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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 09.08.2001:

"Wir haben gar keine andere Chance"

Die Ruhr-Uni Bochum führt die gestufte Lehrerausbildung ein
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Dr. Marlon Jopp, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentrum für Lehrerbildung an der Ruhr-Universität Bochum

Forum Bildung: Was ist der größte Vorteil der gestuften Lehrerausbildung?

Jopp: Natürlich die Flexibilität des Studiums. Erst nach dem Bachelor-Studium müssen sich Studierende für ein konkretes Berufsbild entscheiden und damit für ein spezielles Master-Studium.

Forum Bildung: Warum braucht man gerade in der Lehrerausbildung mehr Flexibilität?

Jopp: Immer wieder haben wir zu viele oder zu wenige Absolventen. Diese so genannten Schweinezyklen lassen sich trotz Prognosen nie in den Griff bekommen. Mit der neuen Lehrerausbildung können Studierende und die Universitäten kurzfristiger und flexibler auf bestimmte Entwicklungen reagieren.

Forum Bildung: Kritiker befürchten den Schmalspurpädagogen, weil die Verzahnung von Fachdidaktik und Fachwissen noch weiter auseinanderfallen könnte als bisher?

Jopp: Das ist der Grundsatzstreit: Einseitige Professionalisierung auf ein konkretes Berufsfeld hin versus größtmögliche Flexibilität. Ich bin der Meinung, dass wir uns nicht mit Grundsatzstreitigkeiten aufhalten sollten. Wenn die traditionelle Lehrerausbildung so viel besser wäre, muss man sich fragen, warum in den letzten 20 Jahren alle Versuche gescheitert sind, eine wirkliche Professionalisierung hinzubekommen - vor allem, was die Verzahnung von Fachwissenschaft, Fachdidaktik und Erziehungswissenschaft angeht.

Forum Bildung: Wie steht es denn im Bachelor-Studium mit den Vermittlungskompetenzen. Eine Fehlanzeige?

Jopp: Nein. Wir führen in Bochum im Bachelor-Studiengang einen Optionalbereich ein, der allgemein berufsqualifizierende Elemente fördern soll, die nicht nur für den Lehrerberuf nützlich sind. Zum Beispiel Kompetenzen in Präsentation, Kommunikation, Argumentation, EDV, Fremdsprachen und Interdisziplinarität. Wenn man diesen Optionalbereich inhaltlich richtig ausgestaltet, könnte dies eine richtungsweisende Form sein, von der alle Studierenden profitieren.

Forum Bildung: Nach der Lehramts-Ausbildung kam ja oft der "Praxisschock"? Gibt es den in der gestuften Ausbildung auch noch?

Jopp: Die Erprobung alternativer Modelle ist schon deshalb wichtig, weil der "Praxisschock" von angehenden Lehrerinnen und Lehrern im Referendariat tatsächlich auch heute noch weit verbreitet ist. Ob das neue Modell der Königsweg ist, weiß heute kein Mensch. Allgemein wird bei neuen Studiengängen ja immer befürchtet, dass der Praxisanteil sogar noch abnimmt. In der Ausgestaltung des Optionalbereiches haben wir die große Chance, Vermittlungs- und Kommunikationskompetenzen zu implementieren. Zum Zweiten wird in der Master-Phase der Praxisbezug im Vergleich zum bisherigen Studium inhaltlich stark ausgebaut.

Forum Bildung: Müssen die Studierenden nun nicht auch besser informiert und beraten werden?

Jopp: Auf jeden Fall. Die zweite große Aufgabe ist die Studienberatung. Für alle Studierenden gibt es zwei Fixpunkte der Beratung - in der Einstiegsphase und beim Wechsel zum Master-Studium.

Forum Bildung: Bochum ist die erste Universität in Nordrhein-Westfalen, die aufgrund eines Gesetzentwurfs ihre Studienstrukturen umkrempelt. Ein mutiger Schritt.

Jopp: Der Gesetzentwurf liegt vor und es gibt eine Klausel, nach der Hochschulen Modelle beantragen können, die von der klassischen Lehrerausbildung abweichen. Alles andere ist Verhandlungssache. Wir müssen ehrlicherweise für Bochum dazusagen, dass es unsere einzige Chance ist, die Lehrerausbildung an diesem Standort zu erhalten. In Bochum ist nach der sechsten Rechtsverordnung zur Sicherung der Aufgaben im Hochschulbereich die Einschreibung in die traditionellen Lehramtsstudiengänge nur noch bis Sommer 2002 möglich. Wir haben gar keine andere Chance als mit diesem Modell neue Wege zu beschreiten.

Forum Bildung: Was ist, wenn die anderen Bundesländer nicht nachziehen?

Jopp: Wir sind ja nicht die Einzigen: Die Uni Greifswald hat bereits ein Konzept umgesetzt und auch in anderen Bundesländern tut sich etwas in dieser Richtung. Man muss einfach qualitativ hochwertige Modelle erproben und abwarten, ob sie funktionieren. Wichtig ist, dass das Land Nordrhein-Westfalen es schafft, entsprechende Vereinbarungen in der KMK durchzusetzen, damit wir bundeseinheitliche Regelungen haben. Wenn dies nicht geschieht, wäre das Modell sehr schnell zum Einstampfen verurteilt.


 

Autor(in): Udo Löffler
Kontakt zur Redaktion
Datum: 09.08.2001
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