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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 14.07.2000:

Kongress Forum Bildung - Edelgard Bulmahn

Mit "Bündnis für Bildung" die Chancen für den Bildungsstandort Deutschland verbessern

Sehr geehrter Herr Bundespräsident,
meine Herren und Damen,

I. es gibt eine neue Bildungsdebatte bei uns in Deutschland - und nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.

Auslöser ist die Erkenntnis, dass Wissen das Wichtigste ist, was ein Mensch, was eine Gesellschaft besitzen kann. Bildung ist der Schlüssel zum Arbeitsmarkt und die beste Vorbeugung gegen Arbeitslosigkeit. Bildung ermöglicht die Teilhabe am sozialen und gesellschaftlichen Leben und Bildung bietet zugleich Orientierung in einer immer komplexer werdenden Welt.

"Wissen schafft Zukunft" heißt daher das Motto dieses Kongresses. Mit dem Forum Bildung wollen wir dazu einen Beitrag leisten.

Nach einer Phase spannender und intensiver Diskussionen tritt heute das Forum erstmals an eine breite Fachöffentlichkeit. Ich danke Johannes Rau, dass er dies zum Anlass für seine Grundsatzrede zur Bildungspolitik genommen hat. Er unterstreicht damit die große Bedeutung, die dieses "Bündnis für Bildung" für eine neue Bildungsreform in Deutschland hat.

Ich danke allen, die sich mit vielen Initiativen und Anregungen an der Arbeit beteiligt haben und an der Gestaltung dieses Kongresses mitwirken. Besonders begrüße ich unsere Gastreferenten aus Dänemark und der Schweiz, die uns den "Blick über den Tellerrand" ermöglichen und von deren Erfahrungen wir sicher viel lernen können.

Ich danke auch dem Land Berlin, das uns mit seinem Roten Rathaus einen eindrucksvollen Tagungsort zur Verfügung gestellt und mitgeholfen hat, diesen Kongress auszurichten.

Wir haben im Forum Bildung von Anfang an betont, wie wichtig es für unsere Arbeit ist, aus guten Beispielen zu lernen. Deshalb freue ich mich darüber, dass wir in den Arbeitsgruppen des Kongresses und in einer eindrucksvollen kleinen Messe hier vor diesem Saal viele von ihnen vorstellen können.


II. Wenn wir die Zukunft bewältigen wollen, meine Herren und Damen, dann müssen wir zunächst Klarheit über die Bildungs- und Qualifikationsziele von morgen haben. Unser Bildungssystem genießt zu Recht international einen hervorragenden Ruf. - Einen Ruf, um den uns viele andere Länder beneiden. Es muss deshalb endlich damit aufgehört werden, den Bildungsstandort Deutschland schlecht zu reden.

Es gibt aber auch viele Dinge bei uns, die im Argen liegen und dringend verbessert werden müssen, damit unser Bildungssystem auch in Zukunft noch zeitgemäß ist.

Die Anforderungen werden heute immer höher. Neue und andere Qualifikationen sind gefragt: Fachkenntnisse verbunden mit sozialer Kompetenz, Fremdsprachenkenntnisse und interkulturelle Kompetenz, die Fähigkeit zu selbständigem, lebenslangem Lernen und Medienkompetenz sind der Schlüssel zur Zukunft.


Wir müssen unser Bildungssystem insgesamt leistungsfähiger machen, indem wir es effektiver organisieren und unseren Bildungseinrichtungen mehr Eigenverantwortung und Selbständigkeit geben.

Wir müssen die Voraussetzungen für individuelle Leistungen verbessern, damit Kreativität und Eigenverantwortung gefordert und gefördert werden, damit Chancengleichheit gesichert und das Recht auf bestmögliche Bildung verwirklicht wird.

Und wir müssen - auch bei höheren Qualifikationsanforderungen - möglichst alle Menschen auf dem Bildungsweg mitnehmen und niemanden zurücklassen. Auch diejenigen, die unter ungünstigen materiellen, sozialen oder kulturellen Bedingungen an den Start gehen, müssen ans Ziel kommen. Auch dazu erwarte ich Anstöße von diesem Kongress.

Gleiche Bildungschancen bedeutet heute auch: gleicher Zugang zu den Neuen Medien. Wir dürfen nicht zulassen, dass manchen Jugendlichen der Weg in zukunftsträchtige Berufe verschlossen bleibt, nur weil sie den Umgang mit den Neuen Medien nicht gelernt haben oder weil ihnen die finanziellen Mittel für Hard- und Software oder den Internet-Zugang fehlen.

Wenn ich mir die Bildungseinrichtungen der Zukunft vorstelle, dann spielen Lehr- und Lernsoftware dort die gleiche Rolle wie heute Schulbücher oder die Wandtafel. Die Ausstattung aller Bildungseinrichtungen mit Computern und Internetzugängen ist daher nur ein erster Schritt.

Bei aller Befürwortung der neuen IT-Techniken dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, dass die Grundlage für verantwortliches Handeln immer die Verknüpfung von Daten und Informationen mit Wissen und Wertmaßstäben ist. Dies ist eine individuelle Leistung. Die Befähigung dazu ist eine Aufgabe, die dem Bildungssystem kein Computer abnehmen kann.

Ich finde es in diesem Zusammenhang auch bedenklich, wenn unsere Schüler zu einem zu frühen Zeitpunkt gezwungen werden, sich für oder gegen ein Fach zu entscheiden. Die vermeintlich schwereren naturwissenschaftlichen und technischen Fächer bleiben dabei zu oft auf der Strecke. Die aktuelle Diskussion über die "Greencard" und den Fachkräftemangel in Deutschland zeigt deutlich, dass wir solche Weichenstellungen später nur mit großen Kraftanstrengungen ausgleichen können.

Wir müssen uns heute bewusst machen, dass die Zeiten, in denen wir glaubten, ausgelernt zu haben, endgültig vorbei sind. Wir alle müssen bereit sein, ständig dazuzulernen - privat und beruflich, selbstorganisiert und unter Nutzung bestehender Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Qualifikationsanforderungen haben immer kürzere Halbwertzeiten und wer sich nicht darauf einstellen kann oder will, der wird das Nachsehen haben.

Lebenslanges Lernen, Medienkompetenz gepaart mit Fremdsprachenkenntnissen, Auslandsaufenthalte und die damit verbundene interkulturelle Kompetenz sind das Rüstzeug für das Leben und Arbeiten im Informationszeitalter, - in dem wir alle einander sehr viel näher gerückt sind.


III. Dies, meine Herren und Damen, muss der Rahmen einer neuen Bildungsreform sein. Das "Forum für Bildung" hat angesichts dieser Herausforderungen eine doppelte Aufgabe, nämlich bis Ende des kommenden Jahres Empfehlungen für die Sicherung der Qualität und die Zukunftsfähigkeit des deutschen Bildungswesens zu erarbeiten und eine breite öffentliche Debatte zur Bildungsreform in Deutschland anzustoßen.

Dieses "Bündnis für Bildung" ist eine große Chance, seit langer Zeit zum ersten Mal über Zuständigkeitsgrenzen hinweg gemeinsam mit den Sozialpartnern, der Wissenschaft und den Betroffenen selbst darüber zu diskutieren, wie unser Bildungssystem morgen aussehen soll.

Dies ist eine wichtige Voraussetzung dafür, um eine neue Bildungsoffensive zu starten - eine Bildungsoffensive, die Deutschland dringend braucht. Denn: Wissen schafft Zukunft.

Von diesem Kongress erwarte ich wichtige Beiträge dazu. Alle, die an Bildung interessiert sind und Bildung mitgestalten wollen, lade ich ein, sich an dieser Debatte zu beteiligen.

 

 

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Datum: 14.07.2000
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