteht. Ihr Ziel ist es, Bildung und Ausbildung so zu gestalten, dass ein gelingendes Leben in einer sich ständig wandelnden Gesellschaft möglich wird.

Vor neun Jahren begann an der Gesamtschule eine "neue Zeit": Die Lehrer stellten ihren Unterricht um. „Seitdem hetzen wir nicht mehr so durch den Tag", freut sich Schulleiterin Kubanek-Meis. Die Schüler haben fünf Lerneinheiten à 65 Minuten pro Tag und eine lange Mittagspause von 70 Minuten. Der Unterricht ist auf die individuellen Bedürfnisse der Schüler abgestimmt, der Lehrer tritt mehr als Berater und Begleiter auf. Außerdem gibt es täglich bis zu zwölf Angebote im Ganztag, die mit Unterstützung von Eltern und außerschulischen Partnern durchgeführt werden, darunter beispielsweise „Ringen und Raufen“, „Hip Hop“, „freies Musikmachen“ oder „Wetterkunde“.

„SCHULe-MIT-WIR-KUNG"

Besonders beeindruckt hat die Jury das hervorragende Schulklima. „Ich habe selten eine Schule erlebt, an der Schüler, Lehrer und Eltern so respektvoll und wertschätzend miteinander umgehen“, lobt Schratz bei der Preisverleihung. „Andere Schulen können von der Gesamtschule Barmen lernen, wie Partizipation und Teilhabe in exzellenter Weise gelebt werden.“ Bei der Schulentwicklung haben sich die Lehrer in den letzten Jahren vor allem auf drei Schwerpunkte konzentriert: Verantwortung übernehmen, Vielfalt leben und Medien kompetent nutzen. „SCHULe-MIT-WIR-KUNG" steht in großen Buchstaben auf den Fenstern des Gebäudes und ist zu einem Leitmotiv geworden. Das Prinzip der Arbeit der Schule ist die Mitwirkung, das „Wir“ gleichwertig dem „Ich“ zu sehen ihre Philosophie, die Wirkung schulischer Arbeit ihre Überzeugung. Für ihren Umgang mit Verantwortung bekommt die Gesamtschule Barmen von der Schulpreis-Jury deshalb die Höchstnote Eins plus. Denn ob als Streitschlichter, Pate, Sporthelfer, Nachhilfe"lehrer", Medienscout oder Schulsanitäter, jeder Schüler ist an der Gesamtschule für irgendetwas verantwortlich. Die Aufforderung, Verantwortung zu übernehmen, durchzieht alle Bereiche des Schullebens. Auch das Thema Gesundheit und der Blick auf alles, was Menschen in einem umfassenden Sinne „gesund“ hält, sind der Schule sehr wichtig. Ebenso wie die Förderung von Vielfalt jeder Art. Es gibt diverse Projekte, die die Sprach- und Kulturvielfalt fördern; Kinder mit und ohne Beeinträchtigung werden gemeinsam unterrichtet. Dafür entwickeln die Lehrer in Jahrgangsteams gemeinsame Projekte, Klassenarbeiten und Tests – sogenannte „Unterrichtspartituren“ für alle Fächer. Dazu setzen sie verschiedene Methoden des individuellen Lernens ein: Wochenplan- und Portfolio-Arbeit, Präsentationen, Partner- und Gruppenarbeit. Hausaufgaben gibt es an der Gesamtschule Barmen keine, die meisten Aufgaben werden während der Schulzeit erledigt. Brauchen die Kinder dabei Hilfe, können sie sich an die Mitschüler, an die beiden Klassenlehrer oder an ihre Paten aus der zehnten Klasse wenden. Und auch der Umgang mit Medien ist seit Gründung der Schule ein wichtiges Schwerpunktthema. Die mediale Ausstattung der Gesamtschule Barmen erlaubt eine umfassende Medienausbildung, die neuen Technologien sind fest in den Unterricht eingebunden.

Außerdem gibt es an der Gesamtschule viele Regeln, die nicht von oben erlassen, sondern in Absprache mit Schülern und Eltern getroffen werden. Zum Beispiel die Kleiderordnung. So trägt kein Schüler T-Shirts oder Pullis mit rassistischen und antidemokratischen Sprüchen oder Aufschriften. Allen soll mit Achtung und Respekt begegnet werden. Auch Handys sind im Schulgebäude nicht erlaubt. Telefone und Smartphones dürfen nur benutzt werden, wenn die Lehrer es ausdrücklich erlauben. Und die Schüler nehmen es gelassen hin.





Autor(in): Petra Schraml
Kontakt zur Redaktion
Datum: 18.06.2015
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