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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 17.08.2005:

"Gott hat uns die Hände nicht gegeben, nur um uns zu bereichern"

Sommerinterviews, Teil 6
Das Bild zum Artikel
Quelle: Bildung PLUS

Frederike Schulz, 18 Jahre aus Ahlen in Baden-Württemberg. Sie engagiert sich in katholischen Jugendgruppen.  

Bildung PLUS: Wenn man dem PISA-Ländervergleich trauen darf, gibt es in Baden-Württemberg besonders gute Schulen. Welche Erfahrungen haben Sie da gemacht?

Frederike: Ich bin zufrieden mit meiner Schule. Größtenteils haben wir recht gute und auch junge Lehrerinnen und Lehrer.  

Bildung PLUS: Wie sehen Sie den Glauben an Ihrer Schule verankert? 

Frederike: Der Glauben steht an unserer Schule nicht im Vordergrund. Die religiösen und sozialen Aspekte der Schule könnten mehr in den Vordergrund gerückt werden.  

Bildung PLUS: Gilt der Glaube unter Jugendlichen nicht als ein bisschen verstaubt und altbacken? 

Frederike: Da wird viel pauschalisiert. Es gibt viele Beispiele, die zeigen, wie der Glaube so gelebt werden kann, dass er auch Jugendliche anspricht.  

Bildung PLUS: Der Papst gilt doch als ziemlich dogmatisch. Wie kommt das bei jungen Leuten an? 

Frederike: Papst Benedikt XVI. ist nicht so schlecht wie sein Ruf. So hat er mit einem Gottesdienst ein Zeichen der Verständigung zwischen evangelischen und katholischen Christen gleich zu Beginn gesetzt. In seinem ersten Gottesdienst war der erste Christ, der eine Kommunion erhalten hat, ein Mitglied der evangelischen Kirche. Viele katholische Kirchen heute würden nicht so weit gehen wie Papst Benedikt XVI.

Bildung PLUS:
Worauf kommt es heute an: Glauben an Gott oder Bildung? 

Frederike: Beides ist gleich wichtig. Bildung ist einfach ein Muss. Aber der Glauben an Gott ebenso. Sonst fragt man sich später irgendwann: Wofür lebt man? Wozu sind wir da? Wozu brauchen wir die Bildung? Wozu machen wir das alles, das Gerackere? Nur Geld zu verdienen und Karriere zu machen, um die Wirtschaft am Laufen zu halten, reicht nicht aus. Gott hat uns die Hände nicht gegeben, nur um uns zu bereichern.


Leonie, 16 Jahre, Leiterin einer katholischen Jugendgruppe. Sie geht in Ahlen in Baden-Württemberg zur Schule.  

Bildung PLUS: Worauf kommt es in modernen Industriegesellschaften mehr an: auf Glauben an Gott oder auf  Bildung und Ausbildung? 

Leonie:
Beides ist gleich wichtig. Bildung und Glauben lassen sich nicht voneinander trennen. Die Kirche unterhält ja auch Bildungseinrichtungen. Die Kirche gibt viel Mitgefühl für Menschen aus anderen Ländern auf den Weg. Kirche ist heute multikulturell und vermittelt die Auffassung, dass alle Menschen gleich sind.

Bildung PLUS: Was brauchen Schulen heute? 

Leonie: Schulen von heute brauchen durchsetzungsfähige Lehrerinnen und Lehrer. Sie müssen dabei auch motivieren können.  

Bildung PLUS: Gibt es ein Vorbild für eine gute Schule? 

Leonie: Ich finde die Ganztagsschulen, die immer mehr im Kommen sind, eine gute Idee. Allerdings sollten Ganztagsschulen anders aufgezogen werden. Es gibt Ganztagsschulen ohne Hausaufgaben. Das finde ich nicht richtig. Die Schüler dort wählen sich irgendwelche unwichtigen Kurse aus wie Theater-AGs oder Chor. Worauf es aber ankommt, sind Fächer wie Deutsch, Mathematik und Englisch.  

Bildung PLUS:
Was erwarten Sie von einem globalen Jugendtreff wie dem Weltjugendtag in Köln? 

Leonie: Wir sind eine Welt. Man kann viel von Menschen anderer Länder lernen. Fair Trade, fairer Handel, neue Kulturen. 

Bildung PLUS: Der Glauben vereint und der Glauben spaltet.Die islamischen Fundamentalisten wollen die Welt mit Terror überziehen . Nach deren Denkart sind Ungläubige nicht lebenswürdig, nicht mehr wert als Staub im Wind. Sind Gläubige grundsätzlich wertvoller und lebenswürdiger als Ungläubige?  

Leonie: Nein. Es kommt vielmehr darauf an, ob man überhaupt ohne Glauben leben kann. Es ist schwieriger für Menschen, ohne Glauben zu leben, weil man mit dem Glauben etwas hat, woran man sich festhalten kann. Aber mit den Extremisten, die den Islam ausschlachten, hat das nichts zu tun. Die Islamisten sind exzessiv, sie überschreiten eine Grenze. Man sollte tolerant gegenüber Andersgläubigen sein, das sind sie aber nicht. Diese Leute wollen einfach mehr von der Macht und nicht mehr Glauben. Sie wenden sich nicht so sehr gegen die katholische Religion, sondern gegen den Kapitalismus wie man an den Anschlägen auf das World Trade Center sehen konnte. Außerdem geht es um Macht zwischen Mann und Frau. Die extremistischen Islamisten spüren wie stark ihre Frauen eigentlich sind. Wären die Frauen nicht so stark, könnten sie nicht die krasse Form der Unterdrückung durchstehen.

Herr Kirchner ist Rentner und Stadtführer für Jugendliche auf dem Weltjugendtag in Bonn. Er war von Berufs wegen Ingenieur. Zu seinen Zeiten als Schüler hat er eine Jesuitenschule besucht.  

Bildung PLUS: Deutschland hatte früher einmal den Ruf, das Land der Dichter und Denker zu sein. Und heute... 

Kirchner: Deutschland ist immer noch ein Land der Dichter und Denker. Hier leben noch viele Menschen des Geistes, die große Leistungen erbringen. Aber die werden nicht mehr so sehr wahrgenommen wie zu früheren Zeiten. Die Öffentlichkeit interessiert sich für andere Dinge. Für die Jugendlichen zählt in erster Linie der Spaß und weniger geistige und geistliche Dinge. Sie lebt heute zu viel in den Tag hinein. 

Bildung PLUS: Lassen sich Spaß, Bildung und Glauben nicht unter einem Hut bringen?  

Kirchner: Spaß kann ein Weg sein. Nur sollte Spaß bei Bildung und Glauben nicht zu sehr im Vordergrund stehen. Spaß allein ist kein guter Weg zur Bildung.  

Bildung PLUS: Gibt es keinen Zusammenhang zwischen Bildung und Glauben?  

Kirchner: Bildung und Glauben schließen sich überhaupt nicht aus. Doch Bildung ist kein richtiger Weg zum Glauben. Für viele führt der Weg zum Glauben über die Tradition. Der Glaube an Gott ist ihnen von den Eltern übermittelt worden. Andere Wege sind weniger geeignet. Es geht aber auch über persönliches Nachdenken und Bemühen. Vielleicht auch über Personen, die einem begegnen... 

Bildung PLUS: Was brauchen Schulen heute? 

Kirchner: Schulen brauchen Möglichkeiten. Ich glaube, dass die Bildungsmöglichkeiten in Deutschland vernachlässigt wurden. Schulen brauchen auch ein Mehr an Religiosität. Da führt kein Weg an den Lehrerinnen und Lehrern vorbei, denn sie sind das Bindeglied zum Glauben.

Bildung PLUS: Was sind Merkmale schlechter Schulen? 

Kirchner: Schlechte Schulen sind solche, an denen keine Disziplin herrscht. Sie müssten sich mehr durch Bildungsziele steuern lassen. An oberster Stelle müsste die Vermittlung von Grundwerten stehen, in erster Linie aber von Denkfähigkeiten. 

 

Autor(in): Arnd Zickgraf
Kontakt zur Redaktion
Datum: 17.08.2005
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