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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 27.04.2006:

Es gibt viele Pässe - warum noch einen Berufswahlpass?

Der Berufswahlpass in Unternehmen und in den Ländern
Das Bild zum Artikel
Michael Bitzan, Gesamtkoordinator des Nordverbunds

Bildung PLUS: Nach welchem Vorbild haben Sie den Berufswahlpass entworfen? 

Bitzan: Warum noch ein Berufswahlpass und nach welchem Muster? Das haben wir uns auch gefragt. Nun, die bisherigen Pässe sind vielfach im Wesentlichen Dokumentationsinstrumente. Wir wollten aber zusätzlich ein Lernsteuerungsinstrument entwickeln. Klar ist es wichtig, für die schriftliche Bewerbung Zeugnisse, Zertifikate, Bescheinigungen und Urkunden zu sammeln. Doch das allein reicht nicht. Das Lernen des Lernens, das Erstellen von Kompetenzprofilen, sich selbst kennen zu lernen und zu wissen, wo die Stärken liegen - das sind Vorstufen zur direkten Berufsorientierung. Bei der eigentlichen Berufsorientierung geht es dann darum, das Profil der eigenen Fähigkeiten und Talente mit den Anforderungen aus der Arbeitswelt abzugleichen. Der Berufswahlpass des Nordverbundes wird auch schon viel früher als vergleichbare Pässe eingesetzt, in der Regel ab der siebten Klasse. Aus diesen Gründen war es erforderlich, einen anderen Pass zu entwickeln - einen weitergehenden Berufswahlpass.  

Bildung PLUS: Warum sind nicht die restlichen Bundesländer vertreten? Warum ein Nordbund und kein Südbund? 

Bitzan: Das Projekt wurde von Hamburg aus initiiert, zunächst mit vier weiteren Bundesländern. Es ist innerhalb bewährter Arbeitsstrukturen entstanden. Nach den ersten Anläufen zur Projektgründung stießen zwei weitere Länder hinzu. Es hätten sich auch noch weitere Länder beteiligen können, doch der Lenkungsausschuss des SWA-Programmes (Schule-Wirtschaft / Arbeitsleben) hat sich für die Konzentration auf nördliche Bundesländer ausgesprochen. Als der Berufswahlpass bekannter wurde, haben weitere Länder den Pass eingeführt, nicht immer flächendeckend. Derzeit arbeiten elf Bundesländer systematisch mit dem Berufswahlpass. Zum Nordverbund hinzugekommen sind noch Hessen, Nord-Rhein-Westfalen, Sachsen und Thüringen. 

Das Projekt Berufswahlpass ging im Dezember 2005 zu Ende. Da aber noch eine Menge zu tun ist, um den Berufswahlpass auf Dauer zu sichern, die langfristige Verfügbarkeit zu garantieren und eine Weiterentwicklung zu ermöglichen, ist beabsichtigt, eine "Bundesarbeitsgemeinschaft Berufswahlpass" zu gründen. Die ersten Schritte dazu sind bereits getan. Diese Arbeitsgemeinschaft soll offen sein für alle interessierten Länder und relevanten Institutionen, die den Berufswahlpass an entscheidender Stelle unterstützen. 

Bildung PLUS: Was bedeutet der Einsatz des Berufswahlpasses durch die Jugendlichen für kleine und große Unternehmen? 

Bitzan: Man lege sich die Frage vor, was kleinere Unternehmen davon hätten, in Auszubildende zu investieren, die nach einem Jahr die Lehre abbrechen, weil diese dann erst merken, dass sie sich in der Berufswahl vertan haben. Ich denke, das bringt keinem Unternehmen Vorteile. Personalverantwortliche in großen Unternehmen können sich ein genaueres Bild von der Vielzahl der Bewerberinnen und Bewerber machen. Gäbe es den Berufswahlpass nicht, gingen den Unternehmen sicherlich viele Chancen verloren, die Bewerber passgenau auszuwählen. Und die Versuchung läge zudem nahe, die Schulleistungen zu stark zu gewichten. Entscheidend ist, dass bei einer gezielten Arbeit mit dem Berufswahlpass einerseits berufsrelevante Kompetenzen gefördert und andererseits Kompetenzen entdeckt werden, die über die schulischen hinausgehen und für das Leben relevant sind. Darauf kommt es an, das wird durch den Berufswahlpass für Berufsberater und Arbeitgeber gleichermaßen sichtbar. In erster Linie profitieren jedoch die Jugendlichen durch den Einsatz des Berufswahlpasses. 

Bildung PLUS: Welche Erfahrungen haben Sie in den am Projekt beteiligten Bundesländern gesammelt? 

Bitzan: Wir haben systematisch Rückmeldungen aus allen beteiligten Ländern eingeholt. Dabei haben wir festgestellt, dass die Formulierungen im Berufswahlpass aus Sicht der Benutzer nicht immer eindeutig waren. Wir haben auch festgestellt, dass Struktur und Gliederung der ersten drei Auflagen nicht so einleuchtend waren, wie wir es uns gewünscht haben. Nachdem wir herausgefunden hatten, an welchen Stellen es haperte, haben wir die aktuellen Auflagen massiv umgearbeitet und glauben, dass der Berufswahlpass nun den Anforderungen als ein Lern- und Dokumentationsinstrument in der Zeit des Übergangs von der Schule zum Beruf besser entspricht. 

Allerdings wissen wir, dass die Ausgabe für Jugendliche mit besonderem Förderbedarf (Variante A) sprachlich nicht das Niveau trifft, das für diese Gruppe angemessen ist. Da muss deutlich nachgebessert werden. Den Entwicklern des Berufswahlpass fehlte das rechtzeitige Feedback aus den Lerngruppen in den Schulen. Wir brauchen noch genauere Hinweise, wie der Berufswahlpass für die oben genannten Jugendlichen aussehen soll. 

Bildung PLUS: Sollte es den Berufswahlpass nicht auch in Fremdsprachen geben? 

Bitzan: Es gibt eine Vorversion in polnischer Sprache aus dem Euregio-Projekt unter Beteiligung von Brandenburg und Polen. Diese wurde mit der Stiftung Deutsche Wirtschaft realisiert und soll zunächst probeweise an polnischen Schulen eingeführt werden. Es gab Interesse, den Berufswahlpass in englischer und französischer Sprache aufzulegen. Aber war in der Laufzeit des Projektes nicht mehr realisierbar. Zur Zeit arbeiten wir noch daran, die Eckpfeiler langfristigen Verfügbarkeit und der Qualifizierung für die Arbeit mit dem Berufswahlpass zu sichern. Aber ein Berufswahlpass in einer Fremdsprache wäre tatsächlich eine sehr interessante Herausforderung.  


Michael Bitzan, Behörde für Bildung und Sport, Hamburg, und Gesamtkoordinator des Nordverbundes für den Berufswahlpass.

 

Autor(in): Arnd Zickgraf
Kontakt zur Redaktion
Datum: 27.04.2006
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