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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 05.03.2009:

Startbahn in ein neues Berufsleben

Aktionsprogramm „Perspektive Wiedereinstieg“ beginnt
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Bildrechte: Aktionsprogramm "Perspektive Wiedereinstieg"

Kind und Karriere miteinander zu vereinbaren, scheint in Deutschland nach wie vor schwierig zu sein. Dies zeigt die Studie „Frauen auf dem Sprung“, die gemeinsam vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und der Frauenzeitschrift „Brigitte“ herausgegeben wurde. Selbst hoch motivierte Frauen klagen über Probleme, arbeiten kürzer oder bleiben ganz zu Hause: Nach Angaben des Statistischen Bundesamts von 2006 sind nur 33 Prozent der Mütter mit Kindern unter drei Jahren erwerbstätig. Wer seine Karriere nicht durch eine längere Auszeit gefährden will, entscheidet sich oft gegen das Familienmodell: Auf Kinder verzichten 40 Prozent der Akademikerinnen, obwohl der Kinderwunsch bei ihnen und ihren Partnern zum Teil durchaus vorhanden ist. Mütter, die mehrere Jahre aus dem Berufsleben ausgestiegen sind, finden den Weg oft nur schwer zurück. Anknüpfungspunkte und Kontakte sind verloren gegangen. Dabei möchten 80 Prozent der Frauen zwischen 25 bis 59 Jahren, spätestens wenn die Kinder größer sind, gern wieder arbeiten. Zwei Drittel von ihnen verfügen über eine abgeschlossene Berufsausbildung, und ein Drittel hat während der Elternzeit zusätzliche Kenntnisse erworben.

„Perspektive Wiedereinstieg“
Um Frauen zu unterstützen, die familienbedingt mehrere Jahre aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind und jetzt wieder in die Erwerbstätigkeit einsteigen wollen, hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend das Aktionsprogramm „Perspektive Wiedereinstieg“ auf den Weg gebracht. Das Aktionsprogramm wird in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) durchgeführt und vom Europäischen Sozialfonds (ESF) unterstützt. Mit einem Gesamtbudget von 30 Millionen Euro, 14 Millionen Euro davon aus Mitteln des ESF, fördert es Träger in Kommunen, um Netzwerke zur Unterstützung von Wiedereinsteigerinnen zu schaffen. Die Bundesagentur will ein individuelles, unbürokratisches und umfassendes Beratungs- und Unterstützungsangebot zur Verfügung stellen, verspricht der Vorstandsvorsitzende der BA, Frank-Jürgen Weise. Und Bundesfrauen- und Familienministerin Ursula von der Leyen beteuert: „Frauen, die mehrere Jahre aus dem Beruf ausgestiegen sind, haben keinen Anlass zu glauben, der Zug zurück in den Job sei für sie abgefahren. Der Zeitpunkt ist günstig, die Wirtschaft sucht hoch motivierte Fachkräfte und wir wissen, dass die weit überwiegende Mehrheit der Wiedereinsteigerinnen über gute Qualifikationen verfügt.“ Das gleichstellungspolitische Aktionsprogramm „Perspektive Wiedereinstieg“ ist Teil eines längeren politischen Prozesses, der viele Akteure einbinden soll. Neben der BA sind dies die Länder, die Arbeitgeberverbände, die Gewerkschaften, die Industrie- und Handelskammern, die Beratungseinrichtungen, die Kommunalen Frauenbeauftragten und die Frauenverbände.

Frauen ab 40
Vor allem für Frauen ab 40 soll das Aktionsprogramm mit seinen Orientierungshilfen und konkreten Unterstützungsangeboten „zur Startbahn in ein neues Berufsleben werden“, betont von der Leyen. Viele Frauen ab 40 suchen Anknüpfungspunkte oder eine Struktur, die ihnen auf ihrem Weg zurück ins Erwerbsleben hilft. In der Studie „Beruflicher Wiedereinstieg nach der Familiengründung“, die SINUS Sociovision, Heidelberg, für das Bundesfamilienministerium erstellt hat, wird deutlich, dass die meisten gar nicht auf den Gedanken kommen, sich an die Bundesagentur für Arbeit zu wenden, weil sie sich nicht als arbeitslos betrachten. Nur acht Prozent von ihnen sind Arbeit suchend gemeldet. Viele Frauen geben schon bei der Suche oder in den ersten Monaten im neuen Job entmutigt auf, weil ihnen alles über den Kopf wächst, weil Qualifikationen veraltet sind, weil sie oder ihr Arbeitgeber unrealistische Erwartungen hegen oder auch weil die Familie nicht mitzieht.

Hier setzt das Programm „Perspektive Wiedereinstieg“ an. Gefördert werden erfahrene Träger, die lokale Netzwerke zur Unterstützung von Wiedereinsteigerinnen aufbauen und der örtlichen Agentur für Arbeit Informationen und Kontakte zu den Frauen zur Verfügung zu stellen. Gemeinsam mit regionalen Akteuren aus Wirtschaft, Verwaltung und Verbänden sollen sie Wiedereinsteigerinnen gezielt und dauerhaft zur Seite stehen. „Gelingt einer Mutter um das 40. Lebensjahr der Wiedereinstieg, gibt es auf allen Seiten nur Gewinner. Gelingt der Wiedereinstieg in den Beruf, haben diese Frauen um die 40 noch rund 25 Erwerbsjahre bis zur Rente vor sich. Das ist eine lange und gute Zeit, die sie nutzen können, um sich neue berufliche Perspektiven zu erarbeiten und ihre eigene Alterssicherung deutlich zu verbessern. Auch für die Unternehmen rechnet sich die Beschäftigung von Frauen nach der Familienzeit. Sie sind in der Regel hoch motiviert, zuverlässig und reich an Lebenserfahrung und Kompetenz. Diese Erkenntnis muss in Zeiten eines nahenden Fachkräftemangels jeden pfiffigen Personaler aufhorchen lassen. Unsere Gesellschaft kann auf die beruflichen Potentiale der Wiedereinsteigerinnen nicht verzichten“, so von der Leyen.

Drei-Säulen-Struktur
Das Aktionsprogramm fußt auf drei Säulen: Unter Einbeziehung der Bundesländer wird ein Internetportal mit Lotsenfunktion eingerichtet. Es führt die Frauen, die wieder erwerbstätig sein wollen, bei der Suche nach einer bestimmten Beratungsstelle oder einer bestimmten Unterstützungsmaßnahme vor Ort zielsicher durch die breit gestreuten Angebote von Bund, Ländern und Gemeinden. Ein zentrales Angebot des Portals ist der Wiedereinstiegscheck: Die Nutzerin beantwortet einige Fragen zu ihrer Lebenssituation und Lebensplanung, und nach wenigen Klicks erhält sie ein persönlich für ihre Bedürfnisse zusammengestelltes Informationspaket. Über eine Landkarte können die am nächsten gelegenen Beratungsstellen aufgerufen werden.

Über einen Förderzeitraum von drei Jahren (2009 bis 2011) werden Maßnahmen unterstützt, die unter Berücksichtigung der Situation der Wiedereinsteigerinnen und in Kooperation mit der Wirtschaft Wege für eine erfolgreiche Integration der Frauen in den Arbeitsmarkt aufzeigen. Das Programm ist unter Einbeziehung von Wirtschaftsverbänden, Frauenverbänden und Beratungseinrichtungen entwickelt worden. Einrichtungen und Träger, die in der Lage sind, regionale Netzwerke aufzubauen, wie z. B. der Ortsverband der Diakonie, der katholische Frauenverband vor Ort, die Regionalstelle „Frau und Arbeitsmarkt“, regionale Unternehmensverbände oder Frauenbeauftragte, konnten sich bis zum 31. Oktober 2008 bewerben. Auswahlkriterien sind Erfahrungen im so genannten „Case Management“, Kontakte zur und Wissen über die Zielgruppe, familienfreundliche Infrastruktur und chancenreicher Arbeitsmarkt vor Ort, gute Verbindungen zur Arbeitsagentur, zu Beratungsstellen, Weiterbildungsträgern, Unternehmen etc..

Um möglichst schnell in der Breite Wirkung zu erzielen, sind außerdem auf lokaler Ebene bewährte und bereits in der Fläche verankerte Strukturen wie die Lokalen Bündnisse für Familie, die Mehrgenerationenhäuser oder das Bundesprogramm Lokales Kapital für Soziale Zwecke (LOS) in das Aktionsprogramm einbezogen. Sie sollen künftig im Rahmen ihrer jeweiligen Angebotspalette spezifische Schwerpunkte für die Zielgruppe der Wiedereinsteigerinnen setzen. Bei den „Infobörsen für Frauen“, die das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend seit 2007 fördert und die in zahlreichen Städten und Gemeinden stattfinden, werden rund 40 spezielle Infobörsen jährlich nur zum Thema Wiedereinstieg gefördert.

Modellphase startet
Pünktlich zum Internationalen Frauentag 2009 beginnt die Modellphase. Das Lotsenportal http://www.perspektive-wiedereinstieg.de ist online gegangen, und siebzehn Projekte bundesweit sind aus der Vielzahl der Bewerbungen ausgewählt und auf einer Pressekonferenz des Bundesfamilienministeriums am 4. März 2009 vorgestellt worden. Darunter sind die Zeuthener Akademie für Weiterbildung in Brandenburg, die Bremer Arbeit GmbH oder das Berufsbildungszentrum Augsburg der Lehmbaugruppe gGmbH. Ihre wichtigste Aufgabe wird es in den nächsten drei Jahren sein, die Frauen im Rahmen des gesamten Wiedereinstiegsprozesses zu begleiten und deren Erwartungen mit den Erfordernissen der Arbeitgeber in Übereinstimmung zu bringen. Wiedereinsteigerinnen werden individuell betreut und gefördert, und es wird auf eine Einbindung der Partner und Familien geachtet. Dabei arbeiten die Modellprojekte eng mit Arbeitsagenturen, Arbeitgebern und Fortbildungseinrichtungen zusammen. Konzepte, die sich in der Praxis besonders bewährt haben, sollen nach der Erprobungsphase von der Bundesagentur für Arbeit übernommen und bundesweit angewendet werden.

Autor(in): Petra Schraml
Kontakt zur Redaktion
Datum: 05.03.2009
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