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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 22.06.2017:

„Schule muss raus aus dem Elfenbeinturm…“

Elisabeth-Selbert-Schule in Hameln gewinnt den Deutschen Schulpreis 2017
Das Bild zum Artikel
Die Elisabeth-Selbert-Schule in Hameln gewinnt den Hauptpreis! Quelle: Deutscher Schulpreis, Max Lautenschläger

Am 29. Mai ist in Berlin der „Deutsche Schulpreis 2017“ verliehen worden. Der Wettbewerb wurde 2006 von der Robert Bosch Stiftung und der Heidehof Stiftung initiiert, um gute Schulen öffentlich anzuerkennen und ihre Leistungen bekannt zu machen. Die Hauptpreisträgerschule in diesem Jahr ist die Elisabeth-Selbert-Schule in Hameln.


Die berufsbildende Elisabeth-Selbert-Schule in Hameln ist groß, 1.980 Schülerinnen und Schüler aus 34 Nationen werden hier in den Bereichen Agrarwirtschaft, Gesundheit und Pflege, Hauswirtschaft und Ernährung, Sozialpädagogik sowie Körperpflege unterrichtet und zum Abschluss ‒ vom Hauptschulabschluss bis zum Abitur ‒ geführt. Und trotzdem herrscht an den drei Standorten der Schule ein großes „Wir-Gefühl“, eine vertrauensvolle Atmosphäre. Die Lehrer begegnen den Schülern auf Augenhöhe und setzen sich dafür ein, dass sie einen guten Abschluss machen, damit sie auf dem Arbeitsmarkt gute Chancen haben.

Der Deutsche Schulpreis
In diesem Jahr hat die Elisabeth-Selbert-Schule in Hameln den Deutschen Schulpreis erhalten, der mit 100.000 Euro dotiert ist. Die Robert Bosch Stiftung und die Heidehof Stiftung haben den Wettbewerb im Jahr 2006 ins Leben gerufen, um den vielen Schulen in Deutschland, denen es in besonderer Weise gelingt, ihre Schüler für das Lernen zu begeistern, öffentliche Anerkennung zu verschaffen. Nur so können sie auch Vorbild für andere Schulen werden. Der Deutsche Schulpreis wird von stern und ARD begleitet.

Grundlage des Wettbewerbs ist ein umfassendes Bildungsverständnis, das in den sechs Qualitätsbereichen Leistung, Umgang mit Vielfalt, Unterrichtsqualität, Verantwortung, Schulleben und Schule als lernende Institution zum Ausdruck kommt. Gefragt sind individuelle Bildung, ein gutes Schulklima, eine prägende Schulkultur, Verantwortung und Leistungsbereitschaft, eine führungsstarke, demokratische Organisation, Vertrauen, ein Gefühl der Zugehörigkeit sowie guter Unterricht. Dabei betrachtet die Jury die gesamte Entwicklung der Schulen, die sich beworben haben. Es zählen nicht nur Ergebnisse, sondern auch der Weg, den die Schulen unter den je spezifischen Bedingungen eingeschlagen haben, Engagement, innovative Methoden sowie die weitere Entwicklungsplanung. Jedes Jahr werden insgesamt sechs Schulen mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet.

Die berufsbildende Elisabeth-Selbert-Schule in Hameln
Der Elisabeth-Selbert-Schule bescheinigte die Jury in allen sechs Qualitätsbereichen herausragende Ergebnisse ‒ vor allem beim Umgang mit Vielfalt und im Qualitätsbereich Schulleben. Neben inhaftierten Jugendlichen werden 124 Schülerinnen und Schüler mit Fluchterfahrung in Sprachförderklassen unterrichtet und in den Schulalltag integriert.

Seit 20 Jahren engagieren sich die Lehrkräfte der berufsbildenden Schule systematisch für die Unterrichts- und Schulentwicklung. Die Schülerinnen und Schüler sind jederzeit aufgefordert, sich zu beteiligen. Außerdem werden sie regelmäßig zum Unterricht befragt, damit Lehrer und Schulleitung entsprechende Maßnahmen zur Verbesserung des Unterrichts erarbeiten können. Die Lehrkräfte bereiten ihren Unterricht gemeinsam vor, sie hospitieren untereinander und besuchen Fortbildungen.

Für schwächere Schülerinnen und Schüler gibt es ein individuelles Förderkonzept. In der Abteilung Sozialpädagogik zum Beispiel werden die Schülerinnen und Schüler durch die Arbeit am Daltonplan systematisch beim selbstständigen Lernen unterstützt. Das Konzept der amerikanischen Reformpädagogin Helen Parkhurst wurde an der Berufsschule in Hameln vor fünf Jahren eingeführt. Während der sogenannten Dalton-Stunden entscheiden die Schülerinnen und Schüler, an welcher Aufgabe sie arbeiten, mit wem, bei welcher Lehrkraft und in welchem Raum. Ihre Lernerfolge dokumentieren sie in Arbeitstagebüchern. Außerdem hängen in allen Klassenräumen Steckbriefe und Handynummern vom Beratungsteam der Berufsschule ‒ das sind die Schulpastorin, der Schuldiakon, die Beratungslehrerinnen und der Schulsozialarbeiter. Sie kümmern sich um alle Schülerinnen und Schüler, ob minderjährige Mütter, Geflüchtete oder Kinder mit „normalen“ Problemen, und diese wissen, dass sie auch in schwierigen Zeiten nicht allein sind. „Durch das dichte Geflecht aus passgenauer pädagogischer Förderung und Fürsorge erzielen die Schüler hier Erfolge, die an anderen Schulen kaum jemand für möglich hielt“, zeigt sich Michael Schratz, Erziehungswissenschaftler, Professor an der Universität Innsbruck und Sprecher der Jury des Deutschen Schulpreises, beeindruckt.

Schulprojekte spielen eine große Rolle
Eine zentrale Rolle an der Elisabeth-Selbert-Schule spielen auch Projekte, die Schule und Beruf verbinden und einen guten Übergang in eine Ausbildung oder ein Studium ermöglichen. „Schule muss raus aus dem Elfenbeinturm und das echte Leben in die Schule holen“, betont Schulleiterin Gisela Grimme, die von ihren Schülerinnen und Schülern sehr geschätzt wird und die jeden Schüler mit Namen kennt. In verschiedenen Projekten lernen die Schüler ein Handwerk kennen und werden mit dem wahren Leben konfrontiert ‒ zum Teil auch in Kooperation mit der lokalen Wirtschaft und den allgemeinbildenden Schulen der Umgebung. Am Standort Thibautstraße beispielsweise betreiben Schülerinnen und Schüler einen Kiosk und bieten den 400 Mitschülerinnen und Mitschülern eine gesunde Verpflegung an. Sie regeln den Verkauf, überprüfen den Bestand und dekorieren das Bistro. Für das Projekt „Produktion“ stellen Schülerinnen und Schüler im fachpraktischen Unterricht Marmelade, Kekse, Vanillezucker und Kräuteröle selbst her und verkaufen sie im Internet oder beim Weihnachtsbasar. Im Schulgarten werden viele Zutaten selbst angebaut, und die Schüler machen sich mit dem Anbau, der Ernte, der Verarbeitung, Lagerung und dem Verkauf der Produkte vertraut. Gedüngt wird mit Hilfe eines schuleigenen Traktors, den die Schüler eigenständig warten. Kein Wunder, dass die Absolventen der berufsbildenden Elisabeth-Selbert-Schule in den Ausbildungsbetrieben in Hameln und Umgebung gern gesehen sind. „Wer von hier kommt, der kann auch was“, erklärte ein Innungsmeister dem Team des Deutschen Schulpreises bei einem Besuch im Januar 2017.

Die Preisverleihung
In Zusammenarbeit mit dem stern und der ARD verliehen die Robert Bosch Stiftung und die Heidehof Stiftung am 29. Mai im Berliner ewerk den Deutschen Schulpreis 2017. Alle vierzehn nominierten Schulen waren eingeladen, die Sieger wurden vor Ort bekannt gegeben. Bundeskanzlerin Angela Merkel überreichte den Preis an die beste Schule Deutschlands. Neben dem Hauptpreis von 100.000 Euro gingen fünf weitere Preise in Höhe von je 25.000 Euro an die Waldparkschule in Heidelberg (BW), das Gymnasium Kirchheim bei München (BY), die Grundschule Borchshöhe in Bremen (HB), die Europaschule Bornheim (NRW) und die Deutsche Schule Rio de Janeiro in Brasilien. Alle weiteren nominierten Schulen erhielten Anerkennungspreise in Höhe von jeweils 5.000 Euro. Außerdem wurden gut zwanzig Schulen, die sich am Wettbewerb beteiligten, in das neue Förderprogramm des Deutschen Schulpreises aufgenommen. Über zwei Jahre werden sie von nun an in ihrer Entwicklung unterstützt und begleitet. Sie erhalten individuelle Coachings, werden zu Vernetzungstreffen in die Robert Bosch Stiftung eingeladen und erhalten Zugang zu den Angeboten der Deutschen Schulakademie. Diese bundesweit aktive und unabhängige Institution für Schulentwicklung und Lehrerfortbildung, die 2015 von der Robert Bosch Stiftung und der Heidehof Stiftung gegründet wurde, macht die Erfahrungen der über 60 Preisträgerschulen des Deutschen Schulpreises publik. In Schulbesuchen, Vorträgen und Seminaren wird insbesondere die Elisabeth-Selbert-Schule als Hauptpreisträgerschule in diesem Jahr ihre Erfahrungen, Konzepte und Programme an andere Schulen weitergeben und damit die Schulentwicklung in Deutschland nachhaltig und in der Breite voranbringen.




Autor(in): Petra Schraml
Kontakt zur Redaktion
Datum: 22.06.2017
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