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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 10.10.2013:

„Es bedarf insgesamt noch einer großen Aufklärung“

OER Köln - Camp für freie Bildungsmaterialien
Das Bild zum Artikel
OER BarCamp Köln
Quelle: Stadt Köln

Am 21. September 2013 fand in Köln ein BarCamp zum Thema freie Bildungsmaterialien statt. Die Online-Redaktion von „Bildung + Innovation“ sprach mit Ulrike Heuer, Leiterin des Amtes für Schulentwicklung von der Stadt Köln, über die Inhalte des Camps und darüber, welche Aufgaben als nächstes anstehen.


Redaktion: Wieso macht sich die Stadt Köln so stark für das Thema „Open Educational Resources“ (OER)?

Heuer: Zum einen gibt es den Kölner Ratsbeschluss zum Thema Internetstadt Köln und multimediales Lernen. Hierbei geht es u. a um eine anforderungsgerechte (breitbandige) Anbindung und Inhouse-Vernetzung der Schulen sowie um eine entsprechende Technik-Ausstattung zur Unterstützung des mobilen Lernens mit multimedialen Inhalten. Auch die Mitarbeit der Stadt Köln im „Erprobungsraum Rheinland“ spielte bei der Entscheidung, sich intensiv für das Thema OER zu engagieren, eine wichtige Rolle. Die gute Zusammenarbeit mit André Spang, einem sehr aktiven Lehrer und OER-Aktivisten der ersten Stunde, der das Thema iPad-Klassen und mobiles Lernen in der Kaiserin Augusta-Schule in Köln sehr stark vorangetrieben hat, hat dann zu unserem Entschluss geführt, im Rahmen der Beschlüsse zum Erprobungsraum Rheinland aus dem letzten nationalen IT-Gipfel, das Thema OER aufzugreifen und in Deutschland bzw. im Raum Köln weiter „auf den Weg zu bringen“.

Redaktion: Warum wurde die Veranstaltung in Form eines BarCamps abgehalten?

Heuer: Ein BarCamp ist eine offene Tagung mit Workshops, deren Inhalte und Ablauf von den Teilnehmer/Innen selbst entwickelt und im weiteren Verlauf mitgestaltet werden. Bei einem BarCamp stehen anders als bei einer Konferenz Diskussionen von Anfang an im Vordergrund. Auch ist die Atmosphäre insgesamt lockerer. Man hat keine vorher festgelegten Themen, sondern man wirft eine Fragestellung auf oder stößt interessante Themen an und löst damit spannende Diskussionen und interessante Gespräche aus. Wir hielten es deshalb für genau das richtige Format für das Thema „Open Educational Resources“, bei dem es noch so viel zu entdecken und zu erfahren gibt. Auch lässt ein BarCamp Spielraum für spontane Aktionen. So kann man auch einmal ein Produkt vorstellen und zum Beispiel zeigen, wie man mit dem iBooks Author eBooks herstellen kann. Aber natürlich können Diskussionen sich auch an einigen Punkten festbeißen und anders verlaufen, als man zunächst dachte oder wollte. Trotzdem nimmt man immer sehr viel mit. Die Stimmung bei unserem BarCamp war sehr kreativ und die Feedbacks und Rückmeldungen sind durchweg positiv.

Redaktion: Wer hat an dem BarCamp teilgenommen?

Heuer: Die Teilnehmerschaft war sehr gemischt. Auf der Konferenz zum Thema OER in Berlin, die eine Woche zuvor stattfand, lag der Schwerpunkt eindeutig bei den Profis. Viele der dortigen Teilnehmer beschäftigen sich schon lange mit dem Thema OER. Auf dem BarCamp in Köln gab es auch Fachleute aus Bildungseinrichtungen und Organisationen, wie die UNESCO und die UNICEF, aber die meisten kamen aus dem Schul- und Hochschulbereich. Es waren viele Lehrer und Schulleiter da, die sich noch nie mit dem Thema beschäftigt haben. Das war für beide Seiten sehr spannend. Auch für diejenigen, die eine Session anbieten, ist es ja oft viel ergiebiger, zum Beispiel eine Plattform nicht immer nur Fachleuten vorzustellen, die diese ohnehin schon kennen, sondern Lehrerinnen und Lehrern, die sie nicht kennen und eine ganz unberührte Sicht darauf haben.

Redaktion: Welche Themen wurden auf dem BarCamp besprochen?

Heuer: Aufgrund der großen Vielfalt konnten leider nicht alle Wünsche erfüllt werden. Als Faustregel galt, dass man pro Session fünf Interessenten finden musste. Zustande gekommen sind viele interessante Themen. Es wurde zum Beispiel L3T, ein Lehrbuch für Lehren und Lernen mit Technologie vorgestellt, bei dem es darum geht, wie man Grafiken lizenzfrei erstellen und auf das Tablet bringen und sie dann anderen Leuten zur Verfügung stellen kann. Es wurden das SchulWiki Köln, das Schoolix Berlin und Plattformen wie zum.de oder segu – Geschichte vorgestellt. Ein Teilnehmer aus Hessen hat zum Beispiel gefragt, wie es möglich ist, dass in Köln Aktionen wie ein SchulWiki oder OER von einem Schulträger gefördert werden und was man beispielsweise machen kann, damit das woanders auch ermöglicht wird. Dann gab es einen Rechtsanwalt, der über die Do`s and Don`ts im Internet zum Thema Urheberrecht gesprochen hat. Diese Veranstaltung war sehr angesagt, daran sieht man wie groß das Interesse an diesem Thema ist. Lutz Berger hat uns netterweise dabei unterstützt, Live-Sessions zu erstellen. Auf seinem Bildungskanal bei YouTube sind verschiedene Streams zusammengefasst.

Redaktion: Welche Ergebnisse hat das Camp hervorgebracht?

Heuer: Es gibt Länder, die sehr viel weiter sind als Deutschland. Wir haben auf dem BarCamp gemerkt, dass in Nordrhein-Westfalen viele noch nicht wissen, was OER ist, was man damit machen kann und wozu es genutzt werden kann. Das BarCamp hat mit Sicherheit dazu beigetragen, den Bekanntheitsgrad zu erhöhen. In Zukunft muss verstärkt darauf geachtet werden, dass Lehrer mehr Inhalte produzieren. Das wichtige Thema Zertifizierung – welche Inhalte sind gut, was kann ich auch zukünftig bedenkenlos einsetzen – ergibt sich von selbst, wenn viele Leute Inhalte produzieren. Momentan gibt es einzelne Aktivisten, die tolle Lösungen anbieten. Wenn diese sich untereinander vernetzen und Angebote hervorbringen, wie beispielsweise die Geschichts-Plattform segu, dann hat das ein großes Potenzial. Der nächst größere Schritt wäre dann, darauf zu achten, welche Inhalte gut sind und wie sie bewertet werden könnten.

Redaktion: Also eine Art Qualitätssicherung?

Heuer: Genau, für die Unterrichtenden, aber auch für die Schulkonferenzen ist es wichtig, eine verlässliche Einschätzung über Qualitätskriterien zu haben. Hier läge eine wichtige Aufgabe für das Land NRW. Für die Lehrer ist es sehr schwer, die Qualität der Beiträge selbst zu bewerten. Wenn ein Text von jedermann bearbeitet, genutzt und weitergegeben werden kann, birgt das natürlich auch Nachteile und Risiken. Es können dann Inhalte formuliert werden, die man vielleicht so nicht haben will. Deswegen braucht man irgendwann einmal eine Stelle, die die Qualität der Inhalte bewertet. Wahrscheinlich ist es auch notwendig, dass die Lehrerinnen und Lehrer mehr geschult werden. Ich habe persönlich immer gedacht, dass man eine Art Katalog für Do`s und Don`ts im Internet bekommt, in dem steht, wie es mit dem Urheberrecht aussieht. Aber offensichtlich gibt es da sehr viele Fragen und Probleme, die nicht so leicht zu beantworten sind. Es bedarf insgesamt noch einer großen Aufklärung.

Redaktion: Welche Aufgaben stehen als nächstes an?

Heuer: Wichtig ist erst einmal, dass die Informationen frei für alle angeboten werden und dass es Inhalte gibt, zum Beispiel Wikis, wie das SchulWiki Köln oder zum.de, wo man viele gute Beispiele findet. Wichtig wäre auch, dass Techniken angeboten werden, wie ein Wiki zu benutzen ist, denn an Artikeln zu arbeiten ist nicht schwer, aber nicht jedem bekannt. Hier müsste es mehr Schulungen geben, auch zum Beispiel dazu, wie man lizenzfrei Fotos unter Commons stellt und wie das Hochladen funktioniert. Bildungsträger könnten Lehrern Fortbildungen anbieten, um sie nach und nach an das Thema heranzuführen, damit das Thema OER schneller greift. Ein BarCamp ist im Grunde wie eine Informationsveranstaltung, bei der Leute die Gelegenheit bekommen, sich zu vernetzen. Aber wenn man dann nicht flankierende Maßnahmen ergreift, wird es noch länger dauern, bis das Thema einen anderen Stellenwert bekommt.


Ulrike Heuer, 58, war von 1996 bis 2008 Schulleiterin am Albertus-Magnus-Gymnasium Köln. Von 2008 bis 2010 war sie bei der Bezirksregierung Köln im Bereich der Qualitätsanalyse tätig. Seit 2011 ist sie Amtsleiterin beim Amt für Schulentwicklung in der Stadtverwaltung Köln.

Autor(in): Petra Schraml
Kontakt zur Redaktion
Datum: 10.10.2013
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