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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 02.06.2005:

"Auf halbem Weg nach Bologna..."

Europäische Staaten ziehen Zwischenbilanz bei der Schaffung des gemeinsamen Hochschulraumes
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Quelle: Bologna-Prozess Bergen

Im Jahre 1999 unterzeichneten 29 Länder die "Bologna-Erklärung" zur Schaffung eines einheitlichen Rahmens für die europäischen Bildungssysteme bis zum Jahr 2010. Bis dahin soll ein gemeinsamer Hochschulraum erreicht sein, in dem vergleichbare Studienabschlüsse den Studentinnen und Studenten die Fortsetzung ihres Studiums in anderen Ländern und die Anerkennung ihrer Abschlüsse in allen europäischen Ländern ermöglichen. Damit sollen die Mobilität von Lehrenden und Lernenden in Europa insgesamt erhöht und die Beschäftigungsmöglichkeiten von Absolventinnen und Absolventen erweitert werden. Europa soll so in seiner internationalen Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden.

Die Konferenz von Bergen
Mittlerweile verfolgen 45 europäische Länder dieses Vorhaben. Die Konferenz von Bergen in Norwegen am 19./20. Mai lag auf halber Strecke zum gesteckten Ziel, den Prozess bis 2010 zum Abschluss zu bringen. Deshalb haben die Bildungsminister der Unterzeichnerstaaten auf der dritten Nachfolgekonferenz der Bologna-Konferenz eine Zwischenbilanz des Prozesses gezogen sowie fünf weitere Staaten -Armenien, Azerbejidjan, Georgien, Moldavien und die Ukraine - aufgenommen. Im Mittelpunkt der Bestandsaufnahme standen die 2003 auf der Konferenz in Berlin verabredeten Schwerpunktthemen: Das zweistufige Studiensystem mit den Abschlüssen Bachelor und Master, die Anerkennung der Abschlüsse und Studienzeiten sowie die Qualitätssicherung.

Einführung von Bachelor und Master
Insgesamt zeigen sich die Bildungsministerinnen und -minister mit der Einführung des zweistufigen Studiensystems zufrieden, wenn es auch Unterschiede der Teilnehmerstaaten in der Umsetzung und Hindernisse beim Übergang zwischen den Studiengängen gibt. Sie stellten fest, dass gestufte Studiengänge in großem Maßstab eingeführt wurden: "In den meisten Ländern sind bereits mehr als die Hälfte der Studierenden in diesen Studiengängen eingeschrieben." Als Vorreiter gelten Norwegen und die Niederlande. Malta und Kroatien, Tschechien und Litauen haben die hundertprozentige Umstellung der Studiengänge auf Bachelor und Master erreicht. In Großbritannien existiert die zweistufige Bachelor- und Master-Struktur ohnehin schon. In Deutschland liegt die Umstellungsquote auf die neuen Abschlüsse bei 26 Prozent -bezogen auf die Studienangebote. Lediglich 16 Prozent der Studienanfänger entscheidet sich augenblicklich für Bachelor oder Master. Allerdings ist die Tendenz steigend: Vor drei Jahren waren es erst sechs Prozent der Studienanfänger, die sich für die neuen Studiengänge entschieden. Es gibt immer noch Widerstände, vom Diplom und Magister Abschied zu nehmen.

Dialog erweitern
Um Fragen, wie beispielsweise die Beschäftigungschancen für Bachelor-Absolventen umfassend zu klären, beschlossen die Bildungsministerinnen und -minister in Bergen, die Sozialpartner zukünftig als beratende Mitglieder in den Bologna-Prozess einzubeziehen. HRK-Präsident Prof. Dr. Peter Gaehtgens geht das nicht weit genug. Trotz der insgesamt erfreulichen Bilanz verweist er darauf, dass in Bergen die Gelegenheit versäumt wurde, Lösungen für die verbleibenden Probleme zu formulieren und klare Verpflichtungen einzugehen. Dazu zähle insbesondere die Frage der Beschäftigungschancen für Bachelor-Absolventen im öffentlichen Dienst, eine wirksame Zusicherung ausreichender Finanzierung der Hochschulen sowie die Beseitigung von Mobilitätshindernissen auch für das Hochschulpersonal. Seiner Ansicht nach wäre Bergen "die Gelegenheit zu einem klaren Bekenntnis gewesen, in den verbleibenden fünf Jahren die Finanz-, Innen- und weitere Ressorts in die Debatte einzubeziehen, um die Reformen zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen." Denn Finanz- und Innenminister bestimmen ebenfalls darüber mit, ob ein Examen durch einen entsprechenden Master ersetzt werden kann - oder wie Bachelor- und Master-Absolventen von Fachhochschulen im Öffentlichen Dienst bezahlt werden.

Studenten müssen mehr einbezogen werden
Positiv verzeichneten die Bildungsministerinnen und -minister hingegen, dass fast alle Länder auf der Grundlage der Kriterien, die im Berlin-Kommuniqué dargelegt sind, Vorkehrungen für ein System zur Qualitätssicherung getroffen und dabei in hohem Maß zusammengearbeitet und Netzwerke gebildet haben. Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn wies darauf hin, dass Deutschland als einer der ersten Bologna-Mitgliedsstaaten einen nationalen Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse ausgearbeitet habe und auf der Konferenz in Bergen einbringen konnte. Dieser sei kompatibel mit dem geplanten europäischen Qualifikationsrahmen und definiere Kompetenzen sowie Lernergebnisse und erhöhe die Transparenz. So konnte man sich in Bergen auf wechselseitig anerkannte Kriterien und Methoden der Qualitätssicherung verständigen, was vergleichbare Standards bei den Bachelor- und Masterstudiengängen sichert.
Schwächen wurden vielmehr in der Beteiligung der Studierenden und in der internationalen Kooperation gesehen. Die Bildungsminister fordern die Hochschulen dringend auf, sich weiterhin um die Verbesserung der Qualität ihrer Aktivitäten zu bemühen, indem sie gezielt interne Mechanismen einführen und diese unmittelbar mit externer Qualitätssicherung verbinden.

Ratifizierung des Lissabonner Abkommens
Was fehlt, ist schließlich noch ein wesentlicher Prozess: die Ratifizierung der Lissabonner Anerkennungskonvention, um die Anerkennung der Abschlüsse und Studienzeiten sicherzustellen. Dieses Abkommen, das vom Europarat und der UNESCO ausgearbeitet wurde, strebt die Anerkennung von Qualifikationen der Hochschulbildung in Europa an. Bislang haben lediglich 36 der 45 beteiligten Länder die Lissabonner Anerkennungskonvention ratifiziert; auch Deutschland muss dieses wichtige Verfahren noch nachholen.

Der nächste Schritt auf dem Weg zum gemeinsamen europäischen Hochschulraum ist die vierte Nachfolgekonferenz 2007 in London. Dort müssen Antworten auf weitere Fragen, wie der Ausbau der Promotion zu einer "dritten Studienphase", eine stärkere Berücksichtigung der sozialen Dimension sowie die Steigerung der Mobilität gefunden werden.

Autor(in): Petra Schraml
Kontakt zur Redaktion
Datum: 02.06.2005
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